Ein Kurzroman über den Weg zur Unabhängigkeit Nigerias, den Idealismus der jungen, neuen Elite und dem Scheitern derselben an der alten Elite. Hier meine Nacherzählung:
Es ist die Geschichte von Obiajulu Okonkwo aus Umuofia, einem Dorf der Ibos im Südosten Nigeria. Obi, wie er im Roman gerufen wird, hatte bereits frühzeitig in einer Missionsschule und dann in einer weiter führenden Schule jedes Jahr als der Klassenbeste abgeschlossen. Daraus ergab sich für ihn, dass die Männer von Umuofia, die eine Selbsthilfegesellschaft gegründet hatten, sammelten für ihn Geld und sandten ihn für ein Jura-Studium an eine englische Universität.
Mit 800 Pfund Kredit, denn natürlich soll diese Summe an die Dorfgemeinschaft von Umuofia zurück gezahlt werden, um den nächsten Dorfjungen zu fördern, flog er 1952 nach England und studierte trotz Protesten aus Nigeria Englische Sprache und Literatur und kehrte nach vier Jahren mit einem B.A. hon. nach Lagos zurück. Als er zurückkehrte, war klar, dass Nigeria in wenigen Jahren in die Unabhängigkeit entlassen werden würde und die britische Kolonialregierung bot Universitätsabsolventen qualifizierte Stellen in der Verwaltung. Obi erhält eine Stelle in der Stipendienverwaltung wird aber bereits beim Einstellungsgespräch auf das Problem der Korruption angesprochen.
Er lehnt jede Art von Korruption ab und mit dieser moralischen Maxime sind permanente Konflikte auf vielen Ebenen unausweichlich. Sei es, dass er auf einer Busfahrt einem Polizisten an einer Straßensperre anschaut und deshalb der Busfahrer sich nicht traut, dem Polizisten Schmiergeld zu zahlen. Nach dem Passieren der Sperre hält der Bus noch einmal und ein Mitarbeiter des Fahrers rennt zurück zum Polizisten, um sich nachträglich das Wohlgefallen des Polizisten zu einen mehrfach erhöhten Preis zu erkaufen, da der Fahrer regelmäßig mit seinem Bus an dieser Sperre anhält.
In so einem Fall spekuliert Obi über einen aufgeklärten Diktator, der diese Missbräuche von öffentlichen Ämtern beenden könnte.
In seinem Dorf Umuofia wird von Obi erwartet, dass er nun etwas Gutes für seine Bewohner tut.
Die Saat für die Loslösung vom Alten liegt im Elternhaus begründet. Sehr Vater ist ein bekehrter Christ, der schließlich als Religionslehrer arbeitete und der seine Kindern stets Distanz zur unchristlichen Tradition einimpfte.
Obi Okonkwo hat sich bereits auf der Schiffsreise von England nach Lagos in die Krankenschwester Clara verliebt und beginnt mit ihr eine Affäre. Sie ist aber eine gesellschaftlich Verfemte, weil einer ihrer Ahnen einem Gott geweiht wurde und seine Nachkommen - also auch Clara - und ihre Kinder unter den gesellschaftlichen Aussatz fallen würden. Der moderne Obi akzeptiert diesen "Unsinn!" (S. 84) nicht und verlobt sich mit ihr. Diese Entscheidung bringt ihn in einen Konflikt mit allen anderen Ibo in Lagos, seiner Familie und den Einwohnern im Heimatort. Seine geliebte Mutter, auf die er alle Hoffnung als Vermittlerin setzt, sagt ihn, dass sie sich umbringen würde, wenn er Seine Verlobte heiraten würde.
Seine Stelle in der Stipendienkommission ist anfällig für Korruption. In jeden Jahr erhalten nicht etwa die Besten ein Stipendium, sondern die Zahlungskräftigen. Als ein Bruder für seine Schwester fragt, wie Obi helfen könnte, dass diese ein Stipendium erhält, macht Obi lautstark und öffentlich klar, dass er nicht zu bestechen ist.
Seine moralische Integrität birgt eine Gefahr:
Die ganze moralische Position von Obi Okonkwo bricht zusammen, als Rechnungen und Steuerforderung überhand nehmen, er sich von seiner Verlobten trennt und danach auch noch eine Abtreibung bezahlt. Ihn wird wieder privat »Kola«, wie das Schmiergeld in Lagos heißt, angeboten und in seiner Wohnung liegen gelassen. Er rührt das Geld zunächst nicht an, nimmt das Geld dann aber, da er weiß, dass der Stipendienwunsch bereits genehmigt ist. Ähnlich lässt er sich mit einer Stipendienkandidatin auf eine gemeinsame Nacht ein, da er weiß, dass sie bereits auf der Auswahlliste steht. Sein Gewissen bleibt rein und er erwirb schnell den Ruf eines Gentleman, der für »Kola« auch das tut, was die Zahlenden erwarten.
Diese Naivität von Obi Okonkwo spricht sich jedoch auch bei der Kriminalpolizei herum, die ihn eine Falle stellt. für die Annahme von "nur" 20 Pfund wird er angeklagt und verurteilt, womit sich ein Kreis schließt, denn dies ist auch die erste Szene im Roman.
Es ist erschreckend, wie realistisch Chinua Achebe Ende der 1950-er Jahre die Zukunft afrikanischer Staaten beschrieb. Korruption bis in die Spitze des Staates ohne das dies je offen gesagt wird und immer wieder moralisierende Diktatoren, die ihr Land von diesen Übel befreien wollen (u.a. Jerry John Rawlings in Ghana 1979 und 1981).
Korruption ist kein spezifisch afrikanisches Problem, nur dort ist es in vielen Ländern über Jahrzehnte fest etabliert, dass stets für alle Leistungen, die von Menschen, die nicht zur Familie gehören, mit der Zahlung von Geld verknüpft ist. Sei dies im Krankenhaus oder einer Behörde. Und das Polizisten Wegelagerer sind, die einfach von jeden passierenden Fahrzeug Geld kassieren, habe ich selbst schon beobachten müssen.
Dieser Roman erschien 1960 unter den Titel No Longer at Ease im Verlag W. Heinemann, London. Erst 2002 erschien die deutsche Übersetzung unter den Titel Heimkehr in fremdes Land im Suhrkamp Verlag.
Chinua Achebe erhielt im selben Jahr im Rahmen der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zugesprochen. Wäre auch peinlich gewesen, wenn einen Autor einer der bedeutendsten deutschen Literaturpreise verliehen würde und einer seiner wichtigsten Werke nicht auf Deutsch vorliegt.
Übersetzung: Susanne Koehler, die seit den 1980-er Jahren anglophone afrikanische Autoren wie Ngugi wa Thiong'o (Kenya), Meja Mwangi (Kenya) und eben Chinua Achebe (Nigeria) übersetzt.
Es ist die Geschichte von Obiajulu Okonkwo aus Umuofia, einem Dorf der Ibos im Südosten Nigeria. Obi, wie er im Roman gerufen wird, hatte bereits frühzeitig in einer Missionsschule und dann in einer weiter führenden Schule jedes Jahr als der Klassenbeste abgeschlossen. Daraus ergab sich für ihn, dass die Männer von Umuofia, die eine Selbsthilfegesellschaft gegründet hatten, sammelten für ihn Geld und sandten ihn für ein Jura-Studium an eine englische Universität.
Mit 800 Pfund Kredit, denn natürlich soll diese Summe an die Dorfgemeinschaft von Umuofia zurück gezahlt werden, um den nächsten Dorfjungen zu fördern, flog er 1952 nach England und studierte trotz Protesten aus Nigeria Englische Sprache und Literatur und kehrte nach vier Jahren mit einem B.A. hon. nach Lagos zurück. Als er zurückkehrte, war klar, dass Nigeria in wenigen Jahren in die Unabhängigkeit entlassen werden würde und die britische Kolonialregierung bot Universitätsabsolventen qualifizierte Stellen in der Verwaltung. Obi erhält eine Stelle in der Stipendienverwaltung wird aber bereits beim Einstellungsgespräch auf das Problem der Korruption angesprochen.
»Warum wollen Sie eine Anstellung im Staatsdienst? Damit Sie Schmiergelder kassieren können etwa?«Obi ist in ein verändertes Nigeria zurückgekehrt und Obi hat sich verändert.
(Chinua Achebe 1960 Heimkehr in ein fremdes Land, S. 56)
Er lehnt jede Art von Korruption ab und mit dieser moralischen Maxime sind permanente Konflikte auf vielen Ebenen unausweichlich. Sei es, dass er auf einer Busfahrt einem Polizisten an einer Straßensperre anschaut und deshalb der Busfahrer sich nicht traut, dem Polizisten Schmiergeld zu zahlen. Nach dem Passieren der Sperre hält der Bus noch einmal und ein Mitarbeiter des Fahrers rennt zurück zum Polizisten, um sich nachträglich das Wohlgefallen des Polizisten zu einen mehrfach erhöhten Preis zu erkaufen, da der Fahrer regelmäßig mit seinem Bus an dieser Sperre anhält.
In so einem Fall spekuliert Obi über einen aufgeklärten Diktator, der diese Missbräuche von öffentlichen Ämtern beenden könnte.
In seinem Dorf Umuofia wird von Obi erwartet, dass er nun etwas Gutes für seine Bewohner tut.
Die Saat für die Loslösung vom Alten liegt im Elternhaus begründet. Sehr Vater ist ein bekehrter Christ, der schließlich als Religionslehrer arbeitete und der seine Kindern stets Distanz zur unchristlichen Tradition einimpfte.
»Wir sind keine Heiden«, hatte er gesagt. »Menschen, die zur Kirche gehören, wollen mit solchen Geschichten nichts zu tun haben.«Doch es ist nicht nur die Korruption, die zu Konflikten für den jungen, modernen Mann führen, sondern auch die Gesellschaftsschichtung, die einzelnen Familien erbliche Eigenschaften unterstellt; von aussätzigen bis zum Adel.
(Chinua Achebe 1960 Heimkehr in ein fremdes Land, S. 71)
Obi Okonkwo hat sich bereits auf der Schiffsreise von England nach Lagos in die Krankenschwester Clara verliebt und beginnt mit ihr eine Affäre. Sie ist aber eine gesellschaftlich Verfemte, weil einer ihrer Ahnen einem Gott geweiht wurde und seine Nachkommen - also auch Clara - und ihre Kinder unter den gesellschaftlichen Aussatz fallen würden. Der moderne Obi akzeptiert diesen "Unsinn!" (S. 84) nicht und verlobt sich mit ihr. Diese Entscheidung bringt ihn in einen Konflikt mit allen anderen Ibo in Lagos, seiner Familie und den Einwohnern im Heimatort. Seine geliebte Mutter, auf die er alle Hoffnung als Vermittlerin setzt, sagt ihn, dass sie sich umbringen würde, wenn er Seine Verlobte heiraten würde.
Seine Stelle in der Stipendienkommission ist anfällig für Korruption. In jeden Jahr erhalten nicht etwa die Besten ein Stipendium, sondern die Zahlungskräftigen. Als ein Bruder für seine Schwester fragt, wie Obi helfen könnte, dass diese ein Stipendium erhält, macht Obi lautstark und öffentlich klar, dass er nicht zu bestechen ist.
Seine moralische Integrität birgt eine Gefahr:
"Lehnst du es ab, dich bestechen zu lassen, bekommst du möglicherweise mehr Schwierigkeiten, als wenn du das Geld nimmst. Hatte nicht ein Minister, wenn auch in einem unbedachten und alkoholisierten Augenblick, gesagt, das eigentliche Problem sei nicht, dass man Bestechungsgelder nehme, sondern dass man versäume, das zu tun, wofür man die Gelder erhalten habe. Und weigerst du dich, Geld zu nehmen, wer garantiert dir, dass nicht ein "Bruder und Freund" das Geld in deinem Namen kassiert, nicht ohne vorher verbreitet zu haben, dass er in deinem Auftrag handele?"Das scheinbar hohe Gehalt als Akademiker reduzierte sich für Obi auf ein Viertel, da er fast die Hälfte zur Rückzahlung seines Stipendiums und ein Viertel für die Unterstützung seiner Eltern ausgibt. Von dem Rest muss er Wohnung, Auto und Personal, was ein höherer Beamter zur Repräsentation seiner gesellschaftlichen Stellung benötigt, unterhalten und selbst leben, was sich zunehmend als unmöglich erweist. Korruption erfolgt nicht nur direkt mit Geld. Die oben genannte Schwester, die ein Stipendium haben möchte, besucht ihn privat und bietet ihren Körper für seine Fürsprache in der Studienkommission. Obi orientiert sich an der Charakterfestigkeit seines weißen Chefs, der fleißig und pünktlich seine Arbeit macht. Die junge Frau erhält ihr Stipendium, ohne dass sie mit Geld oder Sex an Obi bezahlt. Der fühlt sich in seiner Haltung bestätigt, bis ihn sein Freund darauf hinweist, dass sie wahrscheinlich mit den Auswahlausschussmitgliedern geschlafen hat.
(Chinua Achebe 1960 Heimkehr in ein fremdes Land, S. 103)
Die ganze moralische Position von Obi Okonkwo bricht zusammen, als Rechnungen und Steuerforderung überhand nehmen, er sich von seiner Verlobten trennt und danach auch noch eine Abtreibung bezahlt. Ihn wird wieder privat »Kola«, wie das Schmiergeld in Lagos heißt, angeboten und in seiner Wohnung liegen gelassen. Er rührt das Geld zunächst nicht an, nimmt das Geld dann aber, da er weiß, dass der Stipendienwunsch bereits genehmigt ist. Ähnlich lässt er sich mit einer Stipendienkandidatin auf eine gemeinsame Nacht ein, da er weiß, dass sie bereits auf der Auswahlliste steht. Sein Gewissen bleibt rein und er erwirb schnell den Ruf eines Gentleman, der für »Kola« auch das tut, was die Zahlenden erwarten.
Diese Naivität von Obi Okonkwo spricht sich jedoch auch bei der Kriminalpolizei herum, die ihn eine Falle stellt. für die Annahme von "nur" 20 Pfund wird er angeklagt und verurteilt, womit sich ein Kreis schließt, denn dies ist auch die erste Szene im Roman.
Es ist erschreckend, wie realistisch Chinua Achebe Ende der 1950-er Jahre die Zukunft afrikanischer Staaten beschrieb. Korruption bis in die Spitze des Staates ohne das dies je offen gesagt wird und immer wieder moralisierende Diktatoren, die ihr Land von diesen Übel befreien wollen (u.a. Jerry John Rawlings in Ghana 1979 und 1981).
Korruption ist kein spezifisch afrikanisches Problem, nur dort ist es in vielen Ländern über Jahrzehnte fest etabliert, dass stets für alle Leistungen, die von Menschen, die nicht zur Familie gehören, mit der Zahlung von Geld verknüpft ist. Sei dies im Krankenhaus oder einer Behörde. Und das Polizisten Wegelagerer sind, die einfach von jeden passierenden Fahrzeug Geld kassieren, habe ich selbst schon beobachten müssen.
Dieser Roman erschien 1960 unter den Titel No Longer at Ease im Verlag W. Heinemann, London. Erst 2002 erschien die deutsche Übersetzung unter den Titel Heimkehr in fremdes Land im Suhrkamp Verlag.
Chinua Achebe erhielt im selben Jahr im Rahmen der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zugesprochen. Wäre auch peinlich gewesen, wenn einen Autor einer der bedeutendsten deutschen Literaturpreise verliehen würde und einer seiner wichtigsten Werke nicht auf Deutsch vorliegt.
Übersetzung: Susanne Koehler, die seit den 1980-er Jahren anglophone afrikanische Autoren wie Ngugi wa Thiong'o (Kenya), Meja Mwangi (Kenya) und eben Chinua Achebe (Nigeria) übersetzt.
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