Im befreundeten Blog von Filipe wird eine Debatte zum europäische Gedanken gewünscht. Die Europäerinnen und Europäer unter meinen Leser sollten deshalb mal hier vorbeischauen und einen Beitrag leisten.
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Mein Beitrag, der eigentlich in Filipes Blog erscheinen sollte, ist zu lang für die Kommentarspalte, die nur 4.096 Zeichen umfassen darf, deshalb folgt er hier:
Ich stimme Filipe zu. Es ist eine veritable Krise.
Die so genannten reichen Länder polemisieren gegen die so genannten armen Länder. Deutschland ist reich, auch wenn die Zahl der verarmten und armen Menschen anwächst (da in der internationalen Statistik das wachsende BIP zählt, und da unsere Reichen heute viel reicher sind als vor 10 Jahren, geht es "uns Deutschen" viel besser als vor 10 Jahren). Unsere Kanzlerin, ihre Regierung aber auch große Teile der Opposition lassen es an Solidarität nicht nur mangeln, sondern tun so (und reden in populistischen Anfällen=intellektuellen Ausfällen) als wäre die Krise von den "Armen" Ländern zu verantworten.
Die wirtschaftliche Krise in den mediterranen Ländern Europas ist nur zum Teil hausgemacht. Es ist banal, wird aber scheinbar immer wieder gerne in der öffentlichen Debatte falsch dargestellt. Es verschwindet kein Geld in Griechenland, Italien, Spanien oder Portugal. Geld verschwindet nicht, Geld wechselt nur seinen Besitzer. Es ist im Interesse der Rating-Agenturen, Staaten in den Bankrott zu schreiben, da sie dann als Berater damit Geld verdienen. Die Zinsen für Staatsanleihen werden am freien Markt gebildet, obwohl dies auch im europäischen Verbund möglich wäre. Es sollte stets öffentlich thematisiert werden, wohin die Gelder schließlich fließen. Deutsche Banken (u.a.) verdienen sehr viel an der Krise.
Die europäische Krise ist auch und vor allem eine demokratische Krise, denn die Elite (und dies beinhaltet Regierung und parlamentarische Opposition) hat den Schaden durch ihre Kombination von Liberalisierung und angeblicher haushaltspolitischer Austerität den Staat um seine Einnahmen gebracht. Der schon geisteskrank anmutende Wachstumsfetischismus, der die Grundlage diese Sekte (denn es kann kein unendliches Wachstum auf einer endlichen Welt geben und nur Sekten glauben an das Unmögliche) würde alle finanziellen Probleme lösen. Ich musste mich schon an den Kopf fassen, als ich bei den anderen wirtschaftlichen Blasen las, dass Akteure glaubten, dass ein Spekulationsfeuer mehr als ein Strohfeuer ist.
Wirtschaftlich sollten die Staaten es als eine Chance sehen. Vor allem Griechenland ist in seiner internationalen Bewertung so tief gesunken, dass es nun einen großen Schnitt machen kann. Spekulationssteuern (Börsentransaktionssteuern) werden seit Jahren international nicht nur von ATTAC gefordert. Dies wird dann stets von der jeweiligen Regierung nicht weiter verfolgt, da ihnen die Wirtschaft verdeutlicht, was für umfassende Schäden ein Alleingang bedeuten kann. Es würden dann internationale Investitionen abgezogen und keine neuen kommen. Seien wir doch ehrlich, es sind oftmals keine Investitionen (mittel- oder langfristig Ziele) sondern Spekulationen (kurzfristig viel Geld gewinnen). Griechenland, aber auch Spanien und Portugal können nicht weiter verlieren. Sie haben die Chance mit so einer Steuer, die Gefahr von weiteren Strohfeuern in ihren Ländern zu reduzieren. Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit diejenigen zur Kasse zu beten, die an der vorherigen Spekulation sich dumm und dämlich verdient haben. Das sind keine anonymen Institutionen und Fonds, welche die Blase aufgebaut haben, sondern dahinter stehen Firmen und Manager, die sich auch benennen lassen.
Doch dann bin ich wieder pessimistisch, denn die griechische Politik-Elite ist genauso korrupt, wie in Deutschland, etc.
Ich halte es deshalb auch für keinen Zufall, dass sowohl in Griechenland (googelt mal Aganaktisméni) oder Spanien (Democracia Real Ya) basisdemokratische Bewegungen die bestehenden politischen Parteien herausfordern.
Doch zurück zu Europa und hier vor allem der EU. Es gibt eine europäische Idee und viele von uns glauben an eine europäische Identität. Diese Idee muss von der EU gepflegt und gehegt werden und dies bedeutet, dass die EU sich viel stärker um das europäische ihrer Identität kümmern muss. Es kann nicht angehen, dass es große moralische Erklärungen gibt, aber, dass wenn ein EU-Mitglied diese Grundsätze verletzt, dies nicht offiziell kommentiert wird. Wenn Dänemark Grenzkontrollen will, OK, dann sollen sie auch das Schengenabkommen kündigen und ihrer Bevölkerung klar machen, dass es keine unilaterale Politik innerhalb der EU gibt. Wenn internationaler Handel, Transithandel und internationaler Tourismus als spezielle Form der internationalen Wirtschaft plötzlich wieder Hemmnisse spürt, wird sich dies schnell in Dänemark bemerkbar machen und die aufgehetzte dänische Bevölkerung begreifen, dass geistige Brandstifter systematisch die politische Kultur im Land vergiftet haben.
Oder wenn die polnische und rumänische Regierung lügend behaupten, dass sie keine Foltergefängnisse für die CIA unterhielten, obwohl dies vom Europa-Rat bewiesen wurde. Warum nicht einmal das Stimmrecht eines Landes in der EU für einige Monate suspendieren und EU-Zuschüsse reduzieren. Europa lebt von einer Idee zivilisatorischer Fortschritte und wer auf diese pfeift, sollte befristeter Sanktionen unterliegen.
Die EU sollte mehr als eine Wirtschaftsunion sein!
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