Mittwoch, 20. Dezember 2006

Arundhati Roy 1997 Der Gott der kleinen Dinge

Arundhati Roy „Der Gott der kleinen Dinge“. Roman aus den Englischen von Annette Grube. Karl Blessing Verlag, München 1997 (Original: The God of Small Things, Harper Collins, London 1997)

Ich nehme auf meinen Urlaubsreisen auch stets mindestens eine schwere, gehaltvolle Lektüre mit. Im letzten Jahr war es das hochgelobte und mit Preisen ausgezeichnete Erstlingswerk von Arundhati Roy.

Es ist schwer, zu diesem Buch etwas zu schreiben. Es ist sehr bewegend und trotz seiner labyrinthischen Erzählweise fesselnd. Die Zeitsprünge nach vorn und hinten sind unvermittelt. Eine Leerzeile und ein neuer Absatz erzählt eine Vorgeschichte oder einige der Folgen der vorherigen Handlung.
Ein Buch über die Liebe, die Familienliebe (kein Sex!) zwischen Geschwistern und zur Mutter. Eine manchmal nur noch faszinierende Sprachgewalt und -beherrschung. Unterschiedliche Sprachebenen mit konsequenter Wortwahl, um die Welt der Kinder in ihren Augen und Worten zu beschreiben. Und einige dieser spielerischen Worte schleichen sich dann auch in die Welt der Erwachsenen.
Zur Handlung. Es wird die Geschichte einer indischen Oberschichtsfamilie syrisch-christlichen Glaubens, die in einem Dorf in Küstennähe zu Cochin leben, erzählt. Zweieiige Zwillinge sind die Hauptpersonen. Deren Harmonie, die sie beide zu einer Person verschmelzen ließen (sie denken und fühlen es und verstehen sich als wir) wird noch während der Kindheit durch einen Unglücksfall beendet. Es ist eine Geschichte in einer modernen Welt des Jahres 1969, in die der Fernsehapparat mit seinem US-Kulturmüll eindringt und wo das Kastenbewusstsein selbst bei Menschen, die Universitäten besucht haben, das Leben prägt. Es ist eine Welt, die sich vom ersten Nationalismus der Kongresspartei löst, wo eine KP lokale Verantwortung übernimmt und scheitert, in der die lokale Wirtschaft erstmals in allen Überlegungen an Kunden denken muss, die sie selber nie kennen lernen wird.

Und dies alles ist kunstvoll verwoben. Es ist eine Geschichte, die mich oft zum Schmunzeln brachte, aber auch eine so tragische Geschichte, das es manchmal nicht auszuhalten ist. Bei einer Verfilmung würde ich dann die Augen schließen, denn das jeweilige Unglück wird sehr drastisch erzählt.

Holt euch das Buch, es ist ein großes Vergnügen und Erlebnis!

Keine Kommentare: