Reisetagebuch Osteuropa 2007
Frühstück in Balkonien und ich hatte diesmal auch keine Alternative. Auf dem Küchentisch standen bereits meine gesammelten Pflanzen. Meine Palme ist zwischenzeitlich raumgreifend und hoch und stand dort, wo ich normalerweise sitze. Es war sehr viel Wärme in der Luft und mehrmals war bereits zu dieser frühen Stunde ein Grollen und Rumpeln aus den sich im Nordwesten auftürmenden Wolken zu hören.
Seit Tagen war ich am Beobachten und gestern war es dann so weit, die erste Erdbeere war groß, fast reif und wurde nun gepflückt. Leicht sauer im Geschmack war sie ein Genuss. Die nächsten Erdbeeren wird die Freundin ernten, die meine Pflanzen wässert.
Nach einem letzten Sicherheitsgang – waren die Steckdosenleisten ausgeschaltet, waren Antennenstecker und Stecker von elektrischen Küchengeräten gezogen? – ging es mit vier Gepäckstücken los.
Am Donnerstagnachmittag hatte es noch einmal einen heftigen Adrenalinschub gegeben, der so ging, dass ich den Gedanken wälzte, ob ich die Reise absagen muss (die Gründe sind ehrrührig für den institutionellen Verursacher und werden deshalb hier nur doch diese Anspielung beschrieben), hatte ich nun fast alles für die Reise.
Ich brach deutlich früher als für mich üblich zum Bahnhof auf. Mir fehlten noch Slowakische Kronen und Rumänische Lei.
Tschechische Kronen ich bereits. In der Reisebank gab es dann nur ein Problem, sie hatten nur wenige Scheine dieser „exotischen“ Währungen. Ich kaufte alle vorrätigen SKK und RON auf und dies war nicht viel. Ich muss also in Poprad und Bukarest noch einmal zur Bank.
In der fruchtbaren, ausgeräumten Landschaft zwischen Helmstedt und Magdeburg sind die Windräder zwischenzeitlich prägend. Hunderte Räder der vorletzten und letzten Generation – konnte Vestas und Nordex lesen – drehten sich.
Vorher blickte ich immer nur kurz von der F.A.Z. auf, da ich auf den regelmäßigen Fahrten zur Arbeit mich bereits satt gesehen hatte und nur auf die kleinen Veränderungen achte. Für mich war es erstaunlich, wie wenig von den Narben des Braunkohletagebuchgebietes Helmstedt, dass wir im letzten Jahr besichtigt hatten, aus der Bahn zu sehen war. Mit dem Vorwissen sah ich die Kante der Grube, die auch so tief ist, dass aus der peripheren Position nichts weiter zu sehen war.
Als wir in Magdeburg einfuhren, fielen mir zugewachsene und eingefallene Gemäuer auf. Daneben moderne Allzweckhallen, die zum Teil mit Rollen von NATO-Stacheldraht umgeben waren. Bahnhof und Innenstadt zeigten dann die anonyme Moderne mit Hotels und Werbung, wie sie in jeder Stadt dieser Größe in Deutschland zu finden sind. Ansonsten waren wie im Westen zum Beispiel in Braunschweig und Hannover Industriebrachen, Reste von Altindustrie und die zwischenzeitlich unverständlich großen Flächen der Bahn mit ihren demontierten Schienen und der nunmehr bereits mehr als zehnjährigen Primärvegetation von Brombeere, Birken und anderen Pflanzen zu sehen.
EX-DDR im Jahre 17: Der Verfall alter Strukturen zeigte sich außerhalb der Orte. Auf Brachen und auch Ackerraine wiesen die Bäume auf mehr als zehnjähriges ungehindertes Wachstum. Hinter Köthen waren Obstbäume entlang offensichtlich unbedeutender Straßen zu sehen. Diese Nutzbäume waren seit Jahren nicht mehr beschnitten. Ein Extrem der Nachwendezeit war nicht mehr zu sehen. Die in den LPGs zusammengefassten landwirtschaftlichen Flächen existieren heute als Privatflächen. Früher (1990f.) und wahrscheinlich auch in der DDR wurde hier ohne Rücksicht auf die lokale Varianz in Bodengüte und der Mikrolandschaft von Hügeln und ehemaligen Gräben geackert. Diese Differenzen waren deutlich in den Quadratkilometer großen Feldern zu sehen bis hin zu Erosionsschäden durch Wind und Wasser.
Zwischen Leipzig und Dresden kam es zu ärgerlichen Verzögerungen. Es war dies der zweite Zug und der einzige ICE auf der ersten Etappe. Wie schon viel zu oft erlebt, ist der Prestigezug ein fahrender Widerspruch zum ehrgeizigen Fahrplan. Acht Minuten waren in Dresden für den Wechsel zum EC Berlin – Prag – Wien vorgesehen und als der Zug zwischen Dresden Neustadt und Dresden Hauptbahnhof zum Stillstand kam, war die Abfahrtzeit des Anschlusszuges bereits verstrichen.
Dann kam eine dieser kuriosen Durchsagen der Bahn. Da alle Gleise im Hauptbahnhof Dresden belegt waren, konnte der Zug nicht einfahren. Wir müssten weitere 5-10 Minuten warten. Mal wieder musste die Bahn beweisen, dass Zeit-Management für die Bahn immer noch ein unbekanntes Konzept ist.
Ich war nicht alleine. Ich hörte Stöhnen und Lamento von mehreren Personen, die eine Reservierung für den Zug nach Prag hatten.
Der Zug wartete und im Zug mussten wir Zuspätzugestiegenen dann die Durchsage und Frechheit anhören, dass wegen Anschlussreisender der Zug verzögert sei. Aha, die Reisenden sind schuld, dass der Zug zu spät ist und nicht das Bahnmanagement.
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