Sonntag, 17. Juni 2007

Blue Shade von Bryan Reynolds’ in Praha

Eine Schauspielgruppe der University of California, Irvine spielt unter dem Namen Transversal Theater das Stück Blue Shade von Bryan Reynold. In Praha wurde diese Szenen aus Brooklyn zwei Abende im Disk-Theatre aufgeführt. Ich sah die erste Vorstellung am 25. Mai. Im Disk-Theatre gibt es Platz für vielleicht 200 Gäste und weniger als die Hälfte der Plätze waren schließlich besetzt. Am Eintritt kann es nicht gelegen haben, da selbst der normale Preis bei weniger als €4,00 lag.
Das szenische Stück kam mit minimaler Bühnenausstattung aus. Es standen auf der Bühne nur drei gepolsterte Chefsessel, die zu drehen und zu rollen waren. Als Sichtblende standen im Hintergrund Ausschnitte aus einem einfachen Ortsplan von New York, der verschiedene Teile von Brooklyn zeigte. Drei Schauspieler und zwei Schauspielerinnen spielten in den Szenen diverse Rollen. Die einzelnen Szenen wurden durch Schwarzblende beendet. Das Licht ging aus, die Stühle wurden im Dunkeln neu arrangiert und durch einfache Kostümergänzungen (andere Jacke, Kopfbedeckung, etc.) schlüpften die Personen in eine ihre bis zu vier Rollen.

Alle blieben in jeder Szene auf der Bühne, wenn sie nicht spielten, standen sie sichtbar hinter den niedrigen Ortsplänen. Nur ein Schauspieler spielte stets die gleiche Person. Joey Mazzoni einen Looser aus einer Mafia-Familie.

Das Stück ist heftig. Es handelt in einer nicht weiter definierten modernen Zeit in Brooklyn in den 1980-er oder 1990-er Jahren. Es geht um Kriminalität, Identitätssuche und die Perversionen des Reality Television, die jeden noch so obskuren Moderator, Thema und Gast eine Bühne geben und viele wollen dies auch sehen (auch in Deutschland).


Die Richtung wird gleich in der ersten Szene vorgegeben. Licht geht an und eine Frau ist zu sehen, die einen am Steuer eines fahrenden Autos sitzenden Mannes mit einem Blowjob befriedigt. Zum Höhepunkt kommt es zu einem Unfall, in dem der Mann stirbt. Schwarzblende. 2. Szene: Fernsehstudio, wo Menschen, die gerade auf tragische Weise einen geliebten Menschen verloren haben, unter Tränen ihr Herz ausschütten. Die Frau aus der ersten Szene beschreibt, wie sie ihren Freund verloren hat.
Es ist ein drastisches Stück, es ist ein brutales Stück; immerhin sterben vier der fünfzehn gespielten Rollen einen brutalen Tod. Ist die urbane USA wirklich so fucked up? Einige im Publikum hatte Problem mit den drastischen Szenen, wie an den „Oh“ und „Uh“ zu hören war. Der Sarkasmus, das man mit Medikamenten eine starke Persönlichkeit schaffen kann, die man benötigt, um in der grausamen Welt (der USA!) zu überleben, wurde klar auf die Spitze getrieben.

Die zum Stück verteilten Gedanken des Regisseurs Robert Cohen zeugen von der Hybris der US-amerikanischen Schauspielkunst. Er glaubt wirklich, dass er eine Geschichte erzählt, die weltweit gültig ist. Doch es ist nur die USA mit ihrer immer extremer auseinander gehenden Welten einer heilen, verlogenen Vorstadt-Wirklichkeit (die alte Zeit) und einer urbanen Lebenswelt, die eigene Werte geschaffen hat, die aber von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich sind und bekämpft werden. Diese neue Zeit ist eigentlich eine uralte Zeit in der nur der Stärkste überlebt.

Die letzte Szene ist wieder in einem Fernsehstudio und als der positivistische Wissenschaftler, den Erfolg seines persönlichkeitsverändernden Medikament mit dem Verlauf der erzählten Geschichte anpreist, endet dies im Applaus vom Band und wir das Publikum begriffen sehr spät, dass dies der Schlusspunkt war.
Es gab dennoch, das wichtigste Elixier für jeden Bühnenmenschen. Reichlich Applaus von unserer Seite.
Es war befremdlich und wir sprachen nur wenig über das Stück.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

gut dass du es so detailliert beschrieben hast, disk ist normalerweise vollgestopft:)vielleicht lag es an der sprachlichen Barriere da es nicht uebersetzt wurde. war ein gutes Stueck, bin sehr froh, dass es mit der Oper an dem Tag nicht geklappt hat

Brauel in Ulaya hat gesagt…

Meine Kritik an den Stück basiert an der Arroganz vieler US-Künstler, die ihre kleine Welt mit der großen Welt verwechseln. Was in Brooklyn oder Irvine relevant ist, muss keine Bedeutung in Europa haben.

Du hast bestimmt von der Empire-Debatte in der Politikwissenschaft gehört. USA als das Imperium in der Tradition von Rom und Großbritannien mit allen Schattenseiten.

Anonym hat gesagt…

ich denke aber, dass das Stueck auf alle Kontinente und auf alle Menschen Bezug genommen hat, man kann es abstrahiert ohne diese Detaills (die Bezug auf die US-amerikanische Realitaet nehmen)sehen