Donnerstag, 28. Dezember 2006

Sofia Coppola 1999 The Virgin Suicides

Filmkritik The Virgin Suicides (USA 1999 - Deutscher Titel "Das Geheimnis ihres Todes") - Alle technischen Daten hier
Die erste Regiearbeit von Sofia Coppola (Lost in Translation, 2003 und Marie Antoinette, 2006) wirft ein beklemmendes Bild auf die weißen Vororte der USA und zeigt bereits ihre Qualität der Regisseurin und Drehbuchautorin.

Erzählt wird der Selbstmord der fünf Töchter einer Familie, die zur oberen Mittelschicht gezählt werden möchte. Die jüngste Tochter setzt mit 13 Jahren ein Fanal, als sie sich in der Badewanne ihre Pulsadern aufschneidet und für die gesamte Nachbarschaft sichtbar gerettet wird. Der hinzugezogene Psychiater (Danny de Vito ist in diesem Gastauftritt nicht sofort zu erkennen) wertet nach einem kurzen Rorschachtest diesen Selbstmordversuch als ein Signal für mehr Aufmerksamkeit, aber nicht als Willen sein Leben zu beenden.
Gezeigt wird eine Familie, die von einer Mutter dominiert wird, die Zuflucht in allen Lebensfragen in ihrer von der Bibel geprägten und gepredigten Welt findet. Der Vater ist ein in sich gekehrter Lehrer für Mathematik auf der High School, auf der auch seine Töchter unterrichtet werden. Er ist es gewohnt, dass ihn niemand zuhört und hört selbst auch nicht mehr zu. Die Mutter versucht eine Moral zu leben und den Kindern aufzudrängen, die in der Realität der 70-er Jahre nicht mehr gelebt wird. Es ist also eine wohl behütete Familie, die nach außen nur Zufriedenheit und Keuschheit signalisiert.
Als Erzähler fungiert ein Nachbar, der aus der Gegenwart heraus zu verstehen versucht, wie es zum Selbstmord kommen konnte. Es ist also keine Überraschung, vom Beginn an ist es klar, dass schließlich alle fünf Töchter sich selbst töten werden.
Das Weltbild der Mutter wird durch den Selbstmordversuch der Jüngsten erschüttert und die Familie beschließt die erste (und einzige) Party für ihre fünf Töchter zu organisieren. Jungs aus der Nachbarschaft erscheinen in schlecht sitzenden Anzügen und unter den Blicken der Eltern kommt nur wenig Stimmung im Partykeller auf. Ein geistig zurückgebliebenen Junge wird von den anderen Jungen zu lächerlichen Aktionen gebracht und das Entsetzen der 13-jährigen ist offensichtlich. Sie bittet ihre Mutter darum, diese Party, die eigentlich ihre Party ist, verlassen zu dürfen. Ihr wird erlaubt sich auf ihr Zimmer zurück zu ziehen. Sie springt aus dem Fenster auf eine der Spitze eines stählernen Zierzaunes vor dem Haus und stirbt spektakulär und öffentlich.
Einer der Nachbarsjungen nimmt in dem Chaos, dass darauf folgt, ihr Tagebuch und die im folgenden mit den anderen Jungen gelesenen Einträge zeigen eine zutiefst einsame, sich nicht verstanden fühlende, junge Frau. Die verbleibenden vier Töchter werden noch näher an die strenge Religion herangeführt. Im Haus finden sich überall Kruzifix. Der Priester der loklaen Kirche erklärt stolz der Mutter, dass er als Todesursache einen Unfall in das Kirchenbuch eingetragen hat.
Mit dem neuen Schuljahr kommen die Mädchen wieder mit Gleichaltrigen zusammen und ihre Schönheit führt zwangsläufig zu Einladungen zu Feiern. Erst für eine Party, auf welcher der Vater Aufsichtsperson ist, dürfen sie schließlich in von der Mutter genähten, wenig attraktiven Kleidern am Abend auch einmal das Haus verlassen. Es passiert, was zu erwarten war. Eine der Töchter zieht sich mit ihren Freund von der Party zurück und es kommt zum ersten Sex. Die drei anderen fahren alleine mit ihren Begleitern zurück zum Haus. Die Rückkehr der letzten Tochter erfolgt erst im Tageslicht und es gibt massive Vorhaltungen.
Hier kommt es zum Bruch mit der Außenwelt. Die vier Töchter werden von der Mutter von der Schule genommen und ins Haus gesperrt. Die Jungs der Nachbarschaft beobachten mit Fernglas und Fernrohr die Töchter, die schließlich durch Lichtzeichen im Morsecode Kontakt aufnehmen. Via Telefon lassen die Jungs die eingesperrten Mädchen am realen Leben teilnehmen. Schließlich kommt eine Einladung zur gemeinsamen Flucht. Die Älteste öffnet sehr spät die Hintertür und entschwindet aus dem Haus. Die Jungs gehen aufgeregt ins Haus und warten auf die anderen Mädchen. Sie finden im Partykeller Leichen (Selbstmord durch Erhängen und Tabletten). Die Älteste bringt sich währenddessen in der väterlichen Garage mit den Abgasen des Familienwagens um.

Der Film zeigt den alltäglichen Wahnsinn einer Familie, in der zu viel Religion die Wünsche und Träume der Kinder so weit einschränkt, dass diese keinen Sinn mehr für ein Weiterleben sehen. Eine Familie in der über die Generationen nur in Ritualen bei Tisch gesprochen wird. Die Mädchen erscheinen so lebensfroh und optimistisch, dass der folgende Ausschluss aus dem weltlichen Leben im mütterlichen Gefängnis sie zerstört. Bereits beim ersten Selbstmord haben weder Vater noch Mutter begriffen, was sie ihren Kindern antun.
Die distanzierte Erzählweise mit Augenzeugenbefragungen aus der Jetztzeit tut das übrige. Der Erzähler möchte auch nur verstehen, was der Grund für diese Familientragödie war. Die Verlogenheit der Vorstädte spielt eine wesentliche Rolle, wenn die ätzenden Nachbarn über die Familie oder anderen Menschen herziehen.

Ich habe einen beeindruckenden Film gesehen! The Virgin Suicides bekommt von mir sieben von zehn möglichen Punkten meiner Filmbewertungsskala.

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