Mittwoch, 21. Februar 2007

Fahrt quer durch Florida

Aus dem Reisetagebuch 8. Februar 2005
Früh am Morgen hatte ich bereits alles fertig gepackt, aber die Senioren waren noch nicht so weit. Es war wunderbares Wetter, also zog ich meine Joggingschuhe an, machte einige Dehnübungen und mich auf den Weg einmal um den Block. Der Ortsplan hatte mir bereits gezeigt, dass dieser Rundkurs etwa eine Meile lang war. Das tat einfach gut.
Ich hatte alle Zeit der Welt und nach langem Frühstück und der Zeitung ging es immer noch nicht los. So setzte ich mich an den Rechner und schrieb diese Zeilen. Es wurde schließlich 11:30 Uhr bis alle in der Familie über das Telefon über unsere große Expedition ausführlich informiert waren und der Wagen ins Rollen kam.
Florida ist relativ groß und die Autos dürfen nicht sehr schnell fahren. So ist eine 300-Kilometer-Tour zum Cape Cañaveral jeweils ein halber Tag auf der Straße. Als meinen Beitrag zu dieser Reise übernahm ich das Benzingeld. Die Spritpreise sind dort zwar viel niedriger als in Europa, aber dafür haben die Fahrzeuge (hier ein SUV) auch einen sehr hohen Verbrauch.
Ganz pauschal kann man sagen, dass die Westküste mit ihren vorgelagerten Inseln der Landstreifen für die Reichen ist, doch um so weiter man sich in das Landesinnere begibt, um so mehr nehmen die Trailer-Parks für die Armen am Rand der festen Siedlungen zu.
Wir verließen den Großraum Sarasota auf der State Route 72 und passierten diesmal die Einfahrt zum Myakka River State Park. Kurz vor dem Städchen Arcadia vereinigte sich unsere Straße mit der State Route 70, die über 60 Kilometer schnurgerade nach Osten führte. Wenn es nicht zwischendurch Bäume und kleine Bodenwellen gegeben hätte, wären wir stets ins Unendliche gefahren.
Die verschiedenen Hurrikans, die in den letzten Jahren über Florida gezogen sind, haben immer wieder eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die Hurrikan-Saison 2004 ist noch deutlich an blauen Planen auf den Dächern zu erkennen (Hier gibt es die offiziellen Informationen während der Hurrikan-Saison).
(Ausschnitt aus einem Foto mit Teleobjektiv; wollte nicht so nah rangehen, entsprechend unscharf)
Es ist das gleiche Blau, das der UN-HCR für Flüchtlingslager auf der ganzen Welt verwendet. Hier ist es die FEMA (=Federal Emergency Management Agency), die dann aktiv wird, wenn ein Gouverneur den Präsidenten bittet, einzelne Landkreise (=Counties) zu Katastrophengebieten zu erklären. Manchmal waren nur noch die Fundamente, dieser Blechsiedlungen zu sehen. Und immer wieder waren Bäume zu sehen, deren Krone abgebrochen war.
Das die Zahl und Stärke der Hurrikane im jährlichen Durchschnitt zunimmt und das dies womöglich mit der Erwärmung der Atmosphäre in einen Zusammenhang steht, wird weder in Zeitungsartikeln noch in Gesprächen thematisiert. Nach Meinung der ignoranten Regierung von George W. Bush gibt es ja auch keinen wissenschaftlichen Beweis für eine vom Menschen verursachte Klimaänderung. Nach deren Meinung sind es halt bisher nicht vollständig erforschte und verstandene klimatische Zyklen (Sonnenflecke, etc.), die als wirkliche Ursache zu finden sind.

Und wen treffen die Stürme? Alle! Doch es ist natürlich einen größeres Problem für die armen Menschen. Sie haben oftmals keine Versicherung gegen Sturmschäden und stehen nach solch einem Schadensereignis vor dem Nichts und müssen um Nothilfe betteln.
Die Natur hat hier aber noch eine andere Zerstörungskraft: Buschfeuer. Für etwa eine Minute fuhren wir durch ein Gebiet, dass deutliche Spuren eines großen Feuers aufwies. Die freundliche Seite der Natur zeigte sich, als ein Waschbär die Straße querte und sich durch uns nicht stören ließ, so dass wir ihn beobachten konnten. Mehrmals waren verschiedene exotische Großvögel zu sehen. Ich meine auf einer feuchten Wiese einen Marabu gesehen zu haben und einmal war eine verteilte Gruppe von Störchen zwischen Rindern zu sehen.

Florida lebt an der Küste vom Tourismus (inkl. der Langzeitbesucher Snowbirds), doch im Landesinneren ist das "echte Florida" zu finden, wie es meine Gastgeberin formulierte. Weiden, Feuchtwiesen und Orangenplantagen. Das Geld wird hier mit Rinderzucht und Orangenkonzentrat verdient. So gab es viele Viehweiden, die mehr als einen Kilometer breit sind und verstreut auf der riesigen Fläche stand hier und da ein Rindvieh. Es ist ein feuchtes Land. Manchmal waren Hunderte von ertrunkenen Bäumen zu erblicken. Florida ist flach wie der Norden der Niederlande. Regenwasser fließt oberflächlich ab und ein kräftiger Regen flutet niedrige Flächen. Es waren natürlich Plantagen und Weiden auch dort angelegt, wo früher ein Sumpf war. Die Natur holt sich ihre Flächen zurück.
Einmal passierten wir eine große Fabrik. Aus der Ferne hielt ich dies wegen der viele Rohre für ein Chemiewerk, aber es war dann eine Citrus-Raffinerie. Dort standen viele LKWs mit hohen Drahtkisten mit der Länge von großen Containern bis oben angefüllt mit Orangen. Ein sehr intensiver Duft lag dort in der Luft.

Es gibt nicht viele Landstraßen, die direkt die westliche und östliche Küstenautobahn verbinden, dennoch war auf der von uns genutzten Straße nur wenig Verkehr. Zum späten Mittagessen wurde wieder einmal Fastfood angesteuert. Meine Gastgeber zu McDonalds und ich ins TacoBell. Bestimmte Prinzipien will ich schließlich pflegen: McD ist gut für seine sauberen Toiletten und Punkt. Es gelang mir diesmal sogar, es so zu formulieren, dass meine Gastgeberin keine unendliche Debatte über meinen angeblichen Starrsinn begann. Ich sagte ihr nur kurz: „You do not vote for Republicans and I do not go to McDonalds“

Alles ist groß in den USA und so sind es natürlich auch die Gefängnisse. Wir fuhren an zwei von diesen großen amerikanischen Gefangenenlagern vorbei. Mehrere Hundert Meter von der Straße entfernt war jeweils auf einer offen einsehbaren Fläche von etwa 500 mal 500 Meter mit gestaffelten Zäunen und Gräben vom Umland abgetrennt. Auf der Fläche standen viele zweistöckige Blocks. Es ist ja bekannt, dass die USA die weltweit (vor China, Indien oder Russland!) höchste Zahl an Gefangenen hat und dies hat nicht nur etwas mit der hohen Bevölkerungszahl zu tun. Die Zahl der Gefangenen je einer Million Einwohner findet keinen Vergleich mit einem europäischen Staat.
Ich habe mal in der Wikipedia nach den aktuellen Zahlen geuscht. In den USA leben 7,37 Menschen von 1.000 Bewohnern hinter Gittern und Stacheldraht. Regional gibt es Unterschiede von 1,48/1.000 in Maine und 1,71/1.000 in Minnesota bis zu 6,94/1.000 in Texas und 8,16/1.000 in Louisiana. Hier wird gern und viel weggesperrt. In Deutschland leben 0,78/1.000 im Gefängnis, in Großbritannien 1,39/1.000 und in Norwegen 0,59/1.000 Einwohner. Die Liste der Gefängnisse in Florida will gar kein Ende nehmen.

Als wir schließlich die Ostküstenautobahn (Route 95) erreichten, nahm der Verkehr merklich zu. Hier liegen mit Miami, Fort Lauderdale, Palm Beach, und Jacksonville bedeutende Großstädte und viele LKW und PKW waren auf beiden Seiten der Autobahn unterwegs. Wir kamen abends an unserem Ziel am Cape Cañaveral an. Wir suchten zunächst gar nicht nach einer Unterkunft, sondern fuhren erst einmal zum NASA-Besucherzentrum, informierten uns über die Eintrittspreise und machten erste Fotos.
Dann begann die Suche nach einem Hotel im benachbarten Titusville. Es wurden viele Kilometer gefahren, da es keine klare Erinnerung daran gab, wo beim letzten Besuch genächtigt wurde. Am westlichen Ortsausgang weit entfernt von privaten Häusern fand sich schließlich ein Hotel, für das die beiden als Mitglieder vom AAA (US-Variante des ADAC) einen Rabatt erhalten würden. Es war einer dieser häßlichen Zweckbauten, die innerhalb kürzester Zeit mal so eben hingestellt werden können. Sie gaben sich selbst drei Sterne, haben aber höchstens zwei verdient und das bei einem Preis von etwa 50 Dollar.
(nächtlicher Blick auf die Route 95 bei Titusville, Florida)

Nach kurzer Rast ging es dann zu einem Restaurant, dass wir auf der Hinfahrt zum Hotel gesehen hatten. Natürlich ging es nicht, sondern wir fuhren. Vom Hotel aus gesehen, dass etwa 100 Meter abseits der Hauptstraße lag, war das Restaurant auf der anderen Straßenseite – Luftlinie etwa 200 Meter. Wir fuhren auf die Hauptstraße zur nächsten Möglichkeit die Straßenseite zu wechseln etwa einen Kilometer zurück in die Stadt und denselben Kilometer zurück zum Restaurant. dort parkten wir auf einer riesigen Fläche etwa 100 Meter vom Restaurant entfernt. Es ist dies eine der sehr populären Ketten, wo wir zu Abend essen wollten. Ein richtiges Restaurant! Es war rappelvoll und wir mussten erst einmal uns in eine Warteliste eintragen. Zum Restaurant gehört ein Giftshop und so konnte die Zeit bis zum Aufruf unseres Namens mit den amüsierten schweifen durch den Laden verbracht werden. Irgendwie sprach mich keines der Motive auf den T-Shirt wirklich an. Ich fand wie bereits an vielen anderen Orten, keine Souvenirs oder Gebrauchsgüter, die mich im täglichen Leben dann an diese Reise erinnern würden.
Es war ein anstrengender Tag und leider konnte ich nun kein Bier zischen. Es war ein Familienrestaurant, rauchfrei und ohne Schanklizenz. Das Essen war interessant, aber nicht herausragend und leider wie so vieles sehr teuer.

Hier endete mein Reisetagebuch, obwohl ich weitere 10 Tage in den USA blieb. Die zwei Tage bei der NASA waren sehr beeindruckend und nach meiner Rückkehr wollte ich meine Arbeit in der Bibliothek abschließen. Es fand sich damals nie die Zeit, das Gesehene und Gehörte zu reflektieren und aufzuschreiben. Meine handschriftlichen Notizen, die ich nie verarbeitet habe, sind sehr dürftig.

Mit zwei Jahren Abstand habe ich nun diese Notizen überarbeitet und werde im nächsten Beitrag einige Beobachtungen aus dem Kennedy Space Center ausführen. Dann kann ich auch endlich einige der vielen Fotos, die ich am Cape Cañaveral gemacht habe, mal zeigen.

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