Beschreibung
Die Fotografie diese Inszenierung einer unbekannten Künstlerin zeigt zentral das Porzellanbecken eines Wasserklosetts, das auf hellen Kies steht. Umgeben ist dieses Objekt von hellen Brocken, welche aus Kalk oder Beton bestehen. Dies ist wiederum umgeben von hell furnierten, glänzend lackierten Platten. Im Hintergrund hängt die Europafahne, an die wiederum zwei Taschen befestigt sind. Die Fahne besteht aus zwei Stoffbahnen, der Naht zu sehen ist. Die obere Tasche ist eine im Ethnolook gehaltene grob geflochtene Einkaufstasche mit Ledergriffen, die zur Tasche mit Kauri-"Muscheln" abgesetzt wurden. Darunter hängt eine schwarze samtartige, kleine Frauenhandtasche mit einer nicht lesbaren Markenbeschriftung. Von links fallen offensichtlich künstliche Efeuranken von der oberen Tasche bis zu den Gesteinsbrocken ins Bild.
Es ist bekannt, dass dieses Foto in London aufgenommen wurde.
(Foto: Marta G.A. "East London") |
Interpretation
Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Inszenierung einer Künstlerin. Pflanzen als Idylle, die Frauenhandtasche und die Einkaufstasche mit ihren Ethno-Elementen lassen mich dies vermuten. Die folgende Interpretation und Gesamtaussage, hätte ein Mann vermutlich mit anderen Objekten dargestellt.
Die Europafahne bedeckt den Hintergrund macht aber mehr als die Hälfte der Bildfläche aus. Die Fahne ist noch deutlich größer. In der Inszenierung sind nur neun der zwölf Sterne zu sehen. Gleichzeitig verweist die Naht auf eine Zweiteilung.
Dies scheint eine politische Anspielung zu sein. In Großbritannien gibt es eine große, lautstarke Mehrheit, welche die Kontakte zu Europa reduzieren will. In Großbritannien war die Integration von Millionen Menschen aus den ehemaligen Kolonien bereits eine große Leistung. Der Commonwealth steht für Großbritannien im Vordergrund, so wie die Ethnotasche mit Elementen aus Westafrika (Kauri-"Muscheln") und Ostafrika (Flechtwerk der Tasche). Die zweite Samttasche, passt in dieses Bild, denn sie steht für edlen Luxus und so wird mit der Fahnennaht und den Gegensatz der Taschen die Zweiteilung der Gesellschaft in Europa und zwischen den europäischen Staaten angedeutet. Wenn nun noch bedacht wird, dass die so genannten Kauri-"Muscheln" bis in das frühe 20. Jahrhundert eine Währung in Westafrika war, so wird auch noch ein Gegensatz zwischen Symbolen des Reichtums in verschiedenen Zeiten dargestellt.
Das Porzellanbecken ist schwierig zu deuten. Zum einen ist es offensichtlich unbenutzbar, da es nicht angeschlossen ist und kein Toilettensitz befestigt ist. Letzteres könnte aber wieder eine Anspielung auf einige Länder des Commonwealth sein, denn Toilettensitze sind bei öffentlichen Toiletten in afrikanischen Ländern die Ausnahme und die Toiletten werden auch benutzt, wenn die Kanalisation nicht mehr funktioniert. Letzteres ist vielleicht eine falsche Assoziation, die von meinen Erfahrungen in sechs anglophonen Ländern herrührt. Die Sauberkeit und die Anordnung des Objekts verweisen auf andere Interpretationsmöglichkeiten.
Das Klobecken steht auf Kies, wie er auch in bestimmten Regionen der Sahara zu finden ist. Ein WC ohne Wasser in der Sahara verweist auf Desertifikation, welche im Sahel seit Jahrzehnten Ursache für eine Migration nach Norden und Süden ist. Nach Süden in die fruchtbaren Regionen Afrikas und nach Norden, um mit Cayucos und anderen Booten nach Europa zu gelangen. Die Verelendung führt die Menschen nach Europa, nach einen Europa in dem alles zu kaufen ist (Einkaufstasche) und Luxus (Handtasche) möglich ist.
Eine andere Interpretation sieht die Gesteinsbrocken als das Wesentliche. Diese verhindern, dass die Toilette benutzt werden kann. Die Steine liegen im Weg. Wenn es sich um Gesteinsbrocken aus Bauschutt handelt, dann könnte dies auf den Abriss des alten industrialisierten Englands verweisen. Die Deindustrialisierung führte zu einer Verelendung in einigen Regionen, so dass selbst die einfachsten Elemente des modernen Lebens symbolisiert durch das WC nicht mehr funktionieren. Wenn es Kalk- oder anderen natürlicher weißen Stein ist, könnte dies auf den Stolz der Briten verweisen. Die weißen Klippen von Dover sind vom Kontinent aus zu sehen, aber wurden seit Jahrhunderten nicht mehr überwunden.
Das dies von glänzenden Holzimitaten umgeben ist, kann eine Kritik an der Moderne sein, in welcher der Anschein das wichtigste war. Oder dies kann auch gerade ein Verweis darauf sein, dass Großbritannien moderner scheint als das (kontinentale) Europa.
Der die oberen und unteren Teile des Kunstwerks verbindende künstliche Efeu heißt im englischen ivy, von dort ist es nicht weit bis zu envy (=Eifersucht). Viele Briten glauben, dass der Rest von Europa auf sie eifersüchtig ist. Die Briten sehen sich als eine relevante Mittelmacht mit wichtigen Partnern außerhalb Europas.
Die Gesamtaussage wäre dann, ein stolzes und modernes Großbritannien muss nicht Mitglied in der EU sein.
Es ist ein gelungenes Kunstwerk, da es viele anregende Assoziationen erlaubt.
Doch vielleicht ist es gar keine Kunst, sondern nur ein amüsanter Blickfänger, um Menschen zu einem Verweilen vor der Inszenierung zu motivieren, die dann zu einen Besuch des dazu gehörigen Möbelladens führen.
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