Einige Erkenntnisse aus einer Fortbildung.
Evaluation ist en vogue. Es gab und gibt bestimmt die Notwendigkeit Projekte, Programme und Institutionen, die öffentliche Mittel erhalten, regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob sie die ihnen zugesprochenen Mittel zweckgebunden und rational verwenden. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Auf der Ebene der Finanzen ist dies relativ einfach möglich. Finanzpläne und Monitoring sollten eine kontinuierliche Übersicht über den Mittelfluss ermöglichen, so dass Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt und gestoppt werden können. Doch wie ist es mit den Zielen eines Projektes, Programms oder einer Institution? Dies kann und sollte in einer Evaluation überprüft werden.
Doch gibt es ein Missverhältnis zwischen den Wunsch nach Evaluationen von externen Führungskräften (Beiräte, Politiker, Geldgeber) und der Vielzahl von in ihren jeweiligen Sektor funktionierenden Programmen und Projekten. Hier setzt die Kritik ein, die von einer Krankheit der Evaluitis (FREY 2006) spricht.
Es wird alles evaluiert, für alles werden Ziele und Programme zur Erreichung dieser Ziele definiert, es werden Indikatoren gesucht und ausgewählt und sehr viel Arbeitszeit und vor allem Geld darauf verwendet, alle Programme und Projekte rationaler zu gestalten. Dies ist vermutlich ein Ausfluss der zunehmenden Durchdringung aller Lebensbereiche durch die Scheinrationalität der Ökonomie. Wie lässt sich ein kulturelles Projekt oder ein Projekt im Mischbereich von Bildung, Kultur und Politik (EK!) evaluieren?
Es gibt andere Möglichkeiten, die gerade von kleinen Projekten selbstverständlich praktiziert werden. Finanzpläne und die regelmäßige Berichterstattung über die Veränderungen im Plan oder schließlich die durch Quittungen belegten realen Ausgaben sind Pflicht. Regelmäßige Gespräche mit den in einem Projekt beteiligten Personen als Vertreter von Institutionen sollten selbstverständlich sein. Genauso wie das Einfordern von Feedbacks und die folgende Auswertung und mögliche Anpassung eines Projekts oder Programms.
Evaluationen werden auch missbraucht. Führungskräfte fordern eine externe Evaluation, um ihre bereits beschlossene Befristung eines Programms rational zu begründen. Jede gute Evaluation sollte auch Schwachstellen, Probleme und Risiken aufzeigen. Interessanterweise werden Evaluationen, die aus einer Institution heraus extern oder intern organisiert werden und viele Probleme besonders bei etablierten Programmen aufzeigen, oftmals nicht umgesetzt.
Auf einer aktuell besuchten Fachtagung der Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel (in Kooperation mit der Kulturpolitischen Gesellschaft) wurden von kommunalen Spitzenvertretern (keine Politiker, sondern Verwaltungsspitzen) mehrere Beispiele vorgeführt, die zeigen, dass die etablierten Programme zumindest eines mit Perfektion beherrschen: Die Inszenierung ihrer Notwendigkeit in den Medien und effektive Lobbyarbeit gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, die selbst bei konstruktiver Kritik an überholten Institutionen und Programmen, diese nicht umstrukturieren oder auslaufen lassen.
Gerade dieser Missbrauch der Evaluation hat diesem eigentlich sinnvollen System der Bewertung einen zweifelhaften Ruf beschert.
- - - - - Literaturtipp:
FREY, Bruno S. 2006 :Evaluitis – Eine neue Krankheit. Institut für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich, Working Paper Series No. 293, 18pp.
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