In Hannover gibt es seit der Eröffnung des Astor Grand Cinema jede Woche mehrere Filme im englischen Original. Es ist angenehm, dass nun nicht mehr auf das Erscheinen des Videos gewartet werden muss, um Filme mit den richtigen Stimmen zu sehen. Dies gilt auch für animierte oder in diesem Fall teilanimierten Filmen. Bill Murray (Baloo), Ben Kingsley (Bagheera) und Scarlett Johansson (Kaa) wurden sicherlich nicht nur wegen ihrer bekannten Namen, sondern wegen ihrer eindeutig zu erkennenden Stimmen eingestellt.
Der Film lief im Original nur in 3D, was eine Verschwendung von zwei Euro ist wie bereits bei Disneys Alice. Trotz Animation kommt das Potential der 3. Dimension nur selten überzeugend zum Einsatz (siehe dagegen meine positiven Beobachtungen für 3D im Fall von Avatar und Hobbit 1 und 3 ).
Das Dschungelbuch (2016) fordert zum Vergleich mit dem Zeichentrickfilm von 1967 heraus. Auffällig ist bei der Neuverfilmung die veränderte Größe der Tiere. Mowgli ist bei Kipling ein Junge von etwas über 10 Jahren und hat eine entsprechende Größe. Egal ob die familiären Wölfe, oder die Freunde Baloo und Bagheera, alle sind um mindestens den Faktor 2 größer als in der Natur. Hier war die alte Zeichentrickfasssung realistischer. Diese Verzerrung der Größen ist solange kein Problem für die Geschichte bis King Louie auftritt. Seine Größe reicht über zwei Etagen des Dschungelpalastes und er wird damit zu einem King Kong. Wenn er die große Frucht Papaya isst, dann sieht es aus, als wenn er sich Erdnüsse in sein Maul steckt.
Dies ist auch meine Hauptkritik. Der Gigantopithecus King Louie (1967 noch ein Orang-Utan) und die nicht enden wollende Schlange Kaa sind so disproportional zu allem anderen Wesen, dass der visuelle Eindruck dieser Kapitel gestört wird.
Der Film ist düster, es ist wahrlich kein Film für kleine Kinder. Der Dschungel ist dunkel und unübersichtlich und Schwarzblenden strukturieren zwar die Kapitel, befremden aber auch. Der Film ist vor allem eine Neuerzählung der Geschichte von 1967, aber es wurde offensichtlich auch wieder in die beiden Bücher von Rudyard Kipling geschaut. Die ersten zwei Strophen des Law of the Jungle werden mehrmals zitiert und der Vers "For the strength of the Pack is the Wolf, and the strength of the Wolf is the Pack" gelebt.
Der fröhliche Film von 1967 bleibt im Ohr. The Bare Necessities (Probier's mal mit Gemütlichkeit) von Baloo (gesungen von Bill Murray!) und I Wan'na Be Like You (Ich wäre gern wie Du) von King Louie bleiben Ohrwürmer (die vier Links führen zu den Ohrwürmern von 1967). Erinnert ihr euch an diese Lieder? Diese zwei Lieder kommen auch im neuen Film wieder und besonders das erste Lied wird sehr schön eingeführt.
Beide Filme zeigen alle Akteure als Charaktere mit guten und schlechten Eigenschaften. Der Egoist Baloo ist mehr als diese negative Umschreibung und Bagheera verschweigt viel, um Mowgli zu beeinflussen. Und selbst der Tiger Shere Khan ist nicht nur ein brutaler Jäger. Und Mowgli ist ein schwer zu kontrollierendes Kind.
Es gibt Szenen, die sind wunderbar, wie zum Beispiel das Einsetzen der Trockenheit und der daraus folgende Frieden der Wasserstelle. Leider gibt es dann aber auch Action-Szenen (zum Beispiel eine Schlammlawine), die so überbordend sind, dass sie die Erzählung stören.
Keine Begeisterung, aber eine gute Unterhaltung und so bekommt der Film 7 von 10 möglichen Punkten.
Auf dem Fahrrad oder zu Fuß ertappte ich mich dabei, wie ich leise einen der Ohrwürmer summte oder sogar sang. Stets kam ein Lächeln auf.
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Der Film basiert auf einigen der Erzählungen, die Rudyard Kipling 1894 und 1895 veröffentlichte. Ich empfehle die Übersetzung von Gisbert Haefs von 1987.
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