Montag, 18. Juni 2007

Poprad

Svit und Poprad am 29. Mai

Nach einem guten Frühstück ging es mit dem Auto nach Poprad. Darina hat Führerschein und für meinen Aufenthalt freien Zugriff auf den älteren Zweitwagen der Familie oder war dies sogar ihr Wagen? Als ich mich hinsetzte und anschnallte, musste ich an den Käfer meiner Mutter denken. Die Gurte sahen nicht so aus, als wenn sie noch eine tatsächliche Funktion haben. Natürlich schnallte ich mich dennoch an.
Svit ist die kleinste Stadt in der Slowakei und erst im Rahmen der Industrialisierung entstanden. Dies zeigt sich bereits im Ortsnamen, der aus der Abkürzung für einen lokalen Chemiebetrieb entstand. Slovenské vizkózové továrne (Slowakische Viskosefabrik). Im Rahmen der Privatisierung wurden die einzelnen Wohnungen in den Reihenhäusern, den Mietern angeboten. Ihre Familie war glückliche Besitzerin der Wohnung, die mich für drei Nächte aufgenommen hatte.Die auf der Zugfahrt zu sehende Autobahnbaustelle war auch schon hier angekommen. Überall große planierte Flächen und an einer Brückenbaustelle waren auch viele Menschen aktiv. Poprad grüßt mit großen Wohnhochhäusern.
Wir fuhren zunächst zum Bahnhof, damit ein fester Fixpunkt mit meinem Weitereiseticket geschaffen wurde. Nach den Erfahrungen bis hierher, wollte ich nun einen Zug wählen, der lange Umsteigzeiten nach Bukarest hat. Es war klar, dass ich zweimal umsteigen musste. Košice würde das erste Ziel sein und von dort ging es nach Budapest und dann schließlich nach Bucuresti. Ich hatte eine Verbindung ausgewählt, in der ich jeweils eine Stunde Zeit zum Umsteigen hatte. Der Preis von knapp über €100,00 für die Fahrkarte plus Sitzplatzreservierungen hat mich dann doch erschreckt und zwang mit dazu, dass ich in der Stadt erst einmal weiteres Geld tauschte

Manche lernen es nie! Während ich in Hannover 31,05 SKK für einen Euro bei der Reisebank erhalten hatte, waren es in Poprad 33,70 SKK für einen Euro. Ich hätte 398 SKK mehr in meiner Geldbörse, wenn ich nur in der Slowakei gewechselt hätte.

Auf dem Weg vom Bahnhof, wo wir das Auto stehen ließen, in die kleine Innenstadt unterhielten wir uns über Denkmale und die Kunst sich zu erinnern. Am Bahnhof gibt es einen kleinen Park, in dem Arbeiter ein Denkmal pflegten. Ich erinnerte an die Idioten in Tallinn, die Geschichte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entsorgen wollten und ein umstrittenes Denkmal für die Befreiung der Stadt von den Nazis durch die Rote Armee abbauten. Estland und die anderen baltischen Staaten erleben um Jahrzehnte verzögert die geisteskranke Variante des Nationalismus, der vor allem mit dem Hass auf Nachbarländer und ihre Bewohner operiert.

Poprad hat bereits eine Fußgängerzone. Dies ist für mich ein wichtiges Zeichen der Moderne. Hier besteht Sie aus der sogenannten Ober- und Unterstraße und zieht sich über etwa einen Kilometer durch die Stadt. Dies ist auch gleich der historische Kern mit Stadtmuseum und den konkurrierenden katholischen und protestantischen Kirchen. Die Geschichte dieser früher von Deutschen besiedelten Landschaft ist geprägt von dem Kampf der Religionen. In einer Phase gab es gleichzeitig Katholiken und Protestanten in vielen Orten und so gibt es das ungewöhnliche Bild, dass in der Innenstadt beide Kirche hintereinander stehen.
Unser erstes Ziel war das Podtatranské Múzeum v Poprade am westlichen Ende der Fußgängerzone. In einer herrschaftlich wirkenden Villa, residierte seit 1886 das Museum. Wir kamen in einen düsteren Flur und durch ein Pförtnerfenster wurde der Eintrittspreis kassiert, zusammen kostete es gerade einmal 2 Euro, da für Darina als Schülerin nur die Hälfte zu bezahlen war.
Darina hatte das Museum vorgeschlagen, weil dort eine Sonderausstellung zum Attentat auf Reinhard Heydrich im Jahre 1942 zu sehen war. Dies waren einige Schautafeln mit schlecht kopierten Fotos und Dokumenten (oftmals unvollständig oder nur schwer zu lesen). Einer beiden erfolgreichen Attentäter Jozef Gabčík stammt aus Poluvsie bei Zilina in der Slowakei (der andere war Jan Kubiš).

Wir waren die einzigen Besucher im Museum und für uns wurde extra das Licht in den einzelnen Räumen angestellt. Eine besondere Stellung nimmt die Darstellung der Steinzeit ein. In der Region wurde ein Lager der Neandertaler mit vielen Knochen entdeckt und viele Funde werden hier gezeigt.


Poprad war eine deutsche Siedlung und führte früher den Namen Deutschendorf. In der Darstellung des 19. und 20. Jahrhunderts finden sich entsprechend viele Objekte mit deutschen Beschriftungen. Von diesen heimatkundlichen Exponaten ist mir aber nichts Besonders in Erinnerung geblieben.

Nach diesem Museumsbesuch wandelten wir langsam einmal die Fußgängerzone rauf und wieder runter und fuhren mit dem Auto an den Stadtrand.

Unser nächstes Ziel war das Gymnasium UDT Poprad. 11 Schülerinnen und Schüler wurden bisher zum Europa-Kolleg eingeladen. Damit ist diese Schule der absolute Spitzenreiter in der Zahl der Teilnehmenden.
Die Schule ist jung. Der amtierende Direktor war verantwortlich dafür, dass 1991 eine bilinguale Sektion mit einer deutschsprachigen Abteilung gegründet wurde. In der Slowakei ist diese Schule in Poprad die einzige, die vom DASAN im Bundesverwaltungsamt unterstützt wird. In jeweils drei parallelen Klassen ist Deutsch die Unterrichtssprache und nach 13 Schuljahren kann die Slowakische Hochschulreife und das Deutsche Abitur erworben werden.
(Wappen der Schule in Poprad)

Die Schule befindet sich heute in ehemaligen Kasernen der russischen Armee. Wenn ich Darina richtig verstanden habe, hat sie den Umzug vom vorherigen Standort in diese Gebäude selbst erlebt.

Die eigentliche deutsche Sektion befindet sich einem unscheinbaren Betongebäude. Wenn man vor das Gebäude tritt, hat man diesen phänomenalen Blick auf die Hohe Tatra.

Im Gebäude gab es nicht nur das improvisierte Wappen, das auf einem Stoff gemalt über den Ausgang hängt, sondern auch die Jahresabschlussposter.

Jede Abiturklasse gestaltet ein Poster mit den Fotos der SchülerInnen sowie der beiden VertrauenslehrerInnen.
Es sind dies nicht einfache Sammlungen von Passfotos, sondern jede Klasse sucht ein Thema, in dem sie ihre Bilder einfügen können. Ich suchte das Abschlussposter von einer Klasse des Jahrgangs 2005. Drei der dort Abgebildeten kannte ich, zwei hatte ich in Praha getroffen und die dritte würde ich noch in Bratislava treffen.
Sie hatten ein makaberes Motiv gewählt. Ihr Abschluss und damit auch ihr Weggang in eine Universitätsstadt haben sie als „Flucht vor der Polizei“ dargestellt und hatten dafür ein Fahndungsplakat aus der RAF-Zeit variiert.

Das Plakat der Klasse von Darina hing noch nicht. Sie vermutete, dass daran noch gearbeitet wird. In Poprad werden diese Poster in Schaufenstern ausgewählter Geschäfte ausgehängt.

1 Kommentar:

rokku hat gesagt…

Ziemlich gut Anhaltspunkte falls man die Slowakei oder andere Orte auch mal besuchen will.. War damals (vor einem Jahr) über Poprad / Helpa (Niedere Tatra) / ../ Bansca Bystrica / Bratislava (obwohl das dann gar nicht so schön war - aus archtektonischer und menschlicher Sicht :( )