Mittwoch, 25. April 2007

Nigeria Musterland des Wahlbetrugs

Wahlen waren hier bereits mehrmals ein Thema ( 1 - 2 - 3 - 4). 1994 war ich einer der internationalen Wahlbeobachter verantwortlich für den Rumphi-Distrikt in in Malawi und 1997 einer der Wahlaufseher in Zenica, Bosnien. Hinzu kommen diverse Erfahrungen als Schriftführer bei deutschen Wahlen auf allen Ebenen von Kommunal bis Europa.
Es gibt viele Faktoren und Aktivitäten in der Organisation und Durchführung einer Wahl, die dazu führen, dass eine Wahl NICHT allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim (so die Formulierung im Grundgesetz 38,1) ist.
In Nigeria fanden bereits Gouverneurswahlen für die Bundesstaaten und am letzten Wochenende die Präsidentschaftswahlen statt. Es stehen jetzt noch die Parlamentswahlen aus. Es war ein Muster für andere undemokratische Systeme (Belarus, Russland). Die regierende und delegierende politisch-wirtschaftliche Elite führte vor, wie ein Wahlbetrug umfassend organisiert und durchgeführt werden kann:
VOR DEN WAHLEN
  • Die verantwortliche Wahlkommission wird durch die Elite ausschließlich mit eigenen Parteigängern besetzt. Ihr Name lautet Unabhängige Wahlkommission, auch wenn dies eine offene Lüge ist. Internationale Journalisten werden in Zweifelsfragen die „Unabhängige“ Wahlkommission um einen Kommentar bitten.
  • Die Listen der Wahlberechtigten sind vor der Wahl nicht einsehbar. Verstorbene Wähler werden nicht aus den Listen entfernt und Namen von Parteigängern der Elite werden gleich mehrfach in diverse lokale Listen eingetragen.
  • Oppositionskandidaten wird durch Gewalt oder juristische Manöver eine fristgerechte Kandidatur erschwert oder verboten.
  • Auf Wahlveranstaltungen der eigenen Partei werden Geldgeschenke verteilt.
  • Wahlveranstaltungen der Opposition werden durch bezahlte Schlägerbanden oder durch uniformierte so genannte Sicherheitskräfte gestört oder beendet
  • Wegen dieser Gewalt werden weitere lokale oder regionale Wahlveranstaltungen verboten
  • Staatliche Medien berichten nur über die regierende und nun wieder zu wählende Elite. Abweichende Positionen werden denunziert oder kriminalisiert.
  • Oppositionelle Medien erleben Stromausfälle, Sendeverbot, Beschlagnahme von Unterlagen, Überfälle auf Redaktionen und Mitarbeiter und Zerstörung von Medien
  • Organisierte Spezialkräfte mit und ohne Uniformen terrorisieren bekannte Oppositionelle. Es kommt zu Bedrohungen, Angriffen, Körperverletzungen und zum Mord
  • Vor der Wahl wird nicht bekannt gemacht, wie die Wahldokumente aussehen werden.
WAHLTAG
  • Die Öffnung einiger Wahllokale wird verzögert oder verhindert
  • Die Wahlurne wird bereits versiegelt im Wahllokal aufgestellt und es sind offensichtlich bereits viele Stimmzettel in der Urne
  • Wahlberechtigte finden ihre Namen nicht in der Liste, aber stattdessen die Namen von Toten, die angeblich bereits ihre Stimme abgegeben haben und von vielen Ortsfremden.
  • Proteste dieser Wahlberechtigten führen zum Auftritt von Sicherheitskräften, die die Wahl unterbrechen oder sogar beenden
  • Wahldokumente sind unvollständig, die Stimmzettel reichen nicht für die Zahl der Wahlberechtigten. Auf Stimmzetteln fehlen die Namen von einigen Oppositionskandidaten.
  • Stimmzettel sind offensichtlich Kopien mit identischer Registrierungsnummer.
  • Mit Bussen und LKWs werden unbekannte junge Männer zu den Wahllokalen gefahren, die dort laut Liste Wahlberechtigt sind.
  • Fehlende Wahldokumente werden von verhafteten Oppositionellen in den Polizeistationen gesehen.
  • Proteste bei den lokalen Vertretern der Elite zeigen, dass in deren Häusern ausgefüllte Stimmzettel auf die Abholung warten.
  • Sicherheitskräfte im Wahllokal sorgen dafür, dass die Wähler ihr Kreuz auch an der richtigen Stelle machen.
  • Wahlbeobachtung durch nationale und internationale Wahlbeobachter wird vor Ort erschwert oder an Straßensperren wird den reisenden Beobachtern die Weiterfahrt untersagt
  • In Oppositionshochburgen kommt es während der Wahl zu terroristischen Angriffen von ortsbekannten Sicherheitskräften
NACH DER WAHL
  • Die Auszählung findet nicht vor Ort statt. Die Wahlurnen werden von Sicherheitskräften abgeholt und angeblich zu Zählzentren gebracht.
  • Das Ergebnis einer Auszählung kann nicht in eindeutige Dokumente eingetragen werden, da Ergebnislisten für die einzelnen Wahllokale nicht vorhanden sind
  • Offensichtliche gefälschte Stimmzettel (die oben genannten Kopien) werden pauschal als ungültig erklärt.
  • Die auf regionaler oder nationaler Ebene bekanntgegebenen Ergebnisse zeigen für viele Wahllokale eine fantastische Wahlbeteiligung von mehr als 100 Prozent. Dies gilt auch für Wahllokale, die nur kurz oder gar nicht geöffnet waren und es gibt keine Briefwahl
  • Zweifelhafte Wahlergebnisse können nicht überprüft werden, weil die Stimmzettel nach der Auszählung vernichtet wurden.
  • Im Müll der lokalen Vertreter der siegreichen Elite finden sich nach der Wahl Stimmzettel und ganze Wahlurnen.
  • Unsinnige Wahlfälschungen werden in den Folgetagen so weit angepasst, dass sie mit der Zahl der Stimmberechtigten übereinstimmen.
  • Die "Unabhängige" Wahlkommission erklärt das Wahlergebnis für gültig
  • Staatschefs vieler befreundeter Länder adeln das Wahlergebnis durch ihre Anwesenheit bei der Vereidigung des neuen Präsidenten
Nationale und Internationale Wahlbeobachter haben in Nigeria viele Beispiele für jede der aufgeführten Formen von Wahlbetrug festgestellt. Mehr als 200 Menschen starben bisher durch politische Gewalt. Selten einmütig wird der Wahlprozess kritisiert. Der magische Satz der internationalen Wahlbeobachtung, das die durchgeführte Wahl den Willen des Volkes repräsentiert bleibt deshalb aus.

Konsequenzen der westlichen Länder: Keine
Begründung: Nigeria ist der wichtigste Öllieferant im subsaharischen Afrika. Better-the-Devil-You-Know wie bereits bei Saddam als er noch der Öl-Freund des Westens gegen den Iran war.

Samstag, 21. April 2007

Laibach spielte Volk in Hannover

Laibach, das ist Kunst und wie jede Kunst ist es im besten Sinne anstrengend, es kann nicht beiläufig konsumiert werden. 
Die slowenische Band Laibach spielte am Donnerstag, dem 19. April 2007 in der 60er-Jahre-Halle vom Kulturzentrum Faust. Es war ein teures Konzert für €24,20, aber der Aufwand und die Vielzahl von Beteiligten rechtfertigten den Preis.

Laibach gehören zum Künstlerkollektiv NSK und sind in ihrer Kombination von Musik, Outfit, Texten, Filmen und Bildern seit mehr als zwanzig Jahren immer wieder missverstanden wurden. Musikalisch wird ihre Musik mit der Vielzahl von Kollagen dem Industrial zugeordnet. Es könnten aber auch die Label Noise und Avantgarde verwendet werden. In Interviews betonen die Mitglieder stets, die Ironie und Travestie ihrer Shows und Medienprodukte.Beim Betreten der 60er-Jahre Halle war ich ein Fremdkörper. Die Farbe des Abends war keine Farbe, sondern Schwarz. Einige Kostüme waren zu sehen: Schwarze Ledermäntel, die zum Teil fast bis zu den Schuhen reichten, viele Menschen in schwarzen Schnürstiefeln, ich sahen einen Menschen mit der alten Uniformjacke eines GI und einer der komplett in schwarz mit Barett gekleidet war. Dies waren alles Männer. Der Frauenanteil im Publikum war sehr gering, doch dort gab es auch schwarzes Leder und in einen Fall schimmernden, schwarzes Latex oder war das Gummi (?). Dies Frau hatte über die Breite beider Schultern Hannover in Fraktur auf ihren Rücken tätowiert.
Es mögen schließlich 300 Menschen gewesen sein, die gespannt auf den Beginn der Show warteten. Laibach spielte zum allerersten Mal in Hannover. Vor etwa zehn Jahren sollen sie schon einmal in Hildesheim aufgetreten sein. Es hatte sich also eine gewisse Szene hier versammelt, die sich offensichtlich und gut hörbar schon lange nicht mehr gesehen hatte. Es wurde ausgiebig und laut geredet. Um 21:00 Uhr wurde es im Saal dunkler und nachdem zuvor Barmusik (Klavier und seichte Orchesterbegleitung nahe an Muzak) aus den Boxen tropfte, ertönte nun ein vielstimmiger Männerchor und intonierte eine Hymne. Und dann kam noch eine Hymne und noch eine Hymne, und noch eine und noch und.
Es war dies Gesang in einer Sprache aus dem ehemaligen Jugoslawien. Wie heißt die Sprache jetzt korrekt? Die Unterschiede zwischen Kroatisch, Serbisch und Bosnisch sind relativ gering, alle sind Teil der südslawischen Sprache (=jugo slawischen). Ich verstand nur einige geographische Wörter wie Skopje, ansonsten war es der Grauen der Hymnen mit ihrem Pathos. Erst bei der zweiten oder dritten Hymne kam einer der vielen Mitarbeiter von Laibach, die für Sound + Vision der Show verantwortlich waren auf die Bühne und stellte die Beamer an. Für mich ein klares Zeichen, dass es noch 5-10 Minuten dauern würde, bis diese Geräte die notwendige Betriebstemepratur haben.

Die Hymnen sollten die Einstimmung in die Show VOLK sein. Auf der CD und in der Show VOLK werden etwa ein Dutzend Nationalhymnen interpretiert und durch visuelle Elemente kommentiert. Deutschland - USA - Großbritannien - Russland - Frankreich - Italien - Spanien - Israel - Türkei - China - Japan - Slowenien -Vatikan.
Wie beschreibt man die Stimme des Sängers. Diese Verbrauchtheit und Tiefe ist sonst nur von Tom Waits bekannt, doch hier geht die Stimme noch weiter runter. Zur Linken war ein Mann an Tasten und Samplingmaschine, im Hintergrund ein Keyboarder und das dominante Schlagzeug. Am rechten Bühnenrand sang eine Frau.

Was war zu sehen und zu hören (meine Interpretationen, Informationen und Texte der Hymnen können über diese Metaseite aufgerufen werden):
  • Deutschland wurde mit einem Ausschnitt aus einem Dokumentarfilm etwa des Jahres 1949 kommentiert. Es begann mit dem Aufstehen in einer Familie mit drei Kindern und einem regierenden Vater. Textzeilen auf der Leinwand stammten aus der 1. Strophe des Lieds der Deutschen und hierzu wurden Bilder aus den Ruinen deutscher Städte gezeigt. Das Lied endete mit dem Zubettbringen der drei Kinder in einem großen Bett, wo die Kinder die Hände über der Bettdecke in Gebetshaltung hielten. Deutschland, ein Land von Zucht und Ordnung
  • God Save the Queen zeigte eine sadistische alte Frau, die vier Menschen in ihren Körper anliegenden Käfigen quält und mit deren Blut große Kreuze auf den hellen Körpern malte. Das waren die vier Kinder von Queen Elisabeth II und ihnen wurde das rote Kreuz auf weißen Untergrund, die Fahne des Teilstaaten England aufgemalt.
  • Star Spangled Banner erinnerte an diese Merkwürdigkeit in den USA. Eine Sängerin stand am Bühnenrand und intonierte die Hymne.
  • Zur Gimn Rossijskoi Federazii wurde mit der Symbolik des russisch-orthodoxen Kreuzes gespielt. Dessen Spitze tauchte in vielen Varianten von den Seiten der Leinwand auf und zum Schluss des Liedes war schließlich zu erkennen, dass es sich um die Kreuze auf dem Kreml handelt. Der Diktator Vladimir Putin spielt schließlich auch nun wieder mit der russischen-orthodoxen Kirche, um seine Macht mystisch zu erhöhen.
  • Die Marseillaise ist bekannt für ihren lyrischen Blutrausch und dies war Grundalge der Visualisierung. Alle Schimpfwörter gegen die Anderen , die Fremden, die es in großer Zahl in diesem Lied gibt wurden in ihrer englischen Übersetzung projiziert und dann war zunächst eine Guillotine zu sehen, die ihr blutrotes Messer nach unten fallen ließ und schließlich zwei, drei, vier und mehr Kopien dieses Tötungsgerätes, dass zum Teil im Takt der Musik arbeitete.
  • Fratelli d'Italia
  • Zum Marcha Real Spaniens tauchten Symbole (Stier) und Stereotype auf.
  • haTikwa "Solange ist unsere Hoffnung nicht verloren, die Hoffnung, (...), zu sein ein freies Volk, in unserem Land, im Lande Zion und in Jerusalem!" visualisierte die Zweiteilung des Territoriums. während auf der linken Seite der Leinwand Dreiecke sich drehten und immer wieder für Momente ein Davidstern entstand, tauchten auf der rechten Seite die graphischen Elemente der palästinensischen Flagge auf, die ebenfalls nur für Momente eine wieder erkennbare Fahne bildeten. Die linke und die rechte Seite gingen schließlich ineinander über und so war auch ein Davidstern auf einer Fahne von Palästina zu sehen.
  • Istiklâl Marsi besingt unter anderem Mond und Stern auf der roten Fahne. Die Anbetung des Gründers der türkischen Republik wurde ironisiert in dem Ata Atatürk sich immer wiederholte.
  • Beim Marsch der Freiwilligen aus China wurde die Wiederholung des Pathos immer deutlicher. Wir sind die Besten, wir überwinden das böse Alte und alle Feinde um uns herum. Chinesische Zeilen bewegten sich als großen Überschriften durch das Bild.
  • Kimi Ga Yo aus Japan kam sehr leicht daher. Japanische Buchstaben schwebten wie Schneeflocken herab.
  • Die slowenische Hymne Naprej zastava slave bringt den nationalen Wahn auf den Punkt: "auf zum Gefecht, du heldenhaftes Blut, zum Wohl des Vaterlandes soll sprechen das Gewehr! Mit der Waffe und der Rechten bringen wir dem Teufel Donner, ins Blut das Recht zu schreiben, das fordert unser Heim".
Und dies ist es auch was den Nationalismus prägt. Eine staatlich propagierte Massenpsychose, die bisher mehr Menschenleben gefordert hat, als anderen Formen von Gewalt.
Dieser Teil der Show endete mit dem Abspielen einer weiteren Hymne, während die Musiker kurz die Bühne verließen
Danach wurden noch einige Lieder vom Album WAT aufgeführt. Tanz mit Laibach war deutlich eine Referenz an die Deutsch-Amerikanische Freundschaft (bekannt von Der Moussolini, 1982). Es folgte dann sogar eine Komposition von DAF. Das war Tanzmusik, die auf der Bühne als Marschmusik gezeigt wurde. Links und rechts vom Sänger standen jeweils am Bühnenrand eine Frau vor einem Standbecken, was ich in dieser Form seit Peter Behrens von Trio so nicht mehr gesehen hatte, und bearbeiteten dieses mit großen schwingenden Bewegungen und kleinen militärischen Gymnastikübungen.
Der zweite Teil der Show war relativ kurz und es gab keine Zugaben, da alles wohl kalkuliert und inszeniert ist.

Und nun zur Publikumsbeschimpfung. Es gab viele Analphabeten im Publikum, was eigentlich noch keine Beschimpfung, aber in unseren Kulturkreis zeugt es von selbst gewählter Ignoranz. In der Ankündigung zu diesem Konzert wurde geschrieben, dass die Show VOLK aufgeführt wird. Nationalhymnen, auch in der Interpretation von Laibach haben ruhige Momente oder sollen prinzipiell etwas Erhabenes ausdrücken. Wenn der alles überwältigende Sound von Laibach zur Ruhe kam und eine Frauenstimme zum Beispiel die chinesische Hymne sang, war dies nur schwer zu verstehen, da mindestens ein Drittel der Zuschauer sich für diese Show nicht interessierten und sich lautstark unterhielten. Viele sogar mit dem Rücken zur Bühne. Geht nach Hause, spart das Geld und nervt mich nicht!
Und es gab Kampfsäufer, die dann auch noch aggressiv wurden. Ein bedrohlicher, breiter zwei-Meter-Mann drohte und schlug zweimal heftig auf andere Besucher ein. Nur seine Freundin konnte ihn aus den Publikum zum Rand drängen.

Zum Abschluss: 90 Minuten einer ungewöhnlichen Show. Das war wirklich etwas auf die Ohren, selbst mehr als eine Stunde später war im Ohr noch ein Rauschen zu hören. Wie nach einem Museumsbesuch kann dies nicht mit einfachen Adjektiven beschrieben werden. Es war vor allem sehr interessant und oftmals unterhaltsam.
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Nachtrag Mai 2012: Timo Vuorensola hat ein gutes Händchen bewiesen, als er für seine NAZI-SF-Satire "Iron Sky" Laibach engagierte. Da wird wird zum Teil Musik wie in den Kriegsfilmen (deutsche wie allierte) angestimmt.

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3 Kommentare:

27. April 2007 00:46 Stefan hat gesagt…
Das DU auf ein Konzert von Laibach gehen würdest, ist das letzte, was ich erwartet hätte!
Aber nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, klingt alles so plausibel, dass ich es mir jetzt rückblickend doch vorstellen kann.

Ich fand Laibach immer nah an Ramms+ein, welche du ja bekanntlich nicht ausstehen kannst.

Grüßchen, Stefan

27. April 2007 10:45 Ulaya hat gesagt…
Oh, ich habe noch viel Musik in meiner Sammlung, die überhaupt nicht zum Rest passt. Musik ist nun mal ein Stimmungsverstärker und eine dauerhafte Erinnerungsstütze an Situationen und Personen.

15. Mai 2007 21:54 CoolBee hat gesagt…
Fotos von diesem Konzert habe ich hier geposted, wen's interessiert: http://barbara-muerdter.blogspot.com/2007/04/laibach-am-19-april-2007-in-hannover.html

Dienstag, 17. April 2007

Erster Sommertag 2007 in Hannover

Das Hochdruckgebiet Peggy hat zwischen dem 11. und 16. April sehr viel Freude bereitet. Die Sonne schien von früh bis spät und langsam erwärmte sich die Luft. Am 14. wurden in der Wetterstation Hannover-Langenhagen des Deutschen Wetterdiensts 24,1°, am 15. 4. 24,2° und gestern schließlich 25,7° gemessen.
Zur Erinnerung die meteorologische Definition für einen Sommertag basiert auf einer Lufttemperatur von 25° Celsius gemessen im doppelten Schatten (Wind und Sonne) in zwei Meter Höhe.

Samstag, 7. April 2007

Etymologie Ostern

Ostern = Göttin Ostera = So ein Quatsch!

Ostern ist ein Beispiel für erfundene Traditionen und Etymologien. Der Volksmund und das Allgemeinwissen sagen, dass der Name Ostern von einem frühgermanischen Frühlingsfest stammt, das im Rahmen der Christianisierung christliche Symbolik erhielt. Christliche Feiertage wurden im 2. bis 4. Jahrhundert auf Konzilen vereinheitlicht, da es bis dahin viele konkurrierende Termine innerhalb des Christentums gab. Im Jahre 325 wurde Ostern auf dem Ersten Konzil von Nicäa auf die Tage nach den ersten Frühlingsvollmond gelegt.

Doch zurück zur Etymologie. Ostern stammt demnach von der germanischen Göttin Ostera (auch Ostara geschrieben), einer Göttin des Lichts, der Morgenröte und der Fruchtbarkeit. Mit dem zunehmenden Tageslicht, wurden Freudenfeiern zum Ende des Winters und der wiederkehrenden Fruchtbarkeit der Natur gefeiert. Missionare übernahmen den heidnischen Begriff Ostern für das christliche Auferstehungsfest. So ein Quatsch!


Das christliche Auferstehungsfest, vulgo Ostern ist eine frühchristliche Kopie des jüdischen Passahfestes, dem Gedenken des Auszuges der Kinder Israels aus Ägypten. Die frühen christlichen Gemeinden nannten dieses Fest unser Passahfest = pascha nostrum. Dieses Wort wurde von den Missionaren genutzt. Der erste Teil des Wortes kam im Gotischen als Paska an und heute heißt Ostern in Schweden Pask. Weiter im Westen wurde das Fest Paschen (Altniederländisch) und heute Pasen (Niederländisch, Niederdeutsch). Der zweite Wortteil nostrum wurde in Kombination mit Osten (=Sonnenaufgang) zu einem gallofränkischen Lehnwort, das zunächst den ersten Gottesdienst bei Anbruch des Auferstehungsfesttages bezeichnete. Vom althochdeutschen Ostarum über das Mittelhochdeutsche Osteren entstand das Wort heutige Wort Ostern.

Doch wie kam die Traditionslinie Ostera = Ostern auf? Der altsächsische Theologe und Geschichtenschreiber Beda Venerabilis (etwa 673 bis 735) versuchte in seinem Werk "De Temporum Ratione" logische Erklärungen für Monats- und Feiertage zu finden. In einem Analogieschluß zu Kriegsgott Mars = March/März und Göttin Juno = June/Juni formulierte er, dass Ostern sich auch auf eine Göttin, die er Eostrae nannte, bezieht. Es gibt keine Belege für diese Göttin vor dieser Schrift und andere frühe Theologen und Historiker, die das Buch von Beda Venerabilis nicht kannten, erwähnen in ihren Beschreibungen der vorchristlichen Glaubenswelt auch keine Frühlings- und Lichtgöttin Ostera.
Im 19. Jahrhundert entstanden die meisten modernen Geisteswissenschaften in der heutigen Form (Geschichte, Archäologie, Ethnologie, Linguistik, Germanistik, etc.). Beda Venerabilis wurde Ende des 19. Jahrhunderts wieder entdeckt, seine Vermutung akzeptiert und seine Behauptung nach und nach in alle
Standardwörterbücher übernommen. Die Argumentation lief damals ungefähr so: "dies ist der früheste Beleg und deshalb ist er wahr". Eine kritische Edition der Werke von Beda Venerabilis erschien erst 1959 und seitdem gab es zwar weitere Diskussionen, aber eigentlich ist das Thema in der Wissenschaft erledigt. Ostera ist eine Erfindung von Beda Venerabilis.

Das neue Fachwissen ist auf dem langsamen Weg ins Allgemeinwissen. Traditionen (auch tradierte Wörter) werden zwar ständig neu definiert, benötigen aber Generationen um sich zu verändern. Historische Fakten, die einen erworbenen Wissensstand widersprechen, setzen sich nur sehr langsam durch (Dolchstoßlegende, geschichtsloses Afrika).
Es gibt auch noch einen logischen Fehler in der Zuordnung Ostern = Frühlingsfest. Die Germanen kannten keine vier Jahreszeiten. Für sie gab es nur Winter und Sommer, warum sollten sie eine Frühjahrsgöttin haben? Das Konzept der vier Jahreszeiten stammt aus dem Mittelmeerraum und wurde von den Römern über die Alpen gebracht. Kulturelle Konzepte sollten entsprechend einen lateinischen Wortursprung haben.
Noch einige frühe Belege. Martin Luther übersetzte das jüdische Passahfest mit Ostern. HOFFMANN (1884) Wörterbuch der deutschen Sprache: Ostern, das Fest der Auferstehung Christi, bei den Juden: das Fest, welches sie zum Andenken an den Auszug aus Ägypten feiern, Passah.

Quellen: Diverse Artikel im "Handbuch zur europäischen Kulturgeschichte" herausgegeben von Wulf Köpke und Bernd Schmelz, München 1999 plus alte und neue Etymologien und Wörterbücher der HAB.

Siehe hierzu auch allgemein in der linken Spalte vom Blog die gesammelten Eintragungen zum Thema/Schlagwort Etyms.

Dienstag, 3. April 2007

Schwarze Löcher in der Sahara

Eine Freundin nannte mir als einen der Fehler in der Darstellung von GoogleEarth schwarze Löcher in der Libyschen Wüste. Ich fragte mich sofort, warum sollten gerade Satellitenbilder von Libyen kreisförmig Details verbergen. Aus dem Geographiestudium fielen mir bei der Betrachtung dieser runden Flächen (z.B. 26° 40' N 21° 47' E) gleich zwei Erklärungen ein. Nein, dies sind keine militärischen Objekte, die verdeckt wurden. In solchen Fällen wird einfach die Auflösung der Bilder reduziert und schon ist alles nur noch so schemenhaft, dass es keine Aussagekraft hat.
Libyen unter seinem Diktator Muammar al-Gaddafi das Great-Man-Made-River-Projekt begonnen (seine persönliche Pyramide!). Eiszeitliche Wasserreservoir in mehreren Hundert Meter Tiefe in der Sahara werden angezapft und das Wasser nach einem Reinigungsprozeß zum einen vor Ort für Bewässerungssysteme und für die Versorgung der Küstenbevölkerung verwendet. Hierfür wurden Rohre von etwa 4 Meter Durchmesser von den Entnahmestellen bis zur Küste verlegt. Leitungsverlauf und Wassertank sind in GoogleEarth zu erkennen. Die angeblichen schwarzen Flecken sind also sehr wahrscheinlich offene Wassertanks über den 126 Pumpen bei Sarir.

Zitat Tom Robbins

Im letzten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts, einer Zeit, in der die westliche Zivilisation zu rasch zur Neige ging, um es sich wohlsein zu lassen, und doch wieder zu langsam, um richtig aufregend zu sein, hockte fast alle Welt auf der Kante eines immer teurer werdenden Theatersessels und wartete - je nach persönlicher Neigung - in Furcht, Hoffnung oder Langeweile darauf, dass etwas Bedeutsames passierte.
(Tom Robbins (1983) Buntspecht. So was wie eine Liebesgeschichte. Deutsch von Thomas Lindquist (Original: "Still Life With Woodpecker", 1980)
Was für ein Beginn für eine furiose Geschichte, die ich vor mehr als zwanzig Jahren gelesen habe und die nun ein zweites Mal genossen wird. Tom Robbins kann, ohne beleidigend zu sein, als ein Freak bezeichnet werden. Von seine acht Romanen, die er seit 1971 veröffentlicht hat, habe ich fünf genossen und allen liegt eine lustige Grundstimmung zugrunde. Stets handelt es von Freaks, die auf der Suche sind oder meinen ihr Paradies gefunden zu haben, und wie diese mit der sie umgebenden Realität kollidiert. Dabei gibt es viele philosophische Exkurse und Auseinandersetzungen mit nicht-westlichen Glaubensansätzen. 

Weitere Zitate:
Villa Incognito (2003/2005) zur Selbstverliebtheit der Schönheit und vom Nutzen des Nutzlosen.

Montag, 2. April 2007

Zitat Monty Python 1.12

Was meine ich mit dem Wort meinen. Was meine ich mit den Wort Wort, was meine ich mit was meine ich, was meine ich mit was und was meine ich ohne was? Was meine ich mit meine ich mit meine ich mit, und warum meine ich, dass ich ihre Zeit auf diese Weise verschwenden kann?
(Monty Python's Flying Circus, 1. Serie, 12. Folge, Die nackte Ameise, 1970, Deutsch von Christian Storms)