Ich komme vom platten Land, bin aber seit mehr als 30 Jahren Großstädter. Meine Besuche in meiner Heimatregion sind ein Regulativ zum Diskurs unter Freunden in der Stadt. Intellektuelle Zumutungen der Xenophobie und der Menschenverachtung erreichen mich in der Regel nur über die Medien und wenn ich mit offenen Ohr mich im öffentlichen Nahverkehr bewegen lasse.
Auf dem Lande lese ich die lokale Zeitung, um den anderen Diskurs besser zu verstehen.
Die Kreiszeitung - Neue Stader Wochenblatt ist eine kostenlose Wochenzeitung, also ein Werbeblatt mit wenigen eigenen Artikeln. Neben der Langeweile über Unfälle, Jubiläen, Neueröffnungen und anderen Berichten, die auch als Werbung für einen lokalen Betrieb verstanden werden können, fand ich "Das Einkaufswagen-Märchen".
Der Redakteur Jörg Dammann schreibt aus Harsefeld über aktuelle urbane Legenden. Flüchtlinge die Ausgabestelle der Tafel geplündert haben oder mit vollen Einkaufswagen ohne Bezahlung einen Supermarkt verlassen und die Polizei will keine Anzeige aufnehmen, etc.
Es sind dies die Gerüchte, die auf dem platten Land (und sehr wahrscheinlich auch in der Großstadt!) an Stammtischen und in Kaffeekränzchen kursieren oder eben generell in den digitalen sozialen Medien. Es ist alles Quatsch und der Redakteur macht das, was jeder Journalist machen sollte. Er fragt bei der Tafel und bei Supermärkten nach.
Es ist natürlich alles erfunden und so unwahrscheinlich, dass man lachen müsste.
Doch auch in der Familie habe ich schon den Unsinn hören müssen, dass Polizisten Anzeigen wegen kleiner Ladendiebstähle nicht annehmen wollten. Nur der Appell an den gesunden Menschenverstand verdeutlichte den Unsinn dieser bösartigen Geschichten.
Jörg Dammann "Das Einkaufswagen-Märchen: Wenn haarsträubende Geschichten über Flüchtlinge kursieren", Kreiszeitung Wochenblatt, 21. März 2016
(Blick auf die Elbe durch einen Schutzzaun am AKW Stade) |
(siehe auch Intelligenzflüchtling und AberNazi)
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