Sonntag, 14. Oktober 2007

Palaver Sauce

Gestern war das Abschiedsessen für die Besucherin aus Accra. Sie hatte einen kleinen Kreis von Menschen aus Ghana und mit Ghana-Erfahrungen eingeladen und verwöhnte uns. Palaver Sauce (mit Rindfleisch), Groundnut Stew (mit Huhn) und dazu gekochte Plantain, Yam, Reis oder Kelawele (frittierte Plantain Chips). Es gibt übrigens in der Wikipedia einen guten Artikel zur ghanaischen Küche.
Immer wenn jemand fragt, wie ich so viel zunehmen konnte, verweise ich auf meine Reisen nach Ghana und den kulinarischen Festen mit vielen Tausend Kalorien in jeder Mahlzeit. Gestern gab es zum Abendessen wahrscheinlich auch mehr Energie, als sonst an einen Tag verarbeitet wird.
Als wir alle satt und glücklich am Tisch saßen, ging ich noch einmal mit der Gastgeberin nach oben in meine Wohnung. Ich hatte ihr einen Tag zuvor erzählt, dass die ISS sehr deutlich über Hannover zu sehen sein würde. Die Raumstation ist meiner Meinung nach eines der wichtigsten internationalen Wissenschaftsprojekte! Die genauen Angaben zur Position der ISS waren notiert. Und pünktlich auf die Minute ging ein „Stern“ im Westen auf, wurde schnell zum hellsten Objekt am sternenklaren Himmel und zog zwei Minuten später fast senkrecht über uns hinweg. Leider sind mit meinem Fernglas (8x40 oder 8-fache Vergrößerung) noch keine Details zu erkennen. Hierzu muss ich weiterhin auf die die aktuellen Bilder der NASA zurückgreifen.
Zurück in der anderen Wohnung redeten wir über die Lebenswirklichkeit in Accra. Mit der "neuen" Regierung (acht Jahre im Amt), die sich Weltbank/IMF und generell der makroökonomischen Umstrukturierung angedient hat, wird jährlich ein Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens festgestellt. Auf Nachfrage konnte aber kein Beispiel für eine wirtschaftliche Besserung im eigenen Umfeld benannt werden. Das Leben in Accra wird in wirtschaftlicher Hinsicht als Krise empfunden. Als eine Konsequenz dieser fehlenden wirtschaftlichen Verbesserung hat die Korruption wieder epidemische Ausmaße angenommen und nachts regiert nun auch in Accra das Verbrechen und die Angst.
Paradies lost, nach 9 pm sollte man nicht mehr alleine unterwegs ein und Nachttaxis ist nicht mehr zu trauen. Schusswaffen sind aufgetaucht und werden auch benutzt.
Weltbank + Co. sind glücklich. Kredite und Investitionen sind nun sicher, sprich in Ghana erwirtschaftete Gewinne können und werden in den Norden transferiert. Das mag platt klingen, ist aber leider die Realität.

Korruption ist überall wurde erzählt. Wer regelmäßig einreist, und dabei ist es unerheblich, ob diese Person aus Ghana stammt oder ein Blafonyo (=Weißhäutiger) ist, muss bereits im internationalen Bereich des Flughafens Schmiergeld zahlen, damit das Gepäck ohne weitere Probleme das Gebäude verlassen kann. Die Beamten sprechen von „private talk“ oder „we need food“ und verlangen etwa €5,00 für ein Durchwinken. Sollte in dieser Situation ein Polizist gerufen werden, um das korrupte Verhalten eines Zöllners anzuzeigen, wird es nur noch schwieriger, denn der Gesetzeshüter verlangt noch mehr Schmiergeld. Dies funktioniert natürlich nur, weil diese regelmäßig einreisenden Menschen stets Güter (Mobiltelefone oder andere technische Geräte) dabei haben, die Sie als Geschenke mitbringen und eigentlich (es handelt sich um große Familien, die beschenkt werden wollen) diese Güter verzollen müssten.
Die Steigerung des Nationaleinkommens basiert auf den Gewinnen, die das Land verlassen (früher wurde dies deutlich als Ausbeutung bezeichnet), einem schnellen wachsenden Reichtum der politischen Elite und ihrer Großfamilien und einem Ausbau der Infrastruktur. Nur im letzten Fall, haben die normalen Menschen einen Vorteil aus den Entwicklungen der letzten Jahre. Die Straßen werden besser und es wird nicht mehr so viel Zeit im Stau verschwendet.

Es war kein schönes Bild von Accra, Ghana, dass sich vor mir entfaltete.

Keine Kommentare: