Samstag, 23. Dezember 2006

Bjoern Lomborg und sein Skeptical Environmentalist

Erkki aus Tallinn verwies mich auf einen politischen Autor, der weltweit diskutiert wird, aber bisher nicht zu meiner Kenntnis gelangte. Ich möchte nun auch meinen Senf zu Bjørn Lomborg und seinem „Skeptical Environmentalist“ geben. Eine gute Darstellung findet sich in der Wikipedia, dort finden sich auch notwendige Hinweise auf Pro- und Contra-Informationen.

Bjørn Lomborg, ein Politologe ohne naturwissenschaftliche Grundlagen glaubt, dass die Szenarien zur Erderwärmung, Übervölkerung, kommenden Mangel an Energie, Wasser und Holz und der allgemein beklagte Rückgang in der Biodiversität von Übertreibungen und Fehleinschätzungen geprägt sind.
Da sich das Europa-Kolleg 2006 mit dem Verhältnis Mensch und Natur in der europäischen Kulturgeschichte und Gegenwart beschäftigte, sollte dies auch dort ein Thema werden.
Zu mindestens zwei der oben genannten Fragestellungen meine ich eine qualifizierte Meinung äußern zu können.

A.) Übervölkerung
Wer auf diesem Pferd noch reitet, der reitet auf einem scheintoten Klepper. Seit fast zwanzig Jahren sagt die Demographie, dass in einer absehbaren Zeit eine maximale Weltbevölkerung erreicht wird. Exponentielles Wachstum, wie er noch in den 70er Jahren in dem Wort „Bevölkerungsbombe“ als Warnung tituliert, wird selbst für die afrikanischen Staaten, die heute noch ein jährliches Bevölkerungswachstum von mehr als 2 Prozent pro Jahr haben, nicht mehr erwartet. Sozioökonomische Situation und Kultur bestimmen den Kinderwunsch. Bis auf wenige Ausnahmen haben sich zum Beispiel bisher alle Zuwanderergruppen nach Deutschland innerhalb einer Generation an der regenerative Verhalten der Deutschen angepasst.
Selbst im subsaharischen Afrika gibt es in den Metropolen einen rasanten Trend zu deutlich kleineren Familien. Dies hat etwas mit dem Wunsch nach guter Ausbildung der Kinder und einem sich erhöhenden Heiratsalter zu tun. Wenn dieser Trend mit dem Fakt multipliziert wird, dass bereits in vielen Staaten Afrikas die Urbanisierung die 50-Prozent-Quote überschritten hat, dann sollte deutlich werden, wohin auch dort der demographische Trend läuft.

Thomas Robert Malthus mit seinem „Essay on the Principle of Population as it Affects the Future Improvement of Society“, London (1798; deutscher Titel: Das Bevölkerungsgesetz) war und ist ein wichtiges Buch, um bestimmte Prinzipien der Demographie zu verstehen. Doch es gibt meiner Meinung nach keine Ernst zu nehmenden Neo-Malthusianer.
Lomborg und seine Spekulationen über Bevölkerung und Ernährungssicherung führten zu den Studien über die Tragfähigkeit der Erde als Ganzes und der landwirtschaftlichen Produktionsmöglichkeit einzelner Regionen und Staaten (BTW: Dies war das Thema meines Referates für mein erstes Hauptseminar an der UNI Hannover). Die Berichte an den „Club of Rome“ in den 70-er Jahren und der Bericht „Global 2000“ (1980) an den US-Präsidenten fassen die früheren Erkenntnisse und Spekulationen zusammen. Tragfähigkeitsdebatten der heutigen Zeit sollten die Zerstörung und Verseuchung von Nahrungsmittelproduktionsgebieten einbeziehen. Die Industrialisierung der Produktion (Lachs in der Nordsee; Garnelen in den Tropen, Soja in Brasilien, Schweine in Niedersachsen, etc.) schafft heute größere Probleme für die Nahrungsversorgung als das die Bevölkerungszahl.

B.) Klimawandel
Zum Thema der globalen Erwärmung sollte zwischenzeitlich jeder Zweifel beseitigt sein. Zwei UNI-Kurse zur Klimatologie sind wenig, aber seitdem hat mich die Faszination für Klimastatistiken (Fakten und Trends) nicht verlassen. Lomborg hält die Prognosen für übertrieben und glaubt als Positivist, dass der Mensch der Zukunft die Probleme in den Griff kriegen wird. Selten so gelacht. Das erinnert fatal, an den Dumpfsinn der derzeitigen US-Regierung.
FCKW ist nunmehr seit mehr als einem Jahrzehnt in fast allen Ländern verboten. Bereits vor dem Verbot wurde gesagt, dass die Auswirkungen noch viele Jahr ansteigen würden und die Probleme erst nach Jahrzehnten zurückgehen würden. Eine realistische Einschätzung, wie jährlich immer wieder gemessen wird. Das Ozonloch wuchs nach dem Verbot von FCKW weiter und selbst über dem Nordpol baute sich diese Gefahr weiter auf und das Ozonloch wuchs. Wann diese elementaren Gefahren für Vegetation und Kleintiere (Krill der Antarktis) beseitigt sind, steht zwar nicht in den Sternen, aber es wird noch lange dauern. Ähnlich ist es mit den Trends in der globalen Erwärmung. Die Thermostate wurden vor Jahrzehnten hoch gedreht und seit den 90er Jahren steigen die Temperaturen, weltweit und selbst regional messbar.
Temperaturanstieg Hannover, 30-Jahre-Durchschnittswert, Wetter, Hannover, Temperatur, Erwärmung
Als Statistikfreund eine Abbildung aus meinen Datenbanken. Die Graphik zeigt den gleitenden Temperaturdurchschnitt für Hannover nachdem er durch 10, 20, 30 und 50-Jahre-Filter gelaufen ist. Jeder Punkt repräsentiert 120, 240, 360 bzw. 600 einzelne Werte.
Die Klimatologie benutzt 30-Jahreswerte, aber die beiden anderen Werte zeigen deutlich den Trend. Der 30-jährige Temperaturdurchschnitt (blaue Graph), also die in offiziellen Veröffentlichungen genannte Jahresdurchschnittstemperatur von Hannover erhöhte sich seit Anfang der 1980er Jahre von 8,7°C auf nunmehr bereits 9,4°C. Der 10-Jahres-Durchschnitt (rosa Graph) zeigt aber wo es schon bald hingeht. Selbst ein radikaler Wandel in der Klimapolitik bräuchte zur Durchsetzung mehr als 10 Jahre (siehe Kyoto-Protokoll).
Ein Beispiel: Regenerative Energieerzeugung ist bei uns seit zwanzig Jahren ein Thema, dass auch zu staatlichen Fördermittel führt. Doch erst in den letzten fünf Jahren ist die Energieerzeugung in Bereiche gelangt, die im Vergleich mit anderen Energieträgern eine sinnvolle Darstellung ermöglicht.


Was kann zu Bjørn Lomborg abschließend gesagt werden. Seine Statistik- und Diagrammflut erinnert an Club of Rome und Global2000 und hilft eigene Argumentationen zu überprüfen und klarer zu formulieren. Seine Schlussfolgerungen sind geistige Kurzschlüsse.
- - - - -
Ein Nachtrag zu Björn Lomborg

Keine Kommentare: