(Christiane Florin hat aktuell in der Zeit vom 16. Mai 2012 eine Polemik über Studierende der Politikwissenschaften und ihre Wasserflaschen geschrieben, die mir sehr gefallen hat und mich zu den folgenden Zeilen motivierte).
Es gibt viele Rätsel der modernen Gesellschaft, die erklärungsbedürftig sind. Manche kulturellen Neuerungen unterliegen dabei Douglas Adams Regeln der Akzeptanz technologischer Innovation. Sie sind nur für die Älteren ein Rätsel.
Unerklärlich ist für mich der Niedergang der Kaffeekultur. Die Reduktion auf das Putschmittel Coffein lässt mich vermuten, dass dies auch mit dem Aufkommen hoch potenter Zucker-Misch-Getränke (Blauer Ochse oder wie das Getränke aus A oder einer seiner Klone auch immer heißen mag) in Verbindung steht.
Etwa zeitgleich zum COFFEE-TO-GO tauchten zunächst nur bei Mädchen und jungen Frauen die Wasserflaschen auf, die wie eine Monstranz immer sichtbar getragen. Der Markt reagierte schnell zum Beispiel mit Rucksäcken, die ein spezielles offen einsehbares Außenfach für diese großen Plastikbehälter hatten. Ich nutze seit den Beginn der frühen 1980-er Jahre Rucksäcke (große und kleine) und: Nein, es gab damals kein Fach für Wasserflaschen, noch nicht einmal bei den großen Rucksäcken. Wenn auf einer Tour Wasser gekauft wurde, musste dies extra in einer Tüte oder Tasche transportiert werden.
Da die Promotoren jung und weiblich waren, erscheint es für mich denkbar, dass eine Fernsehserie aus den USA den Kult der Wasserflasche in Deutschland propagierte. Da gebe es gleich mehrere Kandidaten der späten 1990-er Jahre, wobei Sex in the City wohl das größte Brainwash-Potential hatte.
Von den jungen Frauen ging es in die Gesellschaft. Die Erkenntnis, dass ein Mensch am Tag 2-3 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen sollte, ist altbekannt, hat aber nur die wenigsten zu einer Verhaltensänderung geführt. Es braucht Vorbilder und Moden, um etwas Sinnvolles durchzusetzen. Doch es ist auch eine Generationsfrage (siehe Douglas Adams, 3. Kategorie), denn in der Gruppe der von der Werbeindustrie titulierten Best und Silver Ager - also Menschen ab 50 Jahre - ist selten eine Wasserflasche zu sehen.
Der Ursprung bleibt Spekulation und deshalb ende ich mit einer Frage an die Lesenden: Seit wann führen Sie ständig eine Wasserflasche mit sich herum?
(Geschrieben einen Tag vor dem Towel Day 2012)
1 Kommentar:
Mhm. Gute Frage. Eigentlich wohl schon so gut wie immer. Soll heißen: schon während der (Grund)Schulzeit. Aber so richtig in der Handtasche und immer dabei (du wirst lachen, aber ich habe Wasserflaschen in allen Größen und Formen, damit sie auch in das kleinste Täschchen passen) "erst" seit einem Urlaub in Italien mit 15. Denn da haben das alle gemacht und ich fand' das wahnsinnig hip.... ;)
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