Sonntag, 5. Oktober 2014

Filmnotiz - Dark City 1998 Alex Proyas

Es gibt diese Filme, welche mit nur mäßigen Erfolg im Kino laufen, die aber gleichzeitig viele Elemente von erfolgreichen Filmen haben, ohne diese billig zu kopieren.
Alex Proyas hatte mit "The Crow" 1994 einen erfolgreichen, düsteren Fantasyfilm vorgelegt. Dieser Erfolg ermöglichte ihn für sein nächstes Filmprojekt ein größeres Budget einzuwerben. Da für die Szenerie das Fox-Studio in Sydney genutzt wurde und dieses Set später an die Produzenten von Matrix weitergegeben wurde, die sicherlich dafür bezahlten, waren sehr aufwändige Studiobauten möglich.
Mit William Hurt, Kiefer Sutherland, Jennifer Conelly wurden einige bekannte Gesichter für die Hauptrollen ausgewählt. Doch der Film wurde kein Erfolg an den Kinokassen.

Dark City ist eine Dystopie.
Er behandelt die Frage, was ist Erinnerung, an was erinnern wir uns individuell und warum glauben wir, dass diese Erinnerung real passiert ist. Das erklärt noch nicht viel.

Der Film handelt in einer Stadt, in der nie die Sonne zu sehen ist. Die Einwohner erleben immer wieder ihre Aktivitäten des Abends und der Nacht und haben keine Erinnerungen daran, dass sich ihr Leben wiederholt. In ihrer Erinnerung gibt es auch Tage.
"Die Fremden" halten das Leben in der Stadt immer wieder an, in dem seine Einwohner alle gleichzeitig einschlafen. Sie manipulieren die Erinnerungen der Einwohner und lassen dann das Leben neu beginnen. Die Fremden, die offensichtlich keine Menschen sind, obwohl sie Menschengestalt haben, wollen herausfinden, warum der Mensch so ist, wie er ist. Die Fremden haben eine kollektive Identität und Erinnerung und suchen die "Seele" der Menschen, um individuelle Entscheidungen zu verstehen. Menschen bekommen neue Erinnerungen und Funktionen, um zu verstehen, wie der Mensch in der veränderten Situation agiert (ein Rezeptionist wird Zeitungsverkäufer, eine arme wird zu einer reichen Familie).

Einige Menschen erwachen aus dem künstlichen Schlaf, erleben die anderen Bewusstlosen und entwickeln eine Erinnerung.

Hier setzt die eigentliche Geschichte in. John Murdoch (Rufus Sewell) erwacht in einer Wohnung, in der eine blutverschmierte Frauenleiche liegt. Er hat kein Erinnerung, weder an einen Mord, noch über seine Identität. Er findet Hinweise auf "sein Leben", "seine Frau" (Jennifer Connelly), während ein Inspektor (William Hurt) Spuren sammelt und realisiert, das die offensichtlichen Hinweise, die auf den vermeintlichen Mörder verweisen, platziert wirken.
Die Fremden werden in ihren Suche durch einen Menschen unterstützt. Der Arzt (Kiefer Sutherland) mischt Erinnerungen, welche den Stadtbewohnern gegeben werden. Die Fremden, der Arzt und John Murdoch realisieren gleichzeitig, dass Murdoch nicht mehr vergisst und mit zunehmender Erinnerung das Surreale in Dark City realisiert. Der Held, der alleine die Fremden bekämpft mit seinen Actionszenen und dem unvermeidlichen Showdown sind erzählerischer Standard, wenn auch die Bilder großartig sind.

Die Ästetik nimmt viele Bezüge zum Deutschen Expressionismus. Die Fremden sind multiple Kopien von Nosferatu (1922, Friedrich Wilhelm Murnau), wenn auch ohne die langen Fingernägel und die Stadt erinnert sowohl an Metropolis (1927, Fritz Lang), als auch an die Stadt im "Cabinett des Dr. Caligari (1920, Robert Wine). Bei den sich wandelnden Häusern, fielen mir auch die wachsenden Häuser von Brazil (1985, Terry Gilliam) ein. Die Ästetik dieses Films findet sich dann sehr konkret in einen folgenden Film. Die überlangen Trenchcoats der Fremden finden sich übrigens im Folgefilm Matrix wieder, dessen Regisseure mehr als die Studiobauten (Straßen, Häuser, U-Bahn) übernahmen. Das ist keine Kritik an den Wachowski-Brüdern, da besonders im Film es eine Kunst ist, Szenen aus früheren Filmen zu variieren, wie Kirby Ferguson im zweiten Teil seiner Serie Everything is a Remix zeigt.

Einer der Gründe warum dieser Film kein kommerzieller Erfolg war, liegt für die USA an dem unerwarteten und lang anhaltenden Erfolg von Titanic (1987, James Cameron), der alle anderen anlaufenden Filme für Monate marginalisierte. Doch dies erklärt nicht den geringen Erfolg in Deutschland (107.771 Zuschauer bis Ende 1998, ffa.de), wo dieser Film erst Monate nach dem Titanic-Hype startete. Dies kann ich mir nur durch die Eingriffe der Produzenten von 20th Century Fox erklären, die Proyas dazu zwangen, den Film zu kürzen und ihn eine Einführung voranstellen lassen, die viele der folgenden Seltsamkeiten erklärt. Das Studio hielt seine Kunden (uns Zuschauer) für ausgesprochen dämlich. Die Standard-Szenen im Kampf "Held gegen Fremde" sind sicherlich auch ein Ergebnis dieses Eingriffs der BWL-Bürokraten aus Hollywood.
Die vielen ungewöhnlichen Szenen zu Beginn des Films werden ihrer Rätsel beraubt. Fragen, die ansonsten sich erst durch die Handlung der ersten halben Stunde auflösen würden, würden den Zuschauer einladen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Das Drehbuch wurde durch das Filmstudio kastriert. Es gibt einen Directors Cut, der ohne die Kürzungen und die Einleitung auskommt. Ohne diese Film-Variante zu kennen, lässt sich aber nicht sagen, ob der Film dann stimmiger und interessanter ist.

Nach so vielen kritischen Worten, möchte ich den Film ausdrücklich empfehlen. Selbst in der kastrierten Version sind da noch die großartigen Bilder zur Musik von Trevor Jones.Der Film erhält 6 von 10 möglichen Punkten der Filmbewertungsskala.

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