Während des EKNT in Heidelberg ging es auch einmal um die Frage des Bevölkerungswachstums in Europa und meine Information über die niedrige Zahl der Kinder je Frau (Fertilitätsrate) stieß auf zweifelnde Blicke.
In Europa gibt es mit vier Ausnahmen keinen natürlichen Bevölkerungswachstum mehr. Ich habe hierzu eine Karte erstellt, welche die Zahl der Kinder je Frau zeigt.
Nur Island, Albanien, Kosovo und die Türkei haben mehr als 2 Kinder je Frau. In der Demographie wird eine Kinderzahl von durchschnittlich 2,1 Kindern je Frau angenommen, damit sich eine Bevölkerung erhält.
Die Werte stammen von der Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen, die regelmäßig Bevölkerungsschätzungen und demographische Kennziffern vorlegt (Quelle). Für einige Territorien (Kosovo und Kleinststaaten) wurde auf Zahlen der Weltbank (Quelle) zurückgegriffen.
Das Bevölkerungswachstum der letzten Jahrzehnte in verschiedenen europäischen Staaten (Frankreich, Großbritannien und Niederlande) ist ausschließlich auf Zuwanderung zurückzuführen.
Zuwanderung alleine reicht aber nicht. Deutschland hat in den letzten Jahren bis auf 2008 stets mehr Zuwanderungen als Fortzüge, doch den steht jedes Jahr ein Geburtendefizit (also mehr Todesfälle als Geburten) von mehr als 100.000 gegenüber. 2011 wurden zum Beispiel 662.685 Menschen in Deutschland geboren, aber 852.328 starben (= -189.643), Quelle: Statistisches Bundesamt.
Doch zurück zu Europa. Hieß es früher, der Osten ist rot, heißt es heute nach meiner Farbauswahl der Osten ist grau. Mit der Ausnahme von Estland, Moldawien, Albanien und vier der Ex-Jugoslawien-Staaten ist in allen Ländern die Zahl der Kinder je Frau auf unter 1,4 gesunken. Bei gleichzeitiger Auswanderung wird in allen diesen Staaten seit mehr als 10 Jahren bereits eine deutliche Bevölkerungsabnahme festgestellt. Deutschland ist wie auch Spanien nur in einer wenig besseren Position. Es gibt in Deutschland auch keine scharfe Differenzierung nach Regionen. Der Landkreis Cloppenburg im Westen von Niedersachsen war lange Zeit Rekordhalter was die Geburtenrate und damit die Zahl der Kinder je Frau angeht. Doch auch dort hat der demographische Wandel begonnen und werden nur noch durchschnittlich 1,9 Kinder je Frau gezählt.
Interessant ist einmal mehr, dass Skandinavien (und Island) plus Großbritannien, Irland und Frankreich den demographischen Wandel abfedern. In Skandinavien ist es sicherlich die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die guten Bildungsmöglichkeiten, welche die Realisierung eines Kinderwunsches erleichtern.
Die Nichtvereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer wieder als ein wesentlicher Grund für die geringe Zahl der Kinder je Frau in Deutschland genannt. Wir haben zwar Kinder-Fachgeschäfte, aber Geld alleine macht keine Kinder.
(Foto: JDM, gesehen in Heidelberg, 21.12.2012)
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