Montag, 6. August 2007

Zitat Max Goldt – aktuelle Musik


Wer wegen der ärmlichen Medienlandschaft nie Gelegenheit hatte, gute Soul-Sänger zu hören, der wird nichts Anstößiges daran finden, wenn im Fernsehen bemitleidenswerten deutschen Vorstadtjugendlichen, die auf eine Weise, die man nur als hartnäckig, verbissen oder eisern bezeichnen kann, auswendig gelernte Blues- und Gospelphrasierungen herunterexerzieren wie eine unverstandene Schiller-Ballade, attestiert wird, sie hätten «wahnsinnige Soul-Stimmen». Wer das Original nicht kennt, vermisst nichts an der Kopie.(Max Goldt (2006) „Die Tomatenschelte“)
Als ich diese Zeilen las, musste ich an die so genannte Abschiedsfete des Europa-Kollegs denken. An einen großen Verstärker wurden nacheinander verschiedene I-Pods angeschlossen und Musik aus den Sammlungen der Teilnehmenden dieser Sommerschule abgespielt. Die überwiegende Mehrheit der Songs basierte auf bekannten Stücken der Popgeschichte der letzten etwa 30 Jahren. Diese Songs waren neu im Sinne von neu eingespielt und mit einfachem 4/4-Takt versehen. Nun konnte auch wirklich jede Person danach rhythmische Bewegungen machen und sich selbst als Tanzenden bezeichnen.
Es war übrigens egal, aus welchem Land der Teilnehmende kam, der seinen I-Pod an den Verstärker anschloss..

Die Musik war so erbärmlich, dass ich einmal mehr eine Ahnung davon bekam, warum bei Live-Konzerten von echten Musikern, das Publikum zunehmend aus anderen Musikern besteht. Musik ohne Ballermann-Feeling, wo eine Gruppe nicht mit Hey-Hoh-Gesängen die aktuellen Varianten von Ringelpietz abfeiern kann, scheint zurzeit marginalisiert zu sein. Auf Rechnern werden Musik-Dateien gesammelt und mit geringem Aufwand werden Klassiker den neuen Bedürfnissen der Primitivität angepasst.

Die Bedeutung des von mir fett gesetzten Satzes von Max Goldt wurde mir erstmals richtig bewusst, als The Fugees 1996 ihre Version von „Killing Me Softly With his Song“ von Norman Gimble und Charles Fox veröffentlichten und ich im Radio von einer anrufenden jungen Hörerin hören musste, dass sie das Original von den Fugees und nicht diese merkwürdige Version ohne Beat hören wollte. Sie bezog sich auf Roberta Flack, die diesen Song im Jahre 1973 berühmt machte.
Die Version der Fugees gefällt mir übrigens sehr gut und gefällt mir so gut wie die Interpretation von Roberta Flack.

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Ein weiteres Zitat von Max Goldt zum Thema hässlich

1 Kommentar:

Stefan Richter hat gesagt…

Hallo!

Aipod schreibt man "iPod", nicht "I-Pod", du uncooler Heini! Spaß beiseite. Zitat kommt mir bekannt vor, hab das Büchsken ja auch gelesen. Hat mich auch beeindruckt, denn ich musste mir eingestehen, noch nie (bewusst lauschend) eine Soul-Stimme gehört zu haben außer der von Xavier Naidoo. Und nach eben diesem Zitat wusste ich nicht mehr, ob jener als Käse oder Sahne einzuordnen ist, ich habe keinen Vergleich.

Ich finde es schön, dass du von "Musik-Dateien" sprichst. Ich tue das nämlich auch, wenn ich "Plastikmucke" meine. Ich unterscheide also zwischen "Musikdateien" und "Musikstücken". Bei der Schei$$e, die man alle Nase lang zu hören kriegt finde ich, dass man in der Tat von U-Musik und E-Musik sprechen kann, allerdings nicht in dem Sinne, den die feinen Herren mal im Ihrigen hatten.


Fazit (das gar keines ist): Kommt nach Finnland, hier sind Metal und Rock angesagt - da wird noch richtige Musik gemacht. Die allerdings auch nicht jedermanns Geschmack ist. Aber es ist Musik - ich ertrage das grausigste Metal leichter als manche Sachen, die sogar meine Schwester leider manchmal hört.

Bis Barcelona, ich fahr in einer halben Stunde zum Ährpoat.

Name steht oben.