Die Hinfahrt nach Firenze war keine ungeteilte Freude. Wegen einer Bahnbaustelle in Bayern erhielt ich vor einer Woche einen Verspätungsinformation mit einem neuen Reiseplan für mein vor drei Monaten gekauften Ticket. Der neue Reiseweg über die Schweiz war so unattraktiv, dass ich direkt zum Bahnschalter ging und in einem langen Gespräch mit verschiedenen Versuchen Alternativen andere Reisewege zu finden, war ich schließlich besser gestellt als vorher.
Ursprünglich hätte ich für diese Strecke dreimal Umsteigen müssen, bis ich in Innsbruck den CNL nach Firenze mit meiner Sitzplatzreservierung besteigen würde. Nun war es ein Direktzug nach München, wo ich am Ausgangspunkt des genannten CNL bereits meinen Platz einnahm.
Auf den 100 km zwischen München und Garmisch kletterte der Zug bereits 180 Meter hoch. Die Strecke war zum Teil einspurig und entsprechend hatten wir immer wieder in kleinen Bahnhöfen wie Huglfing Aufenthalte, um entgegenkommende Züge passieren zu lassen. Es zeigten sich die steilen Nordhänge der Alpen, teils bewaldet, teils bis ins nackte Gestein. Ab Garmisch ging es dann weiter mit der einspurigen. Vor Garmisch war bereits Sonnenuntergang und so war danach Vieles nur in Schemen mehr zu ahnen als zu sehen.
Von Garmisch (708m) klettert der Zug bis Seefeld auf 1.128 Höhenmeter, wie auch klar in den Ohren zu spüren war. Da Innsbruck dann nur auf 631m liegt, ging es schnell wieder hinab und vor Innsbruck fuhren wir sehr hoch am Talrand und sahen die hell erleuchtete Stadt mit ihrem Farbenspiel.
Der Fahrplan sieht lange Stopps in Garmisch und Innsbruck vor, da nur so wegen der außerplanmäßigen Stopps, um Züge passieren zu lassen, so etwas wie ein Fahrplan eingehalten wird. Direkt nach München gab es bereits die Durchsage, dass es auf der Fahrt keine Durchsagen geben würde, da es ein Nacht/Schlaf-Zug sei. Informationen zur Weiterfahrt mussten direkt beim freundlichen Schaffner erfragt werden.
Ich hatte als Einziger im Waggon ein Abteil für mich alleine, aber auf Nachfrage bei der Fahrkartenkontrolle erfahren, dass auch dieses Abteil vollständig ausgebucht war, aber die anderen Plätze erst in Innsbruck eingenommen würden.
Ich hatte ein günstiges Europa-Spezial-Ticket und erwartete wie vor eineinhalb Jahren im Nachtzug Basel-Chiaso auf meiner Fahrt zum EK Treffen in Genova ein Schlaf-Sitzplatz, wo ich mich ausstrecken und anlehnen könnte. Leider war es ein alter D-Zug-Waggon mit 6-er-Abteilen, die nur eine geringe Sitzplatzveränderung erlaubten.
Es war ein Waggon von 1991 und es war tatsächlich in den 1990-er Jahre vor der Abschaffung der D-Züge, dass ich zuletzt so einen unbequemen Platz hatte. Dieser Platz war für elf Stunden meine Basis und steigerte meine Unzufriedenheit so weit, dass ich mir sagte, so etwas mache ich nicht noch mal.
Gegen 23 Uhr stieg in Innsbruck eine fünfköpfige, deutsche Familie zu und irgendwie versuchten wir alle eine nicht zu unbequeme Position zu finden und so in den Schlaf zu finden. Doch was ist schon Schlaf, wenn nach dem Grenzübertritt nach Italien wir alle fünfmal durch Lautstärke oder durch eine Fahrkartenkontrolle geweckt wurden. Immer wieder wurde die sich schlecht schließende Tür zum Gang mit Krach geöffnet und jemand schaute in unser unbeleuchtetes Abteil auf der Suche nach einem Sitzplatz. Auf dem hell erleuchteten Gang wurde ständig lautstark Italienisch geredet und bei Bahnhofsaufenthalten (zum Beispiel Verona) Fenster zum Bahnsteig und damit eine weitere Krachquelle geöffnet. In Bologna verließ die Familie den Zug und drei Italiener nahmen Platz. Die Vorhänge zum weiterhin erleuchteten Gang wurden beiseite geschoben, um die wenigen Aktivitäten im Bahnhof vom Sitz zu beobachten. Damit war nach drei Stunden Schlaf (?) aufgeteilt in vier Stücke gegen 4 Uhr morgens meine Nacht vorbei. Viertel nach Fünf ging es endlich weiter Richtung Firenze, wo ich total übermüdet um 6:15 Uhr aus dem Zug stieg.
Unser Gastgeber hatte uns viele Informationen gegeben, darunter wo man billig Busfahrscheine erhält und wo man ein Frühstück bekommt. Wir beide hatten uns darauf geeinigt, dass ich nicht unmittelbar zu ihn fahren würde, so dass er noch ein wenig schlafen könnte. Das war dann aber auch nötig, denn die Busfahrkartenstelle machte erst nach 7 Uhr auf und ich musste mit meinem dreiteiligen Gepäck weit laufen, um zumindest eine Tasse Kaffee zu bekommen.
Dann musste ich mich mit einer spezifischen Form der Unpünktlichkeit auseinandersetzen. Die städtische Buslinie in Richtung zur EUI fährt an einem Samstag nur alle halbe Stunde und ich war etwa fünf Minuten vor der Abfahrt an der Haltestelle, wo sonst niemand wartete und nach zehn Minuten war der Bus immer noch nicht da. Ich ging in den Ruhemodus und nach zehn Minuten kam ein Bus der benachbarten Linie weitestgehend pünktlich. Weiter warten und sieben Minuten vor der Abfahrt des nächsten Busses meiner Richtung kam ein Bus an den Startpunkt der Linie und fuhr sechs Minuten vor dem Fahrplan los. Das war dann wohl auch eine halbe Stunde vorher passiert. Denn vor der Ankunft dieses verfrühten Busses kamen so nach und nach immer mehr Passagiere für die Linie 1A und mit der verfrühten Abfahrt war die Bushaltestelle wieder verwaist. Fahrpläne sind zur Beruhigung und signalisieren nur, dass regelmäßig ein Bus verkehrt.
Es tat so gut F. zu begrüßen. 19 Stunden nachdem ich meine Wohnung in Hannover verlassen hatte, stand ich in seinem Appartement und die Freuden des Europa-Kollegs 2014 begannen.
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