Sterneschnuppenkucken gehört für mich zum Europa-Kolleg dazu. Am Licht verschmutzten Himmel meiner Heimatstadt sind nur die größten Sterne und Planeten zu sehen. Wenn Mitte August die Erde wieder durch die Schweif-Überreste des Komets 109P/Swift-Tuttle zieht und der Sternschnuppenschwarm der Perseiden zu sehen ist, dann suche ich dunkle Orte. Beim EKNT 2007 fand sich in einem Vorort von Barcelona mehr als einem Kilometer außerhalb der Siedlung am Hang in einem Wald ein schöner Beobachtungsplatz. Doch dann ging Torrentialregen nieder und es war überhaupt nicht daran zu denken, im Dunklen einen Waldweg hinaufzugehen und möglicherweise auf einer nassen Wiese zu liegen. Doch wir fanden einen anderen, trockenen Platz, der zwar relativ hell war, aber schon viel Sterne zeigte.
In diesem Jahr in Lissabon war es nun, dass die Lichtglocke über dem Großraum mindestens genauso hell war, wie in Hannover. Ich zog spät am Abend mit zwei Alumni zum benachbarten Gelände der Universität. Wir querten über eine Fußgängerbrücke eine Stadtautobahn und schlüpften durch ein ungesichertes Tor auf das Gelände. Ein hoher Deich schien als Lärmschutzwall zu fungieren. Auf dem vor uns zu sehenden Sportplatz mit flachen Nebengebäuden war kein Licht und auf der Innenseite des Wall war tiefer Schatten. Eigentlich ein idealer Platz. Nur wenig Sterne waren zu sehen, doch genügend, um nacheinander den Großen Bär, den kleinen Bär, Kassiopeia und schließlich Perseus zu lokalisieren. Letzterer war nur etwa 15-30° über den Horizont. Wir konnten uns in einem flachen Winkel zum Horizont auf groben Gras auf den Fuß des Walls hinlegen. Ohne den Nacken anzustrengen hatten wir einen Blick auf den Himmelabschnitt, auf dem die Sternschnuppen zu sehen sein sollten.
Ich erzählte, was wir hier sehen könnten und das an wirklichen dunklen Orten in dieser Nacht auch schon mal 50 und mehr Sternschnuppen in einer Stunde zu sehen sind. Ich warnte vor zu großen Erwartungen, da in der Helligkeit des Himmels kleine Leuchtspuren mehr zu erahnen als zu sehen sein würden.
Wir philosophierten über die Zukunft und ich verwies auf Nachfrage auf die anderen Objekte, die zu sehen waren. Angefangen von Flugzeugen, die den nahen internationalen Flughafen ansteuerten bis hin zu Satelliten, die in wenigen Minuten das sichtbare Firmament querten. Ich verwies auch auf den grandiosen Anblick der ISS, die ich in diesem Jahr bereits vier Mal aufgehen, anwachsen und untergehen sah.
Ich dachte mal wieder, dass ich wohl eine optische Täuschung erlebte, als ich ein kurz einen Lichtstreifen aufblitzen sah. Während ich dies noch sagte, war aber die erste prächtige Sternschnuppe zu sehen, die hell über einem Viertel des Himmels zog. Die mitgebrachten Bier wurden geöffnet und plötzlich waren wir alle drei neugierig darauf, wer denn nun die nächste Sternschnuppe sehen würde. Wieder zeigte sich, dass die wenigsten sich bisher dieses Naturschauspiel bewusst angesehen hatten
Für mich ist dieses Sternenkucken bzw. hier Sternschnuppenzählen regelrecht meditativ. Ich genieße diese ruhigen Momente
Nach drei großen und mehreren kleinen Sternschnuppen beenden wir nach etwa einer Stunde diesen Ausflug und gingen zurück zur Unterkunft.
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