Sonntag, 18. Mai 2014

Filmkritik Grand Budapest Hotel

Was macht einen großartigen Film aus?
Das Grand Budapest Hotel könnte hier ein Vorbild sein.
Humor, Konsequenz, mehr Humor, Imagination und noch mehr Humor.

Filme von Wes Andersen passen in kein Schema und sind deshalb so schwer zu fassen. Der Einstieg ist ein Meisterwerk der Imagination. Da ist zunächst nur ein Hotel als Zeichnung, dann auf der ersten Erzählebene als baufällige Sozialismus-Ruine, die erst mit der nächsten Erzählebene zur dekadenten Schönheit der vergangenen Adelsherrschaft aufwacht.
Wes Anderson ist dabei konsequent anachronistisch. Es werden Daten genannt, es werden Jahre genannt, aber diese können nicht stimmen. Die Anspielungen auf historische Ereignisse (imperiale Zeiten, Kolonialkrieg, zwei Kriege im eigenen Land, preußische Influenza, Übereignung des Hotels an das Volk) lassen Assoziationen zu, die aber früher oder später als Geschichte stattfanden. Diese Anspielungen auf die Geschichte sind oftmals von bitteren Witzen begleitet.

Die Actionszenen sind eine Farce. Ob eine Verfolgungsjagd oder eine Schießerei, alles ist überdreht und erinnert an den Humor, wie er seit den Laurel & Hardy-Filmen bekannt ist.
Die Ausstattung ist pompös und Kamerafahrten machen das Große, Feine, Edle größer, feiner und edler. Der Schnitt spielt mit Überraschungen, wenn plötzlich ein Szene 90° versetzt weiter geht und dieser Perspektivwechsel eine Absurdität einer Situation offenbart.
Die Charaktere und ihre Physiognomien haben etwas von Karikaturen. Seien es die Größenverhältnisse der Personen, ein Muttermal in der Form von Mexiko (Land der Hoffnung für viele Menschen im frühen 20. Jahrhundert), die Frisuren, die Bärte. Der Film spielt manchmal mit Elementen und Möglichkeiten einer Graphic Novel.
Der Humor ist oftmals schwarz. Es sterben Menschen, es werden Menschen ermordet, es werden Menschen verletzt und dennoch werden in diesen Szenen witzige Situationen erzählt. Die Ständegesellschaft (reicher Adel und Bedienstete, aber auch Handwerksmeister/Vorgesetzter und Untergebene) und der Rassismus zwischen Imperium und Kolonie werden durch Verwaltung und Erzählungen erklärt, die für einen modernen Menschen ein schlechter Witz sind.
Es bleibt dabei aber ein warmherziger Film. Es gibt auch Liebe, es gibt bedingungslose Loyalität, die noch mehr als Freundschaft die Verhältnisse prägt.
Filmhistorisch wird auch auf den seit Jahren gepflegten Stil der falschen Fährten in Kriminalfällen verwiesen. Zwei Handlungsstränge werden in kurzen Szenen scheinbar zu einer Handlung, die aber nach einem monströsen Mord sich final als Spiel des Regisseurs mit den Zuschauern herausstellt.

Das ist eigentlich auch die einzige wirkliche Kritik an diesem Film. Es gibt einige Brutalitäten, die nicht wesentlich für die Handlung sind. Ja Mörder, Militärs und Nazis sind brutal, aber da gibt es dann so abstoßende Bilder, welche die Leichtigkeit des Films zerkratzen.

Es ist eine Freude zu sehen, wer alles - zum Teil in sehr kurzen Sequenzen - in diesem Film mitwirkt. Der Film wurde auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären / Großen Preis der Jury ausgezeichnet und gehört zu den inzwischen seltenen Filmen, die zehn oder mehr Wochen im Kino laufen.
Der Film erhält von mir 8-9 von möglichen 10 Punkten auf meiner persönlichen Filmbewertungsskala.
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The Grand Budapest Hotel (UK, D 2014, 100 Minuten)
Regie und Drehbuch: Wes Anderson
Musik: Alexandre Desplat
Kamera: Robert D. Yeoman
Schnitt: Barney Pilling
Mit: Ralph Fiennes, Tony Revolori, F. Murray Abraham, Mathieu Amalric, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Tom Wilkinson, Bill Murray, Edward Norton, Jason Schwartzman, Tilda Swinton, Owen Wilson u.v.m.

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