Sonntag, 17. Mai 2015

Merkwürdigkeiten der Wahl in Bremen

Einige der Merkwürdigkeiten der Bürgerschaftswahl im Bundesland Bremen bei der Durchsicht der Ergebnisse, welche die Landeswahlleiterin veröffentlicht hat.

Das Land Bremen ist in die zwei Wahlbereiche Stadt Bremen und Stadt Bremerhaven aufgeteilt. Für beide Bereiche gilt eine separate 5-Prozent-Hürde, d.h. wer in einem Bereich mehr als 5% der gültigen Stimmen hat, ist in der Bürgerschaft vertreten. Dies führt zum Beispiel dazu, dass die radikalen Populisten von "Bürger in Wut" über ihre starke Wahlbasis in Bremerhaven mit einem Sitz in der Bürgerschaft des Landes vertreten ist. Umgekehrt sind die anderen radikalen Populisten der AfD nur über Stimmen aus der Stadt Bremen mit vier Sitzen in der Bürgerschaft vertreten. Hier ist eine Ungerechtigkeit. Für die Vertretung in der Bürgerschaft zählen für diese beiden Parteien nur die Stimmen in den jeweiligen Wahlbereichen. Wenn die Gesamtzahl der Stimmen sich in der Bürgerschaft wieder finden sollte, würde dort die BiW mit drei und die AfD mit fünf Abgeordneten repräsentiert sein. SPD-GRÜNE+CDU würden jeweils einen Sitz einbüßen. Der demokratische Hintergedanke, dass regionale Besonderheiten sich in der Bürgerschaft widerspiegeln sollen, wird pervertiert.

Die Stadt Bremen stellt 68 und die Stadt Bremerhaven 15 Abgeordnete.
In Bremen steht jeder Abgeordnete für 5.941 Wahlberechtigte, in Bremerhaven repräsentiert jeder Abgeordnete 5.584 Wahlberechtigte.

Bei der Wahl 2015 hatten alle fünf Stimmen, die sie pauschal auf eine oder mehrere Listen (=Parteien) oder individuell einzelnen Kandidaten geben konnten.
Die Wahlbeteiligung in der Stadt Bremen lag bei 52,1 Prozent und in der Stadt Bremerhaven bei nur 40,5 Prozent. Für einen Bremer Sitz waren 14.817 Stimmen und für einen Bremerhavener Sitz nur 10.645 Stimmen notwendig.
Hier schreibt das Wahlgesetz eine Ungerechtigkeit fort. Die Stadt Bremerhaven ist deutlich überproportional in der neuen Bürgerschaft vertreten. Nach der Zahl der Wahlberechtigten müssten es 69 Bremer und 14 Bremerhavener sein und nach dem Wahlergebnis sollten es sogar 72 Bremer und nur 11 Bremerhavener sein.

Das von den Medien oftmals gescholtene Wahlsystem wird von der den Wählenden verstanden und praktiziert. Die Zahl der ungültigen Stimmzettel hat im Vergleich zur Wahl 2011 abgenommen. Nur eine kleine Minderheit hat nicht verstanden, dass sie fünf Kreuze machen soll. Das Verhältnis zwischen Stimmen und Stimmzetteln liegt bei 4,93.


Besonders interessant ist der Blick auf die Liste der KandatInnen und wer denn nun schließlich in die Bürgerschaft gewählt wurde.

SPD, Grüne und Linke gendern ihre Listen in der Stadt Bremen. Weibliche und männliche Kandidatinnen wechseln sich ab. Am Ende der grünen Liste stehen nur noch Frauen, so dass "zu viele" Frauen kandidieren.
Doch das gilt ausdrücklich nur für die Stadt Bremen.

Für Bremerhaven gelingt s keiner Partei auch nur annähernd genauso so viele Kandidatinnen wie Kandidaten aufzustellen und zwei der Bremerhavener Listen sind rein männlich (Linke, BiW).

CDU und FDP haben jeweils eine Spitzenkandidatin, aber dann kommen viele, viele Männer, so dass das Verhältnis von Frauen zu Männern bei der CDU 17 zu 42 und bei der FDP 9 zu 30 erreicht.

Doch die Listen sind nur ein Angebot. Die Wählenden können selbst bestimmen, ob sie pauschal die Liste oder eben einzelne Personen wählen.
Die größte Auswirkung hatte dies auf die Abgeordneten der SPD. Kandidaten wurden bevorzugt. Wenn nur nach Liste gewählt wurden wäre, gebe es jeweils 15 weibliche und männliche Abgeordnete. Die SPD wird durch 22 Männer und 8 Frauen in der Bürgerschaft vertreten. Für alle anderen Parteien kam es auch zu einer erheblichen Abweichung zwischen der von der Partei durch ihre Listenplatzierung gewünschten KandidatInnen und den schließlich gewählten. Doch weniger beliebte Frauen und Männer der vorderen Listenplätze wurden jeweils durch die gleiche Zahl beliebterer Frauen und Männern verdrängt.
Für alle Fraktionen (BiW und AvD haben kein Fraktionsstatus erlangt, weil sie nur in einem Wahlgebiet die 5-Prozent-Hürde überwanden) wurden drei Werte verglichen. 1. Die KandidatInnen, 2. Wer gewählt wäre, wenn es nur die von der Partei gewünschte Listenreihenfolge gebe und 3. die gewählten Abgeordneten.

Wie bereits beschrieben wurden mehr Männer von der SPD gewählt, als von der Partei vorgesehen. Für die CDU gilt das Gegenteil, der sehr hohe Männeranteil der Liste wurde durch die Wählenden ein wenig korrigiert.
Grüne und Linke entsenden trotz leichter Abweichungen die gleiche Zahl von Frauen und Männern in die Bürgerschaft.
Auch für die FDP gilt, dass der Frauenanteil von den Wählenden leicht korrigiert wurde. Die negative Abweichung für das gesamte Bundesland Bremen basiert ausschließlich auf dem Wahlergebnis der SPD.

Die schlechte Wahlbeteiligung liegt vor allem in der Verantwortung von SPD-GRÜNE, die zusammen 240.000 Stimmen verloren haben. Selbst die CDU hat im Vergleich zur Wahl 2011 Stimmen verloren.
- - - - -
Quelle: Wahlleiter Bremen, Berechnungen und Abbildungen sind von mir.

Keine Kommentare: