The Fisher King (USA 1991, 132 Minuten; deutscher Titel: Der König der Fischer)
Regie: Terry Gilliam
Der König der Fischer ist einer dieser Filme der gleich auf mehreren Ebenen herausragend ist. Die Darstellenden, die Geschichte, ihre Umsetzung und die Musik.
Erzählt wird die Geschichte zweier psychotischer Charaktere, die durch einen Amoklauf, für den sich der eine verantwortlich fühlt und durch den der andere seine Frau verlor, verbunden sind. Es geht um Schuld, Erlösung von dieser Schuld und allgemeiner um die Verantwortung, die jeder für seine Worte und Taten hat. Da es ein Film von Terry Gilliam ist, hat es eine überbordende Bildersprache.
Jeff Bridges (Jack) spielt einmal mehr einen egozentrischen Charakter, der durch sein Verhalten und seine Worte aggressive Distanz zur Umwelt halten will. Als Moderator einer Radiotalkshow war er der letzte, der mit dem Amokläufer gesprochen hat. Er fühlt sich schuldig für diese Tat und ist vom Scheitern seines Lebens überzeugt.
Robin Williams (Parry) spielt einen Obdachlosen, der seit dem Mord an seiner Frau während des Amoklaufes, oftmals in eine Parallelwelt entgleitet, die mit Ängsten besetzt ist. Er sieht und hört Fabelwesen und ist überzeugt, dass seine Erlösung in einer Queste zum Erwerb des Grals liegt. Dieser Wahn tritt schubartig auf und hat Verbindungen zu Szenen, die ihn an das Glück vor dem Mord erinnern. Ein feuriger roter Ritter auf einem Schlachtross symbolisiert seine Ängste und die Bruchlinie zur so genannten Normalität.
Mercedes Ruehl (Anne) spielt eine Frau, die Jack aufgenommen hat und in ihn die Liebe ihres Lebens erkannt hat. Sie erträgt deshalb seine aggressiven, Selbst hassenden Phasen, die dieser mit Flaschen von Jack Daniels umspült. Ihr Gesicht, ihre Augen (!) sind ein überzeugender Spiegel der widerstreitenden Emotionen. Als eine Anerkennung gab es hierfür den Oscar für die beste Nebenrolle.
Und dann ist da noch Amanda Plummer (Lydia) als hässliches Entchen. Sie arbeitet in der Verwaltung eines Verlages und kalkuliert die Produktionskosten für Groschenromane in der Kategorie Herzschmerz. Sie hat noch nie wahre Liebe erfahren und versteckt sich und vor allem ihr Gesicht hinter unauffälliger Kleidung und einer großen Mütze. Als Konsumentin von Pulp Fiction lebt sie ihre Emotionen alleine in diesen privaten literarischen Welten aus.
Parry rettet Jack das Leben und steht damit für ihn in einer doppelten Schuld. Sein Versuch Jack mit Geld zu helfen, ist ein vergebliches Abarbeiten seines selbst zugeschriebenen Traumas. Doch diese ersten Kontakte zeigen ihn, dass er Parry helfen kann, als er erfährt, dass dieser in seinen klaren Momenten in Lydia verliebt ist. Sie ist für ihn die schönste aller Frauen. Jack und Anne versuchen aus dem Stadtstreicher und dem grauen Entchen ein Paar zu machen, in dem beide bestärkt werden, dass sie attraktive Menschen sind, die nur auf einander zugehen müssen. Der arrangierte Abend im Restaurant öffnet die Tür zum Herzen der angebeteten Frau.
Nach einem romantischen Abschiedskuss endet der Abend für Parry in einem katastrophalen Flashback. Das Glück mit der neuen Frau führt zum Glück mit seiner ermordeten Frau und der rote Ritter verfolgt ihn durch die Stadt. Dieselben „netten Jungs aus der Nachbarschaft“, die bereits versuchten, Jack umzubringen, greifen ihn an und versuchen ihn Tod zu schlagen. Schwerverletzt und im Stupor seiner Wahnwelt endet er als katatonischer Wachträumender in einer Nervenklinik. Weder die Liebe von Lydia, die ihn dort regelmäßig besucht und pflegt, noch die aggressiven Anreden von Jack wecken ihn aus seiner Starre.
Jack realisiert, dass er sich auf die fixe Idee von Parry einlassen muss, und für ihn die Queste zum Gral fortsetzen muss. Als Helfer dieses Ritters der traurigen Gestalt wird in einen spektakulären Einbruch der Gral aus der Bibliothek eines Multimillionär gestohlen.
Der Gral ist eines der mythologischen Symbole für Jesus und steht für die Vergebung aller Sünden. Mit dessen Erwerb durch Jack und seiner Übergabe an den bewegungslosen Parry endet die Schuld. Die Finger von Parry beginnen den Gral, der in Wirklichkeit ein einfacher Erinnerungspokal für einen unbedeutenden Wettkampf ist, zu ertasten und die Katatonie endet und er kann mit Lydia ein neues Leben beginnen.
Das Happy End ist perfekt und überhaupt nicht kitschig.
In diesen Film wird viel psychologisiert, doch dankenswerterweise oftmals in Metaphern und Anspielungen. Terry Gilliam gelingt es die Wahnschübe in großartige Bilder umzusetzen. Als Parry seiner geliebten Lydia durch die Grand Central Station folgt, scheint die drängende Menschenmasse um ihn herum zu tanzen. Und tatsächlich gleiten die beiden poetisch durch Hunderte von Walzer Tanzenden.
Die Lebenslage der Ausgestoßenen und sich selbst Aufgegebenen wird mehrmals biographisch angerissen. Im Abspann wird dabei ein Schauspieler eines herausragenden Monologs unterschlagen. Der Sänger Tom Waits spielt einen Kriegsveteranen, der über das Bedürfnis, dass Elend nicht sehen zu wollen, spricht. Der Wahnsinn der Normalität, der Menschen aus die Realität drängen kann. Zwei Szenen haben eine unglückliche Länge und damit eine unangenehme Penetranz. Zur Kontaktanbahnung zwischen dem Traumpaar wird ein singender Schauspieler ins Büro von Lydia geschickt und der peinliche Auftritt im Restaurant kippt irgendwann und wird zu einen peinigenden Anblick, da zu viel über die beiden gelacht wird.
Der Film ist ein Meisterwerk, wenn auch ein schwieriger. Überall finden sich Anspielungen auf Mythen und Motive (Gral, Tafelrunde, Pinocchio, Don Quichote), aber Terry Gilliam zeigt hier wieder einmal seine Qualität. Wie im vorherigen Brazil (1984) und dem nachfolgenden 12 Monkeys (1995) gelingt ihn die Vermischung von realer und phantastischer Welt. Sein Humor entgleitet nicht in die Klamotte und sein Anteil an Monty Python ist angenehm zu spüren.
Ich gebe The Fisher King acht von zehn möglichen Punkten meiner Filmbewertungsskala.
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