Freitag, 5. Januar 2007

Mujaheddin in Bosnien

In Bosnien wurde mir ein Mujaheddin vorgestellt. An dieses Erlebnis musste ich denken, als im Rahmen der medialen Aufdeckung der CIA-Entführungen nach (und bereits vor!) dem 11. September 2001 zu lesen war, dass einige der Entführten möglicherweise arabische Mujaheddin waren, die in Bosnien als Freiwillige gekämpft haben.

Was ist über die Mujaheddin (Mudschaheddin) bekannt? Die religiösen Guerillatruppen, die gegen die sowjetische Besetzung von Afghanistan kämpften, werden unter diesen Namen zusammengefasst. Dies waren Afghanen und Krieger aus einer Vielzahl muslimischer Nationen, die ihrer Kämpferstatus vor allem religiös begründeten. Finanziell und materiell wurden diese Kämpfer von der CIA und dem saudischen Königshaus unterstützt. Es ist ja einer der Treppenwitze der Geschichte, dass die radikalste Gruppe von Mujaheddin, aus der Al-Qaida entstand, vom US-Geheimdienst die finanzielle Grundausstattung erhielt.

In den verschiedenen jugoslawischen Kriegen kämpften neben Kroaten, Serben und Bosniaken auch Freiwillige auf allen Seiten. Russische Fanatiker kämpften ihren Krieg gegen den Westen, südamerikanische Altfaschisten unterstützten die faschistischen Einheiten der Kroaten und ehemalige Afghanistan-Kämpfer kämpften mit finanzieller Unterstützung von Saudi-Arabien für die europäischen Muslime. Der Kriegsbeitrag war religiös motiviert und entfaltete damit eine besondere Radikalität. Liberale Bosniaken wurden bedroht, weil sie ihre Frauen ohne Schleier auf der Straße verkehren ließen. Hinter der Front wurden die Bewohner der kroatischen Siedlungen Mitrovici vertrieben und es gab einen Überfall auf das Franziskanerkloster bei Travnik.

Die 17. Brigade der bosnischen Armee war die so genannte Mujaheddin-Brigade, doch in dieser Armee-Einheit gab es nur wenige arabische Soldaten. Der Name war ein Ehrentitel um den Durchsetzungswillen dieser Einheit zu glorifizieren. In zwei Brigaden wurden etwa 1.000 Kämpfer aus überwiegend islamischen Nationen integriert. Nach dem Krieg wurden die arabischen Kämpfer mit internationaler finanzieller Förderung ausgeflogen. Nur Mujaheddin, die zwischenzeitlich eine Bosniakin geheiratet hatten, durften im Land bleiben. Etwa 60 Mujaheddin blieben in Bosnien.
Der auch bereits während der Jugoslawienkriege vom Balkan berichtende Journalist Erich Rathfelder fasst die aktuellen Erkenntnisse über Mujaheddin in Bosnien zusammen.

Und hier beginnt ein eigenes Erlebnis. Die arabischen Mujaheddin waren im Krieg in der zentralen Region um die Industriestadt Zenica konzentriert. Ich hatte vor meinem Einsatz als Wahlexperte (Election Supervisor) im September 1997 bereits gelesen, dass einige der Moscheen von ehemaligen Mujaheddin geleitet werden. Vor den Wahlen habe ich in der Stadtmitte auf Einladung meines bosnischen Fahrer die zentrale Moschee besucht. Hier gab es einen Gedenkstein für zwei dort getötete Mujaheddin.
Doch ich begegnete auch noch einem Mujaheddin. Ich war für die Wahlen im Dorf Janjiçi am Bosna in der Zenica Municipality südlich der Stadt verantwortlich. Zentral im Ort lag analog zu unseren Dorfkirchen eine Moschee mit einem hohen Minarett. Nach den zwei Wahltagen besuchte ich noch einmal das Dorf und auf einen geführten Spaziergang gingen wir auch zur Moschee, deren Mullah ein Mujaheddin war. Er wurde mir als ein tief gläubiger Mensch vorgestellt, der den gesamten Koran auswendig rezitieren konnte. Er hatte ein Mädchen aus dem Dorf geheiratet und damit eine Aufenthaltsberechtigung erworben. Es konnte kein Gespräch stattfinden, da es keine gemeinsame Sprache gab.

Während des Bosnienaufenthaltes gab es viele Gespräche über Moral und Tradition mit Mitgliedern des Wahlvorstandes in Janjiçi. Sie waren entsetzt über die Moral, die über das Fernsehen aus den westlichen Staaten transportiert wurde.

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