Donnerstag, 28. Dezember 2006

Afrika - Prolog eines Vorwortes einer Einleitung

Zwischen 1987 und 1999 habe ich mich summarisch mehr als zwei Jahre in verschiedenen anglophonen Ländern des sub-saharischen Afrika aufgehalten. Ich habe dort studiert, geforscht, gearbeitet, mich erholt und vor allem gelebt.

Freunde, Bekannte, Kollegen und natürlich die wunderbar neugierigen Teilnehmenden vom EK haben mich stets aufs Neue motiviert, Geschichten und Anekdoten meiner Erlebnisse und Beobachtungen zu erzählen.
Doch was kommt bei den Zuhörenden an? Alle haben ein Bild von der Fremde in ihrem Kopf, selbst wenn diese Person bewusst und offensiv mit Stereotypen und Vorurteilen umgeht. Dies ist bereits bei den Nachfragen zu bemerken. Rückblickend wird nach thrilling adventures gefragt, nach Erlebnissen mit Mikroorganismen, Insekten, Schlangen und größeren Tieren.

In einem Großatlas (90 mal 60 Zentimeter) für Kinder der Grundschule sind auf dem Kontinent Afrika vor allem Tiere dargestellt. Menschen sind in folkloristischen oder traditionellen Kostümen zu sehen. Hinzu kommen Ansichten von großartigen Landschaften. Nachfragen zu meinen Erzählungen spiegeln oftmals dieses bereits für Kinder aufbereitete Bild wider. In den kurzen Medienschnipseln oder in Spielfilmen mit Sequenzen in einem afrikanischen Land, wird alles dort zur Staffage degradiert und um die wiederkehrenden Motive Hunger, Naturkatastrophen, urbane Kriminalität und Kriege ergänzt.
In Briefen und Gesprächen musste ich bisher erleben, dass von meinen Erzählungen eine Ekel erregende Skurrilität wie die riesigen afrikanischen Kakerlaken erinnert werden. Dies ist wahrlich keine Motivation, weitere Geschichten zu erzählen.

Es geht mir doch eigentlich darum, zu vermitteln, welche positiven Erlebnisse dominieren und viele Menschen wie mich motivier(t)en, immer wieder ein Flugzeug zu besteigen und südlich der Sahara Lebensenergie zu tanken.
Ich mache mir natürlich so meine Gedanken darüber, warum die positiven Erzählungen vergessen oder zumindest nicht wieder von den Zuhörenden erwähnt werden. Denn es ist keine Flucht aus einem kalten, menschenverachtenden Teil der Welt in ein Paradies.
Hierzu noch einmal zurück zum falschen Atlasbild. Auf dem Kontinent leben doppelt so viele Menschen wie in Europa. Abzüglich großer Gebiete mit einer sehr geringen Bevölkerungsdichte (Wüsten, Tropenwald, Gebirge, Sümpfe) ergeben sich riesige Gebiete, in denen ähnlich viele Menschen je Quadratkilometer leben wie in Mitteleuropa. Und die Städte ... in vielen Ländern lebt bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Städten und vor allem in den Metropolen. Das ländliche Afrika existiert, aber die mit Stroh gedeckte runde Hütte ist die seltene Ausnahme.

Afrika ist in den Köpfen vieler Menschen in Europa angstbesetzt durch die drei großen K (Krankheit, Katastrophe, Krieg) und gute Nachrichten werden nicht wahrgenommen. Auf meinen Reisen lebe ich das intensives Leben eines europäischen Akademikers. Jede anglophone lokale oder nationale Zeitung, die mir in die Finger kommt, wird gelesen. Ich möchte die aktuellen Diskurse in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verstehen. Jedes längere Gespräch mündet in eine Diskussion über aktuelle Entwicklungen. Meine Fragen zur Geschichte und zum politischen Erinnern von im nachhinein als historisch bezeichneten Ereignisse und Entwicklungen geben mir Einblicke in eine andere Weltsicht.

Ich habe den Verdacht (Vorsicht, jetzt kommt Küchenpsychologie), dass diese Good News From Africa nicht ernst genommen werden, weil
a) meine Erlebnisse als eine Flucht vor DER REALITÄT bewertet werden, was ich in dieser Formulierung bereits öfters mir anhören musste,
b) Denkfaulheit und Angst die eigene Weltsicht zu überprüfen, zu einer Blockade bei Zuhörenden führt.

Wird es nun weitere biographische Erzählungen und Anekdoten von meinen Reisen und Aufenthalten geben? Natürlich, denn diese Erfahrungen haben den Menschen geprägt, der diese Zeilen schreibt.
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Mein allererster Brief aus einem afrikanischen Land nach Europa vom Juli 1987.
Notizen zur 1. Reise nach Tanzania und über die Schwierigkeit eine Aufenthaltsgenehmigung für mein Studienjahr an der Unversity of Dar es Salaam zu bekommen.

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