Donnerstag, 8. Januar 2015

Unzeigbares gezeigt

Gestern wurde ich schockiert. Ich sah einen Mord!
Im Fernsehen und Kino habe ich sicherlich schon viele Tausend Schauspieler bei der Inszenierung ihres gewaltsamen Todes gesehen, doch gestern war es ein realer Mensch.

Der Terroranschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo und damit auf die Freiheit des Wortes war vor wenigen Stunden geschehen, als ich dies über ein Internetportal erfuhr. Dort gab es einen Ticker, der Agentur-Nachrichten und Twittereinträge kombinierte. Jörg Diehl von SPON hatte einen Link zu einer niederländischen Seite gesetzt. Da gab es dann diesen Kurzfilm, wo zu sehen war, wie die beiden Terroristen ihr Fluchtauto verlassen, ihre Maschinengewehre in eine Richtung halten und abdrücken. Ein Kameraschwenk zeigte einen niedergeschossenen Polizisten, der etwas rief und seinen Arm hob. Einer der Terroristen ging auf ihn zu und schoss ihn aus kurzer Distanz in den Kopf.

Darauf war ich nicht gefasst. Ich weiß es gibt diese hyperrealen Videoaufnahmen, doch bisher blieb ich von diesen verschont, weil die von mir genutzten Medien (Spiegel, taz, Tagesschau, heute) bewusst solche Bilder nicht verbreiten, da diese nicht nur schockierend brutal sondern auch Propaganda für die Täter und ihre Ideologie sind. Nun hatte Spiegel online (=SPON) gegen diese Regel verstoßen.
Die Produzenten dieses Videos, die es ungeschnitten ins Netz stellten, unterstützen damit die Terroristen.

Von den vielen Karikaturen, die entstanden, beeindruckte mich die Folgende. Der französische Graphik-Designer Jean Jullien hat die Tragik und Konsequenz des Terroranschlag in folgender Zeichnung festgehalten. Er hat das Bild auf seiner Webseite und seinem Twitter-Konto veröffentlicht:
Jean Jullien, “Je suis Charlie” (2015) (via Twitter)
Die Auswirkungen solcher Terroranschläge und die allgemeine Furcht in einigen Redaktionen wird im Dokumentar-Film "Ausgelacht!? Karikaturen und Pressefreiheit" (Belgien, Frankreich 2012, Regie: Olivier Malvoisin), der derzeit noch bei ARTE+7 zu sehen ist, gezeigt.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das ungeschnittene Video habe ich nicht gesehen. Zum Glück. Ich möchte so etwas nicht sehen - und denke auch nicht, dass es einen Nachrichtenwert hat. Daher finde ich es (genau wie du) wirklich gut, dass die (meisten) Medien vorher filtern.

Der gestrige Anschlag hat mich sehr erschüttert. Es ist schwer zu verstehen, was da eigentlich genau passiert ist.

Brauel in Ulaya hat gesagt…

Mich hat der Mordanschlag erschüttert.
Gestern wurde eine DOKU auf ARTE wiederholt ("Ausgelacht! Karikaturen und Pressefreiheit", 2012) welche davon handelte, wie Drohungen in einige Redaktionen schon zu subtilen Zensur führten. Es werden u.a. auch der ermordete Karikaturist und Chefredakteur von von Charlie Hebdo befragt. http://www.arte.tv/guide/de/046174-000/ausgelacht

Anonym hat gesagt…

Ja, die Doku habe ich gestern Abend auch geguckt. Sie ist wirklich sehr emfehlenswert.