Donnerstag, 17. Mai 2007

Imagination Afrika

Der reisende Schriftsteller Ilija Trojanow hat derzeit die Heiner-Müller-Gastprofessur für deutsche Poetik an der FU Berlin inne und schreibt etwa einmal im Monat ein so genanntes Schlagloch in der taz. Im aktuellen Essay schreibt er über die Metapher Afrika, die in der Werbung, der Politik und selbst in der Kunst immer noch als Symbol für jenseits der Zivilisation missbraucht wird.
Er weiß, wovon er schreibt, da er von 1972-77 und 1981-84 in Nairobi, Kenya lebte und Absolvent der Deutschen Schule Nairobi ist. Die von ihn gewählten Beispiele , in denen Afrika oder ein afrikanischen Land als Symbol für irgend etwas Exotisches, Fremdes herhalten muss, umfassen eine Werbekampagne von McDoof und die neue Produktion Volta
von Björk.

Diese von mir sehr geschätzte Avantgarde-Künstlerin hat sich die Dreistigkeit erlaubt den Kora-Musiker Toumani Diabaté, der musikalisch in der gleicher Klasse spielt wie Sie, mal eben für 24 Stunden in Mali zu besuchen und nach einer Aufnahme ohne Verabschiedung wieder zu entschwinden. Das ist Ausbeutung der Kunst eines Kollegen! Doch die Frau aus Island hat Narrenfreiheit (auch bei mir), denn wer Englisch kann, wird herzlich lachen über manchen Unsinn, den sie bisher in ihrem Island-Englisch gesungen hat. Auf ihrer Website zum neuen Album Volta beweisst Sie leider, dass Sie noch nicht einmal richtig recherchieren kann. Der Volta ist eben nicht "a river in Africa which had been built by men and a lagoon built by men called Lake Volta" (BJÖRK in eigenen Worten auf der genannten Homepage). Der Volta ist einer der größten Flüsse Westafrikas. Dabei entspringen der Schwarze, der Weiße und der Rote Volta in Burkina Faso und vereinigen sich in Ghana zum Volta River. Lake Volta ist einer der größten Stauseen weltweit und die bedeutendste Stromquelle des Landes. Es gibt keine Lagunen in Ghana auch nicht im Mündungsbereich des Volta.
Dies ist kein Buchwissen, sondern Volta und Lake Volta sind mir von Reisen bekannt.
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Nachtrag nach dem Kommentar: Es ist immer subjektiv, wann man einer Einschätzung von geschätzten Musikern über noch mehr geschätzte Kollegen folgt. Von Toumani Diabaté habe ich nur die CD, die er zusammen mit Ali Farka Toure aufgenommen hat (In the Heart of the Moon). In einem ARTE-Feature über Toure wurde auch auf diesen Ausnahmemusiker verwiesen und wer dann einmal sein Spiel gesehen und gehört hat, der erkennt den Virtuosen, dessen gesammtes Leben der Griot Tradition gewidmet ist.

1 Kommentar:

Stefan Richter hat gesagt…

Woher weißt du das mit Toumani Diabaté?

Ein Buch von Trojanow (Der Weltensammler) liegt bei mir im Zimmer. Ausgeliehen von einer Freundin und noch ungelesen!

Ich habe gerade in einer Liste zur Löschung vorgeschlagener Artikel in der deutschen Wikipedia rumgelesen und mich königlich amüsiert, wie viele Leute meinen, ihr Doktortitel reicht aus, um sich in der dritten Person anzureden!
Ich verneige mich vor fast jedem, der einen solchen Titel trägt, aber wer trotz der Auszeichnung nicht beurteilen kann, ob der eigene Geburtsort und die Schuhgröße für die Öffentlichkeit relevant sind, der fällt tief in meinem Ansehen. :D

Den River Volta hätte ich doch tatsächlich in Sekundenschnelle auf der Afrikakarte (-kaka-, schöne Silbenfolge!) antippen können! Dabei hatte ich neulich sogar Schwierigkeiten, Kassel zu finden...
Der Grund, warum mir der Volta so "vertraut" ist: In meinem Klassenzimmer hing die gesamte Oberstufe eine Karte des exotischen, unzivilisierten, wilden Kontinents. (Oh süße Ironie.)
Die haben wir vor der Entsorgung bewahrt und aufgehängt. Monatelang sah ich das Wort Volta neben mir, wenn ich mich in langweiligen Stunden mit dem Stuhl an die Wand - und damit an die riesige Karte - zurücklehnte. Das erinnerte mich immer schmerzhaft an The Mars Volta, die großartigste Band überhaupt... Ich kann mich erinnern, dass der Abschnitt neben meinem rechten Ohr mit Obervolta beschriftet war.

Entschuldige der langen Kommentar! Ich geh die Simpsons schauen (in Martins Zimmer) :D

Stephanos