Wo ist mein Platz auf einer Demo gegen NAZIS?
Die Zahl der Berufsdemonstranten nimmt immer weiter zu. Jede einzelne Gewerkschaft, Partei oder politische Initiative tritt mit jeweils mit ihrer Fahnen auf. Doch dann nicht mit einer Fahne, sondern einer Vielzahl. Nur selten sind es Fahnen, die einen Bezug zum jeweiligen Anlass einer Demo haben. Es wird vor allem ein Markenzeichen als Orientierungspunkt getragen. Es kommt manchmal zum absurden Bild, in dem die Demonstranten in einen Fahnenmeer untergehen.
Mein Platz ist bei meinen politischen Freunden und wenn schon eine Fahne oder ein Transparent in unserer Nähe zu sehen ist, dann eines mit Gehalt, wie etwa:
Weg mit der NPD
Faschismus ist keine Meinung
sondern ein Verbrechen
Schätzungen sprachen von 5.-8.000 Menschen und dies ist in einer sich entpolitisierenden Gesellschaft bereits eine gute Teilnehmerzahl. Wir gingen auf der Demo vor dem Block der radikalen Linke, die auf beiden Seiten von Polizei in Kampfuniform begleitet wurde. Doch dies ist nun seit mehr als einem Jahrzehnt normal und führt nur noch bei sehr jungen Demonstranten zu Aggression angesichts dieser strukturellen Gewalt.Faschismus ist keine Meinung
sondern ein Verbrechen
Das Ziel der Demonstration war das HCC, dessen Eilenriedehalle die Stadt Hannover, gerichtlich erzwungen (hier steht die Presseinformation des Verwaltungsgerichts , der NPD zur Verfügung stellen musste.
Uns begrüßte vor dem HCC die Musik vom Trillke Trio. Europäische Weltmusik ist der richtige Klang für dieses Thema und ich freute mich einmal mehr die Band live zu hören.
Die Redebeiträge boten in ihrer Mehrzahl sehr klare Worte gegen diese braune Brut. Was mich dennoch stört, dass einige Redner immer noch von Neo-NAZIs sprechen. Was bitte schön ist an diesem geistigen Müll denn noch neu.
Der Block der Menschen, die auch konkret die Veranstaltung der NAZIs stören wollten, sammelte sich locker auf einem Parkplatz und führte mehrmals zu hektischen Reaktionen der Polizei. Diesen mehr als 1.000 Aktiven stand eine noch größere Zahl von Polizisten aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, NRW und von der Bundespolizei gegenüber.
Der Wille zur Aktion war da, aber sehr kursierten nur Gerüchte. So wurde von der Bühne gemeldet, dass eine Gruppe von Angehörigen von Kameradschaften, wie sich die kämpfenden NAZI-Gruppen nun nennen, eine Spontandemonstration zum HCC unternehmen. Viele Straßen um das HCC waren vollständig von der Polizei durch Sperren, dicht parkende Wannen (=Mannschaftswagen der Polizei) und dichte Menschenketten der Polizei gesperrt. Die Angaben zu den kommenden NAZIs waren vage, aber die Mehrzahl bewegte sich merklich zu einer nicht abgesperrten Straße und Polizeihundertschaften waren plötzlich im Laufschritt in die gleiche Richtung unterwegs.
Die Kundgebung war zwischenzeitlich beendet und viele Demonstranten machten sich auf den Rückweg in die Innenstadt. Kurz darauf nahm die UESTRA auch wieder ihren Betrieb der Stadtbahn auf.
Über Handys zirkulierten wieder andere Angaben über anreisende NAZIs und die Aktiven gingen wieder woanders hin und plötzlich saß ich mit meinem Notizblock alleine auf der Clausewitzstraße.vor einer dichten Kette der Polizei in Kampfuniform (Schienbeinschützer, Helm, schwere Handschuhe). [Nachtrag: Am nächsten Tag erfuhr ich, dass die Polizeiführung freimütig bekannte, dass sie Falschmeldungen über ankommende NAZIs gestreut haben, um die Antifaschisten zu täuschen und vom HCC wegzulocken]
Hier ist mein Platz, zwischen den Fronten. Dort wo auch die Ordner sich zwischen Polizei und Gewalt bereiten Demonstranten stellen, um eine Eskalation auf beiden Seiten zu verhindern.
Während ich alleine auf dem Bordstein saß, begann eine Aktivität, die zeigte, dass gleich etwas passiert. Polizeiwagen stellten sich quer auf die Clausewitzstraße und ließen nur schmale Lücken zwischen den Wagen. Mauern und Zäune schufen hier ein Nadelöhr, das nun weiter verkleinert wurde. Dann tauchte ein Reisebus aus dem Eichsfeld auf, aus dem ein Mann in Anzug und Trenchcoat ausstieg, der mit der Polizei klärte, wie denn diese Busladung von NAZIs sicher zum Eingang der Eilenriedehalle gebracht werden kann. Wir waren zunächst nur wenige Dutzend Demonstranten, die sich vor der Polizeikette versammelten und als lauter Chor immer wieder NAZIS RAUS! riefen. Dies machte Gruppen, die sich bereits entspannt auf den Grünflächen die spätsommerliche Sonne genossen, aufmerksam und in wenigen Minuten waren mehrere Hundert Demonstranten versammelt und aus mehreren Richtungen rückten Hundertschaften der Polizei an. Die Stimmung wurde bedrohlich und ich zog mich zurück.
In diesem Chaos fuhr auch noch ein Groß-Taxi vor, in dem fünf NAZIs anreisten. Der Wagen wurde umringt und Sprüche wie „Man sind die hässlich!“ begrüßt. Selbst mit der UESTRA reisten einige NAZIs an, die aber große Probleme hatten, den Waggon zu verlassen. Polizei stand beobachtend daneben, aber Beschimpfungen sind kein Grund einzugreifen.
So jetzt fahre ich wieder in die Stadt, um am Fest für Demokratie der Stadt Hannover vorm Neuen Rathaus teilzunehmen.
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