Samstag, 29. September 2007

Endlichkeit

Es ist bereits mehr als zwei Wochen her, dass ich erfuhr, das ein Freund aus der Abiturzeit gestorben ist. Damals war ein guter Freund, mit meinen Umzug nach Hannover schlief die Freundschaft ein und er war dann nur noch ein guter Bekannter, ein Bekannter und schließlich verschwand er am Ende meines Studiums aus meinem Gesichtskreis.
Er lebte und arbeitete in Oldenburg und ist nun plötzlich (an einer Krankheit) gestorben.

Mit 45 Jahren verstorben, dass ist viel zu früh. Ich habe schon etwa ein Dutzend Todesfälle in der Familie, unter Freunden und Bekannten erlebt, aber dies waren entweder Menschen über 80 Jahre, schwerst erkrankte Menschen, die schon lange unter ihrer Krankheit litten oder es waren Selbstmorde.

Ich verbinde mit den Verstorbenen sogar sehr intensive Kontakte, da er mir bei meinen ersten Schritten in die Selbstständigkeit für einige Monate eine Liege in einen seiner zwei Zimmer im Familienhaus bot. Wir haben fast jeden Abend bei Unmengen von Tee viele Stunden über Literatur, Musik und Filme geredet.
Hier lernte ich erstmals diese kleinen Fluchten auf einer bewussten Ebene kennen.

Gerold werde ich nicht vergessen!

Samstag, 22. September 2007

Edgar A. Poe Sonett an die Wissenschaft

SONNET – TO SCIENCE

Science! True daughter of Old Time thou art!
Who alterest all things with thy peering eyes.
Why preyest thou thus upon the poet’s heart,
Vulture, whose wings are dull realities?
How should he love thee? Or how deem thee wise,
Who wouldst not leave him in his wandering
To seek for treasure in the jewelled skies,
Albeit he soared with an undaunted wing?
Hast thou not dragged Diana from her car,
And driven the Hamadryad from the wood
To seek a shelter in some happier star?
Hast thou not torn the Naiad from her flood,
The Elfin from the green grass, and from me
The summer dream beneath the tamarind tree?
Edgar A. Poe (1829) Al Aaraaf, Tamerlane, and Minor Poems
Ich musste an FB in Loures, LB in Poprad und Stefan in Helsinki denken, als ich gestern Abend dieses Sonett las. Tief in mir bin ich ein Romantiker und die drei genannten Herren sind es meiner Meinung auch.
Das Dilemma zwischen einem warmen, romantischen Idealismus und der Kälte einer von wissenschaftlich fundierter Realität zu leben, ist nicht aufzulösen.

Es ist dies ein Frühwerk. Edgar A. Poe war erst 20 Jahre alt und diese Romantik wurde ihn in bitterer Armut ausgetrieben.
Da nicht jeder Zugriff auf die exzellente Übersetzung des Schriftstellers Hans Wollschläger (1935-2007) innerhalb der Werkausgabe von 1966 hat, hier einige Auszüge aus den Anmerkungen des Übersetzers und weitere Erklärungen.
Das Wort Plagiat hatte noch keine wirkliche Bedeutung, alle Dichter und Schriftsteller (auch Goethe!) nahmen umfangreiche Anleihen bei anderen Autoren ohne diese zu nennen. Das Genie bestand also zum Teil darin, exzellente Texte gelesen zu haben und als Quelle zu nutzen. Die Zeilen 9-12 stammen aus dem Gedicht, das in den Études de la Nature (1784) von Jacques Henri Bernardin de Saint-Pierre (1737-1814; Kurzbiographie) veröffentlicht wurde und Poe in englischer Übersetzung vorlag. Dort heißt es: „Die Naturwissenschaft hat die keusche Diana aus ihrem nächtlichen Wagen herabgezerrt: sie verbannte die Hamadryaden aus den alten Wäldern und die Najaden aus den Quellen“ (Poe, Gesamtwerk, Band 4, S. 805, Anmerkung von Hans Wollschläger).

Hier noch einige Worterklärungen:
  • Diana war die römische Göttin des Mondes;
  • Hamadryaden sind in der griechischen Mythologie Nymphen/ Geister der Bäume, die mit dem Tod eines Baumes auch sterben;
  • Najaden sind in der griechischen Mythologie Nymphen / Geister der Festlandgewässer von Quellen über Wasserläufe bis hin zu Seen und Sümpfe;
  • Elfen sind in der nordischen Mythologie Naturgeister;
  • Die Tamarinde ist ein immergrüner Baum mit gefiederten Blättern, der aus Afrika stammend in den gesamten Subtropen (also auch der südlichen USA) angepflanzt wird.

Freitag, 21. September 2007

Horst Evers 2005 Gefühltes Wissen

Es muss ja nicht immer gleich schwere Kost sein. Die Satiren von Horst Evers werden auf dem Klappentext als "Lageberichte mitten aus dem Leben" bezeichnet.
Er ist einer von den Berliner Kleinkünstlers, der natürlich nicht aus Berlin stammt.

Kein Witz: Er stammt aus Evershorst im Landkreis Diepholz, Niedersachsen. Alleine das ist schon Grund genug ein Dorf zu verlassen. Die wenigen Menschen mit den Familiennamen Brauel leben auch überall zum Beispiel in Lemgo) nur nicht in Brauel. Ich habe dieses Sammlung von kurzen Texten zum Geburtstag geschenkt bekommen und es war leichte und entsprechend schnelle Kost. Ich musste mich zügeln, um nicht alles an einen Tag zu lesen.

Es sind Satiren und Glossen eines oftmals wiederkehrenden Charakters, der sich mit Halbwissen und Unwissen durch das Leben mogelt.
Misslungen sind die Fahrtenschreibertexte über seine Lesereisen. Das Problem ist ja auch aus der Popmusik bekannt. Nach einen erfolgreichen Album, wird eine Band auf eine so lange Tournee geschickt, dass auf dem zweiten Album Lieder über das Reisen, die Langeweile in den Hotelzimmern und die Routine erscheinen. Wladimir Kaminer hat hieraus ein ganzes Buch gemacht (Mein deutsches Dschungelbuch), dass relativ gut unterhält.

Ein Buch bei dem ich manchmal Schmunzeln musste. Lautes Lachen wollte nicht aufkommen, obwohl wir in der gleichen Witzlandschaft sozialisiert wurden.

Horst Evers (Selbstdarstellung) 2005 "Gefühltes Wissen", Eichborn-Verlag und 2007 bei rororo.
Hier stelle ich sein früheres Buch "Die Welt ist nicht immer Freitag" (2002 / 2006) vor.

Mittwoch, 19. September 2007

Klassik im Georgengarten

Während meine niederländische Familie mal wieder zu Besuch war, fand vor dem Wilhelm-Busch-Museum im Georgengarten das jährliche Klassik-Open-Air der Chopin-Gesellschaft statt.
Da wird die Studentenwiese von einem ganz anderen Publikum belegt. Das Bürgertum macht Picknick mit Möbel und reichhaltigen Körben. die Mehrheit stellen natürlich Menschen wie wir, denn das Bürgertum ist schon lange eine Minderheit.
Der Himmel sah nicht vielversprechend aus. Es war ein Tag für wind- und regendichte Kleidung. Wir stopften jeweils ein Kissen in eine Plastiktüte als Sitz und machten uns auf den Weg. Wir kamen sehr pünktlich an und kurz nachdem wir uns gesetzt hatten, fing das Konzert an.

Es wurde zuerst ein frühes Werk von George Gershwin gegeben, dass seine Qualität als Musical- und Filmmusik-Komponist zeigte. Die Instrumente erzählten Geschichten. Ähnlich war das folgenden Stück "Candide" von Leonard Bernstein am ehesten als erzählende Musik zu bezeichnen.
Das folgende Konzert für Trompete und Orchester in Es-Dur von Joseph Haydn fiel dagegen in seiner Musikalität und in der Qualität seiner Ausführung deutlich herab. Vor den abschließenden Variationen über ein Thema von Paganini op. 43 von Sergei Rachmaninow hatte sich bereits eine regenschwere Wolke abgezeichnet und als die ersten Tropfen fielen, war die Musik für uns nicht interessant genug und so machten wir uns auf den Weg zurück in die Wohnung.

Sonntag, 16. September 2007

Drogendeal am Hauptbahnhof Hannover

An einem Morgen der letzten Woche sah ich mal wieder einen kleinen Drogendeal am Hauptbahnhof in Hannover. Es ging wie erwartet schnell, aber der Handel war zu erkennen.

Der Hintereingang zum Bahnhof war schon immer Teil eines besonderen Strichs. Früher lungerten dort am Abend Jungs und junge Männer herum und es war erst die Bemerkung eines in der Stadt geborenen Freundes, der mir erklärte, dass die nicht auf einen Anschluss warteten, sondern ihre körperlichen Dienstleistungen anboten.
Seit mehreren Jahren sind an den beiden Seitentüren oftmals einige ausgemergelte Menschen zu sehen. Diese Junkies haben auch ein geschäftliches Interesse. Wenn ich eine Zugfahrt unternehme, parke ich mein Fahrrad in der Nähe des Hintereingangs und ich habe es abends schon selbst erlebt, dass ich von einer ausgemergelten Frau angesprochen wurde, die ihre sexuellen Dienste anbot. Ein Teil des Drogenstrichs ist hier zu finden und hier werden auch Drogen verkauft.

Doch zurück zum Deal. Ich wartete auf einen Zug und spazierte langsam durch den Bahnhof und beobachtete die Menschen. Ein Junkie kam durch den einen Seiteneingang und ging zum anderen Seiteneingang, wo ein anderer Junkie abfahrtbereit auf einem MTB-Fahrrad saß Ich ging nur drei-vier Meter an den beiden vorbei, als der Radfahrer nur ganz kurz die rechte Hand an der Lenkstange öffnete, der Kunde etwas Kleines, scheinbar in Plastik verpackt, in seiner Hand verschwinden ließ und schon war der Radler weg. Die Bezahlung erfolgte wahrscheinlich bei einer weiteren Person, um Geld und Droge sauber zu trennen.

Samstag, 15. September 2007

Demo-Kleidung

Hannover gegen NAZIs – Weiter Notizen

„So wie Sie aussehen, kommen Sie durch“
Dies waren die Worte eines Polizeibeamten, der durch Alter und Markierungen auf seiner Uniform einen höheren Rang erwarten ließ und den ich bei meiner Rückkehr zum HCC ansprach, um an der immer noch vorhandenen Sperre der Clausewitzstraße durchzukommen.
Schwarz gekleidete, jüngere Menschen wurden nicht durchgelassen!

Die uniforme Kleidung der radikalen Linke trug ihr den Namen schwarzer Block ein. Sie glauben mit dieser Kleidung, Kapuzenshirts und Sonnenbrille anonym zu bleiben. Wer einmal die hochauflösenden Bilder der Digitalkameras der Polizei gesehen hat, sollte eigentlich wissen, dass dies eine Illusion ist.
Wenn ich zu einer Demonstration gehe, trage ich bunte Kleidung, besonders da das beständige Motto gegen die NAZIs lautet: „ B U N T statt braun“. Ich muss mich nicht vermeintlich verstecken, ich demonstriere meine politische Überzeugung zu einem Thema und möchte öffentlich auch erkannt werden.
Bei meinem letzten Aufenthalt an der Transportstrecke des Castors zwischen Splietau und Klein Gusborn (südliche Transportstrecke von Dannenberg-Ost nach Gorleben) hatte ich sogar bewusst meinen bunten (Grün-Rot-Gelb-Schwarz) Wollpullover angezogen und fiel entsprechend auf. Dies nicht nur im Zeltlager der radikalen Linke, wo ich einen Kaffee tankte, sondern dann auch an der Transportstrecke vor der Kette der Polizeikräfte. Es ist schon ein ungewöhnliches Erlebnis, dass eine schnell vorrückende Kette auf einen zukommt und an einen vorbeizieht, wie ein Baum oder Stein, dem ausgewichen wird.

Das durchdringen einer Polizeikette ist möglich, doch nicht in schwarzer Kleidung.

Auf meiner Fahrradfahrt vom HCC entlang der Clausewitzstraße und der Hans-Böckler-Allee in die Innenstadt war in jeder Nebenstraße eine lange Kette von Polizeifahrzeugen zu sehen und Innenhöfe von öffentlichen Gebäuden waren voll gestellt mit ebensolchen Einsatzfahrzeugen.
Hier ist ein Problem zu formulieren. Die Stadt Hannover hat die Veranstaltung der NPD nicht verhindern können, da es sich um eine legale Partei handelt, doch muss die Polizei den Schutz einer ungewollten Veranstaltung mit solch einem Aufwand betreiben? Weniger wäre mehr und böte der Polizei die Möglichkeit bei Schwierigkeiten mit der Sicherheitslage, die Veranstaltung zu beenden. Andere Polizeidirektoren (zum Beispiel in Göttingen) haben diese Politik betrieben. Die NAZIs kamen aus dem Bahnhof raus und blieben stets in Sichtweite des Bahnhofs. Demonstranten blockierten jeden Weg und jede Straße, so dass die Polizei behauptete, dass sie eine sichere Demo der NAZIs nicht gewährleisten kann und entsprechend deren Auflösung verkündete.
In Hannover waren nach offiziellen Angaben 2.500 PolizistInnen im Einsatz.

NAZI-Veranstaltung in Hannover

Persönliche Gedanken und Beobachtungen zu einer Demonstration gegen die NPD.

Wo ist mein Platz auf einer Demo gegen NAZIS?
Die Zahl der Berufsdemonstranten nimmt immer weiter zu. Jede einzelne Gewerkschaft, Partei oder politische Initiative tritt mit jeweils mit ihrer Fahnen auf. Doch dann nicht mit einer Fahne, sondern einer Vielzahl. Nur selten sind es Fahnen, die einen Bezug zum jeweiligen Anlass einer Demo haben. Es wird vor allem ein Markenzeichen als Orientierungspunkt getragen. Es kommt manchmal zum absurden Bild, in dem die Demonstranten in einen Fahnenmeer untergehen.
Mein Platz ist bei meinen politischen Freunden und wenn schon eine Fahne oder ein Transparent in unserer Nähe zu sehen ist, dann eines mit Gehalt, wie etwa:
Weg mit der NPD
Faschismus ist keine Meinung
sondern ein Verbrechen
Schätzungen sprachen von 5.-8.000 Menschen und dies ist in einer sich entpolitisierenden Gesellschaft bereits eine gute Teilnehmerzahl. Wir gingen auf der Demo vor dem Block der radikalen Linke, die auf beiden Seiten von Polizei in Kampfuniform begleitet wurde. Doch dies ist nun seit mehr als einem Jahrzehnt normal und führt nur noch bei sehr jungen Demonstranten zu Aggression angesichts dieser strukturellen Gewalt.
Das Ziel der Demonstration war das HCC, dessen Eilenriedehalle die Stadt Hannover, gerichtlich erzwungen (hier steht die Presseinformation des Verwaltungsgerichts , der NPD zur Verfügung stellen musste.

Uns begrüßte vor dem HCC die Musik vom Trillke Trio. Europäische Weltmusik ist der richtige Klang für dieses Thema und ich freute mich einmal mehr die Band live zu hören.
Die Redebeiträge boten in ihrer Mehrzahl sehr klare Worte gegen diese braune Brut. Was mich dennoch stört, dass einige Redner immer noch von Neo-NAZIs sprechen. Was bitte schön ist an diesem geistigen Müll denn noch neu.

Der Block der Menschen, die auch konkret die Veranstaltung der NAZIs stören wollten, sammelte sich locker auf einem Parkplatz und führte mehrmals zu hektischen Reaktionen der Polizei. Diesen mehr als 1.000 Aktiven stand eine noch größere Zahl von Polizisten aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, NRW und von der Bundespolizei gegenüber.
Der Wille zur Aktion war da, aber sehr kursierten nur Gerüchte. So wurde von der Bühne gemeldet, dass eine Gruppe von Angehörigen von Kameradschaften, wie sich die kämpfenden NAZI-Gruppen nun nennen, eine Spontandemonstration zum HCC unternehmen. Viele Straßen um das HCC waren vollständig von der Polizei durch Sperren, dicht parkende Wannen (=Mannschaftswagen der Polizei) und dichte Menschenketten der Polizei gesperrt. Die Angaben zu den kommenden NAZIs waren vage, aber die Mehrzahl bewegte sich merklich zu einer nicht abgesperrten Straße und Polizeihundertschaften waren plötzlich im Laufschritt in die gleiche Richtung unterwegs.
Die Kundgebung war zwischenzeitlich beendet und viele Demonstranten machten sich auf den Rückweg in die Innenstadt. Kurz darauf nahm die UESTRA auch wieder ihren Betrieb der Stadtbahn auf.
Über Handys zirkulierten wieder andere Angaben über anreisende NAZIs und die Aktiven gingen wieder woanders hin und plötzlich saß ich mit meinem Notizblock alleine auf der Clausewitzstraße.vor einer dichten Kette der Polizei in Kampfuniform (Schienbeinschützer, Helm, schwere Handschuhe). [Nachtrag: Am nächsten Tag erfuhr ich, dass die Polizeiführung freimütig bekannte, dass sie Falschmeldungen über ankommende NAZIs gestreut haben, um die Antifaschisten zu täuschen und vom HCC wegzulocken]
Hier ist mein Platz, zwischen den Fronten. Dort wo auch die Ordner sich zwischen Polizei und Gewalt bereiten Demonstranten stellen, um eine Eskalation auf beiden Seiten zu verhindern.
Während ich alleine auf dem Bordstein saß, begann eine Aktivität, die zeigte, dass gleich etwas passiert. Polizeiwagen stellten sich quer auf die Clausewitzstraße und ließen nur schmale Lücken zwischen den Wagen. Mauern und Zäune schufen hier ein Nadelöhr, das nun weiter verkleinert wurde. Dann tauchte ein Reisebus aus dem Eichsfeld auf, aus dem ein Mann in Anzug und Trenchcoat ausstieg, der mit der Polizei klärte, wie denn diese Busladung von NAZIs sicher zum Eingang der Eilenriedehalle gebracht werden kann. Wir waren zunächst nur wenige Dutzend Demonstranten, die sich vor der Polizeikette versammelten und als lauter Chor immer wieder NAZIS RAUS! riefen. Dies machte Gruppen, die sich bereits entspannt auf den Grünflächen die spätsommerliche Sonne genossen, aufmerksam und in wenigen Minuten waren mehrere Hundert Demonstranten versammelt und aus mehreren Richtungen rückten Hundertschaften der Polizei an. Die Stimmung wurde bedrohlich und ich zog mich zurück.
In diesem Chaos fuhr auch noch ein Groß-Taxi vor, in dem fünf NAZIs anreisten. Der Wagen wurde umringt und Sprüche wie „Man sind die hässlich!“ begrüßt. Selbst mit der UESTRA reisten einige NAZIs an, die aber große Probleme hatten, den Waggon zu verlassen. Polizei stand beobachtend daneben, aber Beschimpfungen sind kein Grund einzugreifen.

So jetzt fahre ich wieder in die Stadt, um am Fest für Demokratie der Stadt Hannover vorm Neuen Rathaus teilzunehmen.

Donnerstag, 13. September 2007

Reisetipp Elbfähre

Am Strand zu stehen und in die scheinbare Unendlichkeit des Wassers zu schauen, hat etwas Meditatives. Dies gilt auch schon im Kleinen, wenn es der Elbstrand ist und nach bereits einem Kilometer Schleswig-Holstein den Ausblick begrenzt. Eine besondere Freude ist es, mit einem Boot oder einer Fähre eines der großen Gewässer zu befahren. Trotzdem wird dies nur selten verwirklicht, da die Elbfähre von Wischhafen nach Glückstadt etwa 30 Kilometer von Stade entfernt ist und mal eben €3,00 (+ €2,00 für Fahrradmitnahme) für eine Hin- und Rückfahrt kostet. Es gibt eine billige Alternative, für eine Fahrt auf der Elbe, die mir bis vor einer Woche nicht bekannt war. Das Niedersachsenticket ist auf allen Linien in Bremen und Hamburg gültig. Wir waren mit der Familie in Hamburg und nutzten S-Bahn, U-Bahn und eine Elbfähre. Genau, von den Landungsbrücken verkehren vier Linien der HADAG, die mit einen normalen Fahrschein der HVV oder eben dem Niedersachsenticket genutzt werden können. Wir fuhren von den Landungsbrücken mit drei Stopps die längste Strecke elbabwärts bis zum Endpunkt Finkenwerder und von dort zurück bis nach Altona. Insgesamt fast eine Stunde auf dem Wasser auf dem oberen offenen Deck. Wir fuhren dicht am Fischmarkt und Blankenese vorbei. OK, eine Hafenrundfahrt bietet viel Information, aber eben auch viel Gedöns und kostet außerdem pro Person €9,00. Wir kennen Hamburg seit der Kindheit und brauchen diese Anekdoten nicht und ich sah glückliche Menschen in Altona von der Fähre steigen.

Samstag, 8. September 2007

Licor de Avellanas

Als ich zuletzt vor 20 Monaten auf Teneriffa war, habe ich dort an einer kleinen Wanderung durch eine Vulkanlandschaft teilgenommen. Die Tour endete mit einen kleinen Imbiss, der mit einem regionalem Likör abgeschlossen wurde.
Es war dies ein Licor de Avellanas der Firma Teichenné aus Tarragona mit 24% Vol. Alc. Im Reisegepäck führte ich eine große Flasche Ron Miel und eine kleine Flasche Licor de Avellanas nach Hannover.

Zusammen mit der Familie wurde nun dieser gekühlte Haselnussslikör auf Eis verkostet. Eigentlich bin ich kein Freund von Likör, da der Geschmack den Alkoholgehalt kaschiert. Dieser Likör ist aber etwas Besonderes und dies nicht nur, weil ich hiermit eine Erinnerung verbinde.

Nach zwei Besuchen meiner niederländischen Verwandtschaft ist die kleine Flasche leer und damit ein weiterer Grund vorhanden endlich wieder nach Teneriffa oder einer bisher nicht besuchten kanarischen Insel zu reisen.

Freitag, 7. September 2007

Kunst in Sibiu 2

Das heutige Brukenthal-Museum in Sibiu / Hermannstadt ist ein Beispiel für die Vorläufer der Museen. Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803) war der regionale Fürst und wie viele Mitglieder des Hochadels ein Kunstsammler.
Kunst meinte damals Malerei (hier einige Beispiele aus dem Museum), Bildhauerei und Sammlungen von Münzen, Waffen und Kuriosa aus aller Welt, die von europäischen Kunsthandwerkern bearbeitet wurden. Letzteres wurde in so genannten Kunstkammern oder Kunstkammerschränken gesammelt und Interessenten vorgeführt. Kunstkammerschränke waren in ihrer Zusammenstellung wiederum eine Kunst und wurden entsprechend als Stillleben gemalt.
Georg Hinz (1630-88) Galantarul; Sibiu / Hermannstadt, Brukenthal-MuseumGeorg Hinz (1630-88) Galantarul

Der Brukenthal Palast ist ein gelungenes Beispiel für die Architektur der Barockzeit und bietet als Gebäude bereits einige Höhepunkte.
Das Brukenthal-Museum versammelt eine bunte Sammlung von Münzen, Objekten und Gemälden, deren einzig verbindendes Element die Zeit ihrer Anschaffung war. Hier war ein Gemälde der folgenden Frau zu finden.
Johann Martin Stock 1775 Marie Antoinette; Sibiu / Hermannstadt, Brukenthal-MuseumJohann Martin Stock (1742-1800) Marie Antoinette, 1775

Auch sofort die Frau erkannt? Ich sah das Bild und dachte sofort, dass ist doch die Vorgängerin von Paris Hilton, der aktuell von Sofia Coppola ein eigenwilliges filmisches Denkmal gesetzt wurde. Marie Antoinette, die Frau ohne Kopf.
Marie Antoinette; Sibiu / Hermannstadt, Brukenthal-MuseumDies ist nur einer von vielen Beiträgen meiner Osteuropareise; siehe unter anderen:

Sonntag, 2. September 2007

Moderne Kunst in Sibiu

Ein Besuch im Alten Rathaus, dem heutigen Stadtmuseum von Sibiu (Casa de Cultura a Municipiului Sibiu).

Im Rahmen der Kampagne Europäische Kulturhauptstadt wurde eine Ausstellung zur Entwicklung der rumänischen Moderne bis zur Herausbildung der Avantgarde in den 30-er und 40-er Jahren gezeigt.



Es gab vier Bilder, die mich wirklich bewegten und beeindruckten:


  • Arthur Segal mit seinem Bild Interieur von 1911 in einen Stil, der mich an Impressionismus erinnerte;Arthur Segal 1911 Interieur
  • Arthur Segal (geboren 1875 in Jassy – 1944 in London gestorben) studierte in Berlin, Paris und München. Als freier Künstler und später Lehrer einer eigener Malschule wirkt er zunächst in München und von 1904 bis 1933 (mit kurzen Unterbrechungen in Ascona und Zürich). Als politischer Künstler emigriert er über Mallorca nach London, wo er in einem Deutschen Luftangriff stirbt. Das Bild entstand als er Mitglied der „Berliner Secession“ war. Nach dem 1. Weltkrieg war Mitglied der Dada-Bewegung. Mehr Details zu seinem Leben finden sich in der Berlinischen Galerie
  • Rodica Maniu Spalatorese / Waescherinnen (1918) war leider nicht zu photographieren, da es schlecht ausgeleuchtet war
  • M. H. Maxy Constructii / Konstruktion (1923)Maximilian Herman Maxy 1923 Constructii / Konstruktion
  • Maximilian Herman Maxy wurde am 26. Oktober 1895 in Braila geboren und starb am 19. Juli 1971 in Bukarest. Er bekannt sein Kunststudium in Bukarest und wurde 1922 in Berlin ein Schüler von Arthur Segal. Die letzten Ausläufer des Kubismus finden sich im ersten Bild. Nach seiner Rückkehr nach Bukarest wurde er Mitglied der Contimporanul group und nahm an deren großen Ausstellungen teil. Gleichzeitig war er Mitglied der Grupul de Arta Noua und einer der Mitbegründer der Academy of Modern Decorative Arts, die sich ausdrücklich als ein rumänisches Bauhaus verstanden. Nach dem 2. Weltkrieg war er Direktor des Kunstmuseums in Bukarest und machte stilistische Zugeständnisse zu den Wünschen der neuen Kommunistischen Regierung. Mehr Details zu Maxy bietet Artnet
  • M. H. Maxy Piata Sf. Gheorghe in Carje/ St. Georghe Platz mit den Krücken (1935)Maximilian Herman Maxy  1935 Piata Sf. Gheorghe in Carje / St. Georghe Platz mit den Krücken

In der Ausstellung wurden Bilder aus allen Schaffensphasen von M.H. Maxy gezeigt und es war damit seine Entwicklung zu sehen. Am Ende der Ausstellung war ein Werk aus den 50-er Jahren zu sehen. In seiner bemühten sozialistischen Art mit Hammer und Sichel erschien es mir als eine ironische Referenz an die Ästhetik von Parteiplakaten. Als ich dieses Werk sah, konnte ich mir nicht vorstellen, dass er das wirklich ernst gemeint hat, aber die Kurzbiographie gibt eine andere Information.
Die Fotos wurden ohne Blitzlicht in der Ausstellung aufgenommen. Die Beleuchtung der Bilder war ungleichmäßig, so dass einzelne Bilder gut ausgeleuchtet und andere wiederum ungleichmäßig oder im Extrem sogar so ungeschickt beleuchtet wurden, dass es Spiegelungen einiger Farben gab. Das Bild von Rodica Maniu konnte aus diesen technischen Gründen nicht photographiert werden.

Dies ist nur einer von vielen Beiträgen meiner Osteuropareise; siehe unter anderen:

Sui Vesan 2005/06 Merging With the Brook

Es freut mich ungemein, wenn ein Text verlinkt wird. Auf der Homepage der Musikerin wird dieser Beitrag von Mai 2006 als Konzertbericht gelistet: Suimusic

Suí Vesan wurde von den Veranstaltern Christoph Sure und Gerd Kespohl als slowakische Mystikerin vorgestellt. Eine zunächst befremdliche Ansage vor einem Konzert.

Dann traten Suí Vesan und ihr Ehemann Rado Špička barfuß und in weiter Kleidung auf die Bühne und platzierten sich in einer Sammlung von Instrumenten. Noch vor dem ersten Stück führte Vesan das Publikum in ihre Lebenswelt ein. Sie erzählte auf slowakisch und ihr Partner übersetzte in ein Broken English. Sie sprach von ihrem Haus am Rande eines Dorfes und dem Bach, der dort rauschend vorbeifließt. Diese Idylle mit den Geräuschen der Natur sind Grundlage ihrer Melodien und das allgemeine Naturerlebnis führt zu ihrer mystischen Weltsicht.

Merging With the Brook ist nicht nur Titel ihrer aktuellen CD, sondern zeigte den leider nicht zahlreichen Publikum das besondere an ihrer Musik. Eine Stimme, die mit Tonlagen spielt und vom Erzählen und Singen auf slowakisch unvermittelt in Lautmalereien wechselt. Hierzu spielte sie ihre Gitarre ungewohnt durch anschlagen der Saiten mit einem Plektrum mehrere Stege über dem Schallloch. Dies erfolgte mit einer Rhythmus, der an Blues erinnert. Rado Špička spielte hierzu Rhythmusgitarre, wie er überhaupt während des ganzen Konzerts sich stets als Begleitmusiker zurückhielt und dies bereits in der Sitzordnung auf Sui Vesan orientiert, dem Publikum nur die Seite zeigend, offensichtlich war.
Die spielende Stimme erreichte große Höhen und dann unerwartete Tiefen. Statt Harmonie wurden Gegensätze und Brüche ausgespielt. Und dann gab es in einem Stück ein überraschendes Gesangserlebnis. Während noch der volle Klang eines tiefen Gesangsteil erklang, war ein leichte hohe Stimme darüber zu hören. War ich Zeuge von Obertonmusik, der ich bisher wegen der Esoterik im Umfeld bewusst aus dem Weg gehe.

Die Zwischentexte wurden humorvoll von Rado Špička übersetzt. Suí Vesan erzählte ernsthaft aber mit positiver Ausstrahlung von ihren Liedern und ihren Ursprung in ihrer mystischen Weltsicht. Rado Špička hatte manchmal Probleme die richtigen englischen Worte zu finden und erzeugte unfreiwillige Komik, über die er selber lachen musste. Ein kurzes Märchen wurde so erzählt, dass zunächst die Pointe nicht deutlich wurde.
Die Geschichte des Stückes Breeze in the Flute erzählt von der Brise, die erschöpft ist und nie Ruhe findet bis eine Flöte sie einlädt, in ihren Körper zu verweilen. Dies geschehe aber nur unter der Bedingung, dass die Brise beim Verlassen von ihren Einblicken in die Seele der Flötistin erzählt.
Die Poesie dieser Geschichte konnte zunächst nicht vermittelt werden und führte zu einem nicht vorgesehenen Auflachen des Publikum.

Im Stück Running Through the Hollow Tree gab es einen Wettlauf der Musiker. Rado Špička spielte Percussion als eine Antwort auf Elemente von Sui Vesan wurde dabei aber schneller. Suí Vesan spielte darauf das Leitmotiv auch schneller und die folgende Antwort wurde wieder schneller von Rado Špička gegeben. Das Stück endete mit dem Ausruf Puuh und einem Lachen. Auf der CD klingt das Stück entsprechend anders.
Dieses Lied ist ein Beispiel für die Kreativität von Suí Vesan. Eine Trommel zwischen den Beinen geklemmt, schlug sie mit einem Bündel Gräser auf einer leeren kleinen Plastikflasche und einer zu einem Viertel gefüllten großen Plastikflasche verschiedene Rhythmen. Die Vielzahl von Tönen, die mit diesen Objekten zu Rhythmen aufgebaut wurden, war erstaunlich. Beide Musiker hatten für solche Elemente spezielle Mikrophone, die diese leisen Töne überdeutlich aufnahmen, um sie dann laut wiederzugeben.
Im Solostück Circulation verwendete Suí Vesan nur einen trockenen Grashalm und eine trockene Distelblüte, um diesen wie mit einem Plektrum Gitarre zu spielen.
Die Melodien, die sie sang, hatten oftmals sowohl diese hypnotische Qualität, wie sie vom seeligen Nusrat Fateh Ali Khan aus Pakistan in Erinnerung sind, als auch die Leichtigkeit , wie sie in den modernisierten Volksliedern der Sámi von Mari Boine Persen aus Sápmi 1989 eingespielt wurden (REALWORLD CD13).
Es war ein lustiges Konzert, alleine weil Suí Vesan und Rado Špička ständig ihre Spielfreude zeigten und durch Augenrollen und Aufblitzen oder ein helles Auflachen speziell Suí Vesan die Verspieltheit mancher Lieder vermittelte.

Noch eine Bemerkung zur Mystik von Suí Vesan. So wie ich die Zwischentexte verstanden habe handelt es sich dabei nicht um Animismus oder eine andere Form von spiritualisierter Natur, wie sie die durchgeknallten Esoteriker lieben. Es ist dies das Erkennen der Gesamtheit und Schönheit der Natur, die auf einsamen Spaziergängen oder in einer stillen Sternnacht erlebt werden kann.