Donnerstag, 28. Dezember 2006

Filmkritik - Walk the Line (2005) James Mangold

Walk the Line (136 Minuten, USA 2005)
Regie: James Mangold


Ohne eine Affinität zur Musik von Johnny Cash sollte dieser Film nicht besucht werden. Doch wer seine Musik und seine Texte mag, wird begeistert sein. Ich bekenne, dass ich zu diesen Ignoranten gehörte, die erst mit mit dem Spätwerk der American Recordings seit 1994 die Qualität dieser Musik entdeckten. Vorher galt Cash für mich als ein Beispiel vom unerträglichen Country & Western mit seiner heilen Welt und dem aufdringlichen US-Patriotismus; anders gesagt, ich hatte keine Ahnung.

Diese Filmbiographie, die auf den beiden Autobiographien von Johnny Cash basiert, lebt von der Magie der Musik; Stücke werden nicht nur angespielt, sondern oftmals ausgespielt. Joaquin Phoenix (als Johnny R. Cash) und Reese Whitherspoon (als June Carter) singen überzeugend die Lieder. Ich möchte zunächst den Film schildern und erst im letzten Abschnitt mich über den Film äußern.

Erzählt werden einige Momente aus der Kindheit, des Militärdienstes in Deutschland, aus der ersten Ehe mit einer Jugendliebe, dem Scheitern als Vertreter von Haushaltswaren und dem Beginn seiner Musikerkarriere. Als Musiker wird seine Prägung durch christliche Hymnen, afroamerikanischen Gospel und der populären Carter Family gezeigt. Mit zwei anderen Selfmademusicians führte die erste Plattenaufnahme zur Aufnahme in einen Zirkel von Musikern (June Carter, Jerry Lee Lewis, Elvis, u.a.), die als Karawane durch die USA tingelten. Hier entwickelte sich seine Bühnenpräsenz, die in Kombination mit den Texten und dem charakteristischen Rhythmus seine herausragende Stellung in der Musikgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert erklären.
Es wird keine nette Geschichte erzählt, denn während des Tingelns begann eine Drogenabhängigkeit (aufputschende Tabletten) und regelmäßige Alkoholexzesse, die neben einer erwachenden Liebe für June Carter seine Musikkarriere unterbrachen und zum Ende der ersten Ehe führten. Einer der Hintergründe für die Flucht in die Welt der Drogen liegt in der Familie begründet. Ein Vater, der niemals etwas Positives über seinen Sohn sagt und damit eine permanenten Selbstzweifel gelegt hat, die in einer psychologischen Übersprungshandlung durch Sprüche versteckt werden.
Und dann geht der Film natürlich über die vergebliche Liebe zu June Carter. Eine Seelenverwandtschaft wird bereits erkannt, als beide noch mit anderen Personen verheiratet sind. Wer etwas aus der Biographie von Johnny Cash kennt, weiß das es Jahre gedauert hat, bis June Carter in einer spektakulären Situation schließlich ihr Jawort gab.

Der Film endet hier und blendet glücklicherweise damit seine missionarische Phase in den 1970-er Jahre aus, als einige unerträgliche Texte eingespielt wurden.

Der Film ist sehr gut! Die prägenden Situationen in der Lebensgeschichte vermitteln intensiv die grundlegenden Gefühle. Die Fröhlichkeit in den Aktivitäten mit dem älteren Bruder; die Beklemmung und Verzweiflung anlässlich seines Unfalltodes und die Traurigkeit in der Einsamkeit als nicht verstandener junger Erwachsener.
Es ist Erzählkino mit langen Dialogen. Es ist ein Musikfilm, der auch ohne eingeschnittene Dokumentarszenen wahrhaft erscheint. Johnny Cash erklingt im Original nur als Hintergrund aus einem Radio und im Abspann.

Die junge Reese Witherspoon hat bereits eine lange Filmographie zu verzeichnen, auch wenn Sie bisher nur in Rollen als Jugendliche oder junge Erwachsene bekannt wurde. Sie und Joaquin Phoenix spielen so überzeugend, dass die Nominierungen für den Oscar im Fall von Reese Witherspoon auch in einer Statue mündete.

Walk the Line bekommt von mir sieben von zehn möglichen Punkten meiner Filmbewertungsskala.

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