Mittwoch, 26. Oktober 2011

Schlammbowle

Man nehme:
Saft, Sekt, Wodka und Vanilleeis oder schaue hier.

In einem großen Plastikeimer vermischten sich die unterschiedlichsten Flascheninhalte. Die Farbe, Konsistenz und vor allem der Geruch erinnerten mich an die Schlammbowle, die in den 1990-er Jahren für unsere jährlichen WG-Partys angerührt wurde.
Ich stand im Vorratskeller eines kleinen Hauses und leerte angefangene Flaschen. Über Jahrzehnte hatten sich mehr als 75 Flaschen angesammelt und einige waren geöffnet wurden. Alles sollte weg und die Flaschen ins Altglas.
Fast alle Flaschen erzählten ihre Geschichte, denn es war jeweils ein kleiner Aufkleber befestigt. Bei gekauften Flaschen war das Wer und Wann und bei selbst abgefüllten Getränken das Was und Wann notiert. Die älteste Flasche war mit einem selbst gemachten Himbeersaft aus dem Jahre 1964 gefüllt. Der Inhalt war geliert und entsprechend schwierig aus der Flasche zu bekommen. Doch es waren auch Flaschen mit Korn, Wodka, Doppelkorn, Wein und Obstler dabei. Diverse Flaschen waren mit selbst gemachten Früchte-Likör gefüllt. Die Schlehen und die Beeren waren ähnlich schwierig wie das Gelee zu entfernen. Doch es waren nicht nur angefangene Flaschen. Etwa zwei Dutzend Flaschen wurden von mir erstmals geöffnet und geleert.
Immer wieder ging es mit dem Eimer zur Toilette, um die Schlammbowle zu entsorgen. Natürlich gab es Spritzer, vor allem beim Herausspülen der schwierigen Inhalte und so rochen irgendwann nicht nur meine Hände wie eine Studentenparty um 3 Uhr morgens.
Die Arbeit war Teil einer beginnenden Haushaltsauflösung. Alle Flaschen wurden schon vor Jahren in den Keller verbannt. Manche waren so schlecht verschlossen, dass ein wesentlicher Inhalt bereits verduftet war oder anders gesagt, dass das C2H6O zu C2H4O2 oxidiert war.

Es fand sich auch ein Chianti Classico aus dem Jahre 1983 in einer Korbflasche mit geflochtener Strohumhüllung. Am Abend wurde der Korken gezogen und der Rotwein dekantiert. Farbe, Geruch (und Geschmack) zeigten, dass er nun mehr von einem Portwein als von einem Rotwein hatte. Es war kein vollendeter Genuss, aber das zweite Glas schmeckte mehr als interessant.

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