Bin nun seit mehr als drei Jahrzehnten mit dem Konzept der so genannten interkulturellen Kommunikation vertraut. Nicht auf einer akademischen Ebene, sondern als Realität der Kommunikation (Worte, Gesten, Mimik) mit Menschen, die in anderen Kulturen aufgewachsen sind.
Dies förderte zum einen die Herausbildung einer Identität, da diese sich fast immer in Abgrenzung zu Anderen herausbildet. Oder wie ich im Europa-Kolleg gelernt habe (nun doch akademisch): die Identität aus der Alterität.
Das Andere zeigt dann, was diese (und ich als kritischer Selbstbeobachter) als typisch Deutsch bezeichnen und fördert eine Auseinandersetzung mit den Stereotypen.
Dies fängt bereits beim begrüßenden small talk an.
Es war zu Beginn meines zweiten Tanzania-Aufenthalts als ich zur Einführung in ein Studienjahr an der Universität Dar es Salaam Kiswahili lernte. In diesem Intensivkurs erfuhr ich dass Begegnungen und Begrüßung viel freundlicher beginnen können, als ich es aus dem Deutschen gewohnt war.
Es war befremdlich. Egal, was gefragt wurde, stets wurde eine positive Antwort erwartet und gegeben. Es brauchte einige Monate bis ich das Begrüßungsritual verstand, es kam mir wie ein Abtasten vor. Doch es wurde stets ein Eis (merkwürdiges Bild für die feuchten Tropen!) gebrochen und danach konnte ein Gespräch oder gleich das Verabschiedungsritual beginnen.
Studierende haben ihre eigenen Grüße. Das gilt für Deutschland, wo ich bereits des öfteren in der Etymologie den Hinweis fand, dass ein Wort, eine Konnotation oder eine Phrase vor ein, zwei oder mehr Jahrhunderten im studentischen Milieu entstanden ist. An der Chuo Kikuu cha Dar es Salaam war es u. a. der Gruß "Habari kuku" (hast du Nachrichten von den Hühnern?). Ich habe es in meiner damaligen Naivität nur als ein Scherz verstanden, doch erfuhr ich aktuell von einer damaligen Mitstudentin den Hintergrund. Hühnerfleisch war in vielen Familien etwas Besonderes und entsprechend war die Frage nach den Hühnern, ob es wirtschaftlich so gut geht, dass man Fleisch essen kann.
Das Jahr zuvor war ich mehr als einem Monat in einem Dorf in den nördlichen Pare-Bergen und dort hatte ich diesen Gruß nie gehört und auch erlebt, wie selten Fleisch gegessen wurde.
Nach Monaten hörte ich endlich auch einen Gruß, der mir vertrauter klang, als die ständige positive Bestätigung. Es nervte manchmal schon, dass egal, wie es einen ging, stets nur positive Antworten "erlaubt" waren. An der Universität wurde die höfliche Frage nach Nachrichten - zu welchem Thema auch immer - manchmal mit "hivi hivi" und einer schaukelnden Drehung aus dem Handgelenk beantwortet. Die Antwort kannte ich bisher nur aus dem Französischen - "comme ci, comme ça", das mit dem Englischen "so-so" und unserm "geht so" zu übersetzen wäre.
Ich wurde schließlich wahrscheinlich als ein unhöflicher Mensch angesehen, da ich von da an viel zu oft mit "hivi hivi" antwortete. Doch das war mir irgendwann egal, denn ich wollte entweder ein Gespräch führen oder meine Ruhe haben und meinen Gedanken nachhängen.
Die begrüßenden Worten im Deutschen wie ich es kenne, sind viel direkter und akzeptiert viele Antworten, die zu einer Nachfrage einladen. Diesem wurde ich mir erst während meinem Auslandsjahr voll bewusst.
Thanx to Karen and Charlie for there Feedback and comments on some of my memories about our year at the UDSM. "Vipi mambo?"
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Da ich auch schon früher über Grüße geschrieben habe, verweise ich auf den Beitrag zu zwei Beispielen von poetischen Grüßen und den Beitrag über missverständliche Gesten.
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