Dann stand ich schließlich doch im Duomo (Cattedrale di Santa Maria del
Fiore) in Firenze. Vor dem Gebäude war eine Menschenschlange, die
sich um die Ecke bis zur Mitte des Langhauses wand. Es war eine
ständige Bewegung und so stellten wir uns auch an.
Bewusst, aber ohne darüber gesprochen zu haben, hatten wir beide für diesen
Besuch eine lange Hose angezogen. Vor fast allen Kirchen waren die
graphischen Hinweise auf angemessene Kleidung (Schultern,
Oberschenkel und Knie bedeckt) zu sehen. So auch hier, nur waren hier
wirklich Bedienstete mit dem Stadtwappen, welche entlang der Schlange
gingen und Personen ansprachen, die nicht angemessen bekleidet waren.
Gerade Teenager und junge Frauen in der aktuellen Mode, die ihre ungesunde
Magersucht zeigten, wurden angesprochen. Viele hatten in einer
Handtasche ein Tuch dabei, andere wickelten ihre Jacke tief über die
Hüfte, um die notwendige Bedeckung zu erreichen. Doch Männer hatten
nicht unbedingt etwas dabei und ich sah einen älteren Mann, der
nachdem er angesprochen wurde, die Schlange verließ und ging.
Ich war zunächst positiv überrascht, wie strikt hier eine Regel zum
Schutz einer katholischen Tradition geachtet wurde. Aber so war es
dann doch nicht, denn die jungen Frauen verlängerten ihre Miniröcke
und Hotpants nur um 1-2 Handbreit und alleine das Bemühen wurde
honoriert und sie durften in den Dom.
In anderen Kirchen habe Frauen mit Spaghetti-Trägern oder sogar mit durchsichtigen Oberteil, der die Lingerie betonte gesehen. Da gab es niemand, der angemessene Kleidung verlangte.
Die Schilder vor den Kirchen haben noch weitere Piktogramme (Ruhe, kein
Blitzlicht in der Kirche, etc.) und einige werden in den Kirchen auch
durchgesetzt. Habe selbst schon erlebt, dass leise Gespräche oder
Erklärungen unterbunden wurden. Im Dom war es zum Beispiel
unerwünscht, dass die wenigen Stühle, die es dort gab, benutzt
werden. Diese waren ausschließlich für andere Zwecke.
Das Blitzlichtverbot wurde nicht durchgesetzt. Der Dom ist angefüllt mit
vielfarbigen Gemälden und Fresken und die Lichtmenge gefährdet die
Bilder. Es wird zwar auch viel spekuliert, dass es sich vor allem um
eine Verkaufsförderung der eigenen Postkarten (exit through the gift
shop) handelt, aber das intensive Licht gefährdet tatsächlich
Farben und Schriften, auch wenn ein einziger Blitz vernachlässigbar
ist.
Im Historischen Archive der EU erfuhren wir zum Beispiel, dass
den Wissenschaftlern das Fotografieren ohne Blitzlicht erlaubt ist,
denn diese Vervielfältigung der Dokumente ist eine geringere
Belastung für die Dokumente als zum Beispiel das Anfertigen einer
Fotokopie.
Keiner sprach die blitzenden Touristen an und dabei gab es
bei der Menschenmenge mehr als ein Blitz in jeder Sekunde, auch wenn
möglicherweise bestimmte Gemälde nur alle paar Sekunden beleuchtet
wurden.
Dieser Widerspruch ist mir unverständlich. Auch wenn die religiöse Kunst
erst nach Jahrzehnten sichtbare Schäden zeigt, schneidet sich die
Kirche ins eigene Fleisch. Denn wenn die Farben der Bilder verblassen, werden diese
auch nicht mehr so attraktiv für Besucher sein.
Leicht Bekleidete werden wie "Blitzer" im Stadion behandelt, aber
diese Blitzer werden ignoriert und können ihre egozentrische
Zerstörung des menschlichen Kulturerbes fortsetzen.
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