Sonntag, 27. April 2014

EU-Gegner im europäischen Parlament

Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Neuwahl des europäischen Parlaments. In den Medien wird immer wieder betont, dass EU-Gegner bei dieser Wahl in mehreren Ländern einen großen Stimmanteil erreichen werden (siehe zum Beispiel LE MONDE diplomatique)

Wer sind diese EU-Gegner?
Front National (FR), Alternative für Deutschland, NPD (beide DE), Unabhängigkeitspartei (UK), Partei für Freiheit (NL), Morgenröte (GR), Freiheitlichen (AT) und Jobbik (HU) sind wohl die bekanntesten Vertreter, die nicht nur gegen die EU polemisieren, sondern die EU in der jetzigen Form ablehnen und bekämpfen.
Das Europäische Parlament veröffentlicht Prognosen für die Wahl und ordnet die genannten EU-Gegner drei verschiedenen Fraktionen und den Fraktionslosen zu. Dies basiert zum einen auf der jetzigen Zuordnung zu einer Fraktion oder im Fall einer Partei, die noch nicht im Parlament vertreten ist, der von der Partei erklärten Zuordnung zu einer Gruppe. Election.de oder PollWatch2014 geben Details und Wikipedia hilft bei der Identifizierung der Parteinamen und Dutzenden von Abkürzungen.

Es gemahnt an den von George Orwell im Roman 1984 eingeführten Begriff des Neusprech, wenn man die Namen dieser Fraktionen hört.

"Europa der Freiheit und Demokratie" (EFD). Zu dieser Fraktion gehören die Unabhängigkeitspartei (UK), 5-Sterne-Bewegung (IT) und neben der Volkspartei (DK) weitere kleine Parteien.

In der "Europäischen Allianz für Freiheit" (EAF) finden sich die Front Nation (FR), Lega Nord (IT), Partei für Freiheit (NL), Flämische Interessen (BE), Freiheitliche Partei (AT) und die Schweden Demokraten und eine estnische Partei.

Die nächste Gruppe nennt sich "Fraktion Europäische Konservative und Reformisten" (ECR). Aus Deutschland würden die Alternative für D, die ÖDP und die Freien Wähler sich dieser Gruppe anschließen. Hinzu kommen die Torys (UK), die Kaczyński-Partei (PL), die Demokratische Bürgerpartei (CZ) und weitere kleine Gruppen.

Bei den Fraktionslosen finden sich als EU-Gegner die NPD (DE), die von Ian Painsley gegründeten DUP (UK), Morgenröte (GR), Ataka (BG) und weitere auch in ihren jeweiligen Ländern relativ unbedeutende Parteien.

Den offenen EU-Gegner von EFD und EAF werden mehr als 10% der Sitze des Europaparlaments zugetraut.

In der folgenden Karte stelle ich den Anteil der erwarteten Sitze der EU-Gegner an der Gesamtzahl der Sitze eines Landes dar. Hierfür haben ich die Zahlen für die Fraktionen EFD und EAF zusammengefasst und um bekannte EU-Gegner aus den Fraktionen Konservative + Reformisten (wie zum Beispiel AfD) und Fraktionslose (zum Beispiel NPD, Morgenröte, Jobbik, Ataka) hinzugezählt.
EU-Gegner, AfD, NPD, Jobbik, UKIP, PVV, Europäisches Parlament, EP, EP14 Die Karte basiert auf den oben genannten Quellen (Stand Ende April). Den EU-Gegner werden summarisch 107 der 751 Sitze im Parlament prognostiziert.
Die Karte gibt Grund zur Freude und zur Enttäuschung. Es gibt mehrere Länder, wo es keine Partei gibt, die einen Wahlkampf gegen die EU macht, aber eben auch die Sorgenkinder Italien (34% der prognostizierten Sitze für EU-Gegner), Großbritannien (30%) Frankreich (28%) und die Niederlande (27%) um nur die Länder mit mehr als 25 Sitzen im EP zu nennen.
X X X X X X X X X X   UPDATE 20.05.14  X X X X X X X X X X X
EU-Gegner, Rechtsextreme, Nationalparteien, Europaparlament, Europawahl
PollWatch2014 hat eine letzte Zusammenstellung aktueller Prognosen vor der Wahl veröffentlicht. Danach würden sowohl in Kroatien, als auch in Slowenien die EU-Gegner nicht ins Parlament gewählt werden. In Ungarn scheint Jobbik auch schwächer zu werden, dafür ist in Dänemark der Einfluss der gewachsen. Nun wird auch den EU-Gegnern aus Tschechien eine Vertretung im Europa-Parlament zugetraut.
Nachdem nunmehr gleich in mehreren Länder den EU-Gegnern mehr als 30% vorhergesagt werden, habe ich in der Karte eine neue Kategorie eingeführt.
Im Folgenden die Prognosen für alle Länder mit 20 oder mehr Sitzen im zukünftigen Europa-Parlament:
  • Belgien: 1 Sitz für Vlaams Belang, entsprechend 4,8% der belgischen Sitze
  • Deutschland: 6 Sitze für AfD und 1 Sitz für NPD, entsprechend 7,3%
  • Frankreich: 23 Sitze für Front National und 1 Sitz für Debout la République, entsprechend 32,4%
  • Griechenland: 2 Sitze für Chrysi Aygi und 1 Sitz für Anexartitoi Ellines, entsprechend 14,3%
  • Italien: 19 Sitze für Movimento a 5 Stelle und 4 Sitze für Lega Nord, entsprechend 31,5%
  • Niederlande: 4 Sitze für Partij voor de Vrijheid und 3 Sitze für ChristenUnie/SGP, entsprechend 26,9%
  • Polen: 5 Sitze für Nowa Prawica, entsprechend 9,8%
  • Portugal: 0 Sitze für EU-Gegner
  • Rumänien: 0 Sitze für EU-Gegner
  • Schweden: 1 Sitz für Sverigedemokraterna, entsprechend 5%
  • Spanien: 0 Sitze für EU-Gegner
  • Tschechien: 2 Sitze für Úsvit přímé demokracie Tomia Okamury, entsprechend 9,5%
  • Ungarn: 4 Sitze für JOBBIK, entsprechend 19,0%
  • Vereinigtes Königreich: 24 Sitze für UK Independent Party und 1 Sitz für Democratic Unionist Party, entsprechend 34,2% der britischen Euroaparlamentssitze.
Nach dieser Prognose werden EU-Gegner mit 117 Sitze im Europaparlament vertreten sein. Das sind 15,6% aller Abgeordneten in Brüssel und Strasbourg.

Wenn die Freunde der EU einen mit Sinn gefüllten Wahlkampf führen würden, könnte eine erhöhte Wahlbeteiligung dieses Problem reduzieren. Denn es ist nun mal bekannt, dass Gegner besser mobilisieren als Befürworter.
Doch wer sich den Wahlkampf und die Plakate in Deutschland anschaut, erkennt das die ökologischen Sozialchristen CDU/CSU-SPD-GRÜNE kein wirkliches Interesse an dieser Wahl haben. Dümmliche Sprüche ohne wirklichen Bezug zur europäischen Politik dominieren und wäre ein guter Grund nicht zur Wahl zu gehen.

Doch alle sollten zur Wahl gehen oder Briefwahl machen.

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