Zum Vortrag von Dr. Johannes Laufer (Hildesheim) und Dr. Peter-M. Steinsiek (Göttingen) im Historischen Verein für Niedersachsen, 29. Januar 2009
„Die »Modernisierung« der niedersächsischen Landschaft im 18. und 19. Jahrhundert“
Der erste Blick in den Vortragssal des Historischen Museums Hannover zeigte, dass die Veranstaltung gut besucht war. Nur wenige freie Plätze waren zu sehen.
Hab nun, ach! Geschichte und Geographie studiert.
Mit den Schlagwörtern Modernisierung im 18./19. Jahrhundert und Landschaft waren gleich zwei wesentliche Aspekte meines Studium angekündigt.
Der Gastgeber Archivdirektor Dr. Boetticher begrüßte die Vereinsmitglieder und stellte die beiden Redner als die Mitarbeiter eines Forschungsprojekts am Institut für Historische Landesforschung vor, die zurzeit regelmäßig im Hauptstaatsarchiv arbeiten. Dr. Laufer ist Historiker und als Autor tätig und Dr. Steinsiek Forstwissenschaftler und Historiker und hat Lehraufträge in Freiburg und Göttingen.
Ihr mehrjähriges Forschungsprojekt heißt „Niedersächsische Umweltgeschichte im Spiegel archivalischer Quellen des 18. bis 20. Jahrhunderts: Dokumentation und Einführung in einschlägige Aktenbestände“ (zur Webseite).
Dr. Boetticher machte die einleitende Bemerkung, dass das Thema zunächst bei vielen der Zuhörenden viel Bekanntes erwarten lässt, nun aber eine neue Sichtweise hinzukommen würde. War da die Befürchtung herauszuhören, dass neue Ansätze in diesem Kreis nicht positiv aufgenommen werden? Und sind neue Ansätze, von diesen älteren Vortragenden überhaupt zu erwarten?
Die Vorbemerkung war leider notwendig, denn der gemeinsame Vortrag brachte wenig Neues, was den Sinn des Forschungsprojekts anzweifeln lässt.
Wesentlich für das Projekt ist der Begriff der Moderne, hier angewendet auf die rationale Aneignung der Landschaften. Es geht also zum Beispiel um die Frage der Entstehung einer nachhaltigen Forstwirtschaft und wie zeitgenössische Ansprüche an eine effiziente Bewirtschaft der Wälder zu Monokulturen und den Verdrängen der landwirtschaftlichen Elemente (Hudewald, Reisig, etc.) führten. Der damals wissenschaftliche begründete Bedarf an bestimmten Hölzern zum Beispiel für den Bedarf des Bergbaus förderte auch das Bewusstsein für den Schutz der Umwelt. So führte die rationale Aneignung der Landschaft zum Schutz vor den saisonalen Hochwasser der Flüsse, die im Harz entspringen, und den dabei mitgeführten Schwermetallen, die Weiden und die dort grasenden Tiere vergifteten.
Diese Ablagerungen der so genannten Pochsande sind sogar bis Heute in den Überschwemmungsauen der Harzflüsse zu finden und ambivalent. Einmal sind sie ein Umweltproblem, da der Aushub aus der Aue als Sondermüll entsorgt werden muss und zum Anderen sind sie die Grundlage einer geschützten Pflanzenformation am Rande ehemaliger Flussläufe.
Dies war einer der wenigen neuen Erkenntnisse des Abends.
Ein anderer Aspekt war die Ästhetisierung von Landschaften im 18. und 19. Jahrhundert. Nicht nur wurde der alte Hudewald u.a. in Gemälden idealisiert, sondern auch der neue Wald und die vorher als wüst bezeichnete Haide (!) wurden mit der zunehmenden Industrialisierung und der begleitenden Urbanisierung als ein Ruhepol des modernen Menschen in der Literatur beschrieben.
Der Gedanke von Harmonie in der Gestaltung der Kulturlandschaft (es gab keine Natur mehr!) fand sich sowohl in der Planung von Landschaftsparks, aber auch in der Anlage von Forsten, neuen Ackerflächen und der verschiedenen Transportwege.
Die Modernisierung der Landschaft war als nicht nur von der Ökonomie bestimmt.
Nicht nur das Alter der Referenten in einem „neuen“ Forschungsprojekt war relativ hoch, sondern das Alter der Zuhörenden war noch viel höher. Nach den Vortrag gab es noch ergänzende Bemerkungen aus dem Auditorium, die auf die Bedeutung des Bevölkerungswachstums für die Notwendigkeit einer Rationalisierung und der Bedeutung der sich radikal wandelnden Marktsituation für die vielen Neuerungen in Land- und Forstwirtschaft (übrigens eine Bemerkung von einem meiner Lehrer Prof. Dr. H.-H. Seedorf)
Der Historische Verein für Niedersachsen hat ein akutes Problem; er ist überaltert und mit nur vier jungen Studierenden im Kreis der Zuhörenden ist es sozusagen vom Aussterben bedroht.
Was bleibt: Dr. Steinsiek ist ein unterhaltsamer Redner, den man sich merken sollte. Pointierte Zitate sowohl aus zeitgenössischer Sachliteratur als auch der Belletristik flossen ins eine Betrachtung ein.
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