Sonntag, 24. Dezember 2006

David Lynch 2001 Mulholland Drive

Mulholland Drive – Straße der Finsternis
(USA, Frankreich 2001, 141 Minuten)
Regisseur David Lynch

Zum zweiten Mal gesehen und immer noch angetan. Ist dies ein großer Film?

David Lynch ist bekannt für betörend-verstörende Filmphantasien. Twin Peaks war ein Meilenstein im Fernsehen. Statt brutale Cliffhanger wurden zum Ende einer Folge Rätsel scheinbar gelöst und neue rätselhafte Anspielungen bis zur nächsten Folge hinterlassen.
Die Auflösung dieser Serie war banal wie später in American Beauty oder aktuell Desperates Housewives. Die Verlogenheit einer bürgerlichen Gesellschaft, die stets den Schein von Idylle und Harmonie nach außen trägt. Deren Schweigen und Verschweigen von Aktivitäten, die dem gepredigten Ideal widersprechen, lässt nicht nur in den USA Konflikte eskalieren. Der Zwang die schöne Fassade gegenüber den Nachbarn und Freunden zu erhalten, führt mit fehlender oftmals als christlich bezeichneten Tugend zu krimineller Vertuschung von Fehltritten, Unfällen und Gewaltausbrüchen.

Mulholland Drive erscheint wie eine Parabel auf ein Bild von Hollywood. Da sind auf der einen Seite die Wünsche und Träume neu ankommender Menschen und auf der anderen Seite das Geschäft, mit seiner skrupellosen Durchsetzung von Interessen der Etablierten. Die beiden weiblichen Hauptpersonen werden zunächst nur schemenhaft vorgestellt und der schließlich alles verbindende Regisseur - optisch eine Karikatur von Wim Wenders - erscheint zunächst nur als Figur von einer von mehreren scheinbar parallel verlaufenden Geschichten. Immer wieder tauchen Personen auf, die dann plötzlich viele Szenen später eine Bedeutung entwickeln. Da David Lynch auch spektakulär Personen einführt, dessen Bedeutung für den Film nicht erklärt wird, kann ein Panoptikum von Figuren beobachtet werden.
Die schockierenden Bilder von Lynch sind bekannt, erschrecken aber dennoch stets wieder, wie ich bei der Albtraumgestalt und der verwesenden Leiche feststellte.
In der letzten halben Stunde wandelt sich der Film zu einem Varieté. Einige Fragen sind zu diesem Zeitpunkt scheinbar bereits kurz vor der Auflösung und eine Grundstruktur der Erzählung wird erkennbar. Doch mit der Szene im Varieté - alles ist vom Band! - beginnt eine Nummernrevue, die immer schneller wird und zunächst weitere Rätsel löst und auf viele mögliche Zusammenhänge verweist. Der Titelsong von Angelo Badalamenti erklingt nun zum dritten oder vierten Mal und wird jedes Mal länger eingesetzt. Das Stück entfaltet nun seine hypnotische Ohrwurmqualität.
Nach dem Besuch im Varieté beginnt eine Traumreise. Es findet sich eine Blue Box, die mit einen mysteriösen Schlüssel aus einer früheren Szene geöffnet wird und die bisherige Geschichte verschlingt. Szenen springen, Absurditäten tauchen auf, Horrorfratzen verfolgen Personen, ...

Am Ende gibt es keine offensichtliche Auflösung der Geschichte.

Da ich wieder über die Bedeutung von Symbolen, Metaphern und Traumbilder nachdenke, ist der Film mehr als gelungen. Er verstört und sollte eigentlich nicht alleine gesehen werden, da er Anlass für lange Diskussionen sein kann.
Wegen der Anregungen, der exzellenten Bilder und weil er so viele schreiend gute Sequenzen hat erhält der Film von mir neun von zehn Punkten meiner Filmbewertungsskala.

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