Die glorreichen Drei und der Fluch des Blöden
Eine Strafexpedition der Extraklasse mit den taz nord-Autoren Hartmut El Kurdi, Michael Quasthoff und UrDrü begleitet von Volker Buck, Gitarre und Gesang.Das war endlich einmal ein ausgesprochen lustiger Abend im Pavillon Hannover. El Kurdi und Quasthoff sind regelmäßige Autoren der Wahrheit-Seite meiner taz und UrDrü hat eine wöchentliche Kolumne in der taz nord, wo er Politik und Leben der jeweils letzten Woche oftmals sehr deftig kommentiert.
Seit etwa einen halben Jahr gibt es eine gemeinsame taz für Norddeutschland statt der vorherigen Lokalausgaben für Bremen und Hamburg, die nur selten über den städtischen Tellerrand und Fettring der Metropolen hinausschauten. Ich habe in Form eines Leserbriefs auch eine Lobhudelei über diese verbesserte Struktur geäußert, die endlich Hannover oder auch Rotenburg/Wümme zur Kenntnis nimmt. Um diese neue Regionalausgabe bekannter zu machen, fand der oben genannte Satireabend statt.
Da saßen drei sehr unterschiedliche Charaktere auf der Bühne, die entsprechend unterschiedliche Stile pflegen. Doch alle drei waren in ihrer Art erhellend und erheiternd.
Hartmut El Kurdi (das ist kein Künstlername!) studierte in Göttingen und lebt in Braunschweig. Seine Beobachtungen sind eher als prosaisch zu bezeichnen und die Texte verzichten auf einen Aktualitätsbezug. Wenn er über den Endzeitprediger aus Braunschweigs Innenstadt oder den Smalltalk von Lotto-Spielenden erzählt, dann klingt es zum Teil handzahm wie Kishon in meiner Erinnerung ist, aber die Straßensprache der beobachteten Personen zeigt die angenehme Differenz zur klassischen Satire.
Michael Quasthoff aus Hannover übernahm die Einleitung und sein Metier ist die Glosse und das Absurde. Wenn Romanfiguren in der Agentur für Arbeit sich den kalten Bedürfnissen der modernen Welt anpassen müssen, dann geht es Schlag auf Schlag. Assoziationen zu den genannten Figuren können beim Zuhören nur kurz aufblitzen, da bereits der nächste literarische Name fällt und im Warteraum sitzen viele, die auf ein Arbeitsangebot warten. Es ist Humor für Intellektuelle mit selbstverständlichen Anspielungen auf die Antike und einen großen Kanon der Literatur der Neuzeit. Dem Bild entsprechend saß Quasthoff übermüdet auf dem Podium, trank Kaffee und rauchte eine Zigarette (natürlich ohne Filter) nach der anderen.
Herausragend war der quirlige Ulrich Reineking genannt Urdrü, der immer wieder mit den befreundeten Musiker Volker Buck kommunizierte und sogar einen seiner Texte über den Blues dialogisch begleiten ließ. UrDrü gab den lebensfrohen Spötter der Normalität und des grauen Alltags. Er war auch derjenige, der das Publikum -also uns- durch den Kakao zog. Die neue Bürgerlichkeit und Boheme im ehemals als grün-alternativ bezeichneten irgendwie linken Milieu, die sich an Luxusprodukten von Manufactum erfreut und ein Einkommen erreicht hat, dass ohne die Hilfe eines Steuerberaters scheinbar unnötige Abgaben zu zahlen verlangt. Er war der Clown auf dem Podium, der altmodisch für eine bessere Welt agitierte. Die Spitzen gegen den alltäglichen Irrsinn bei uns -egal ob in Hannover, Peine oder Rotenburg/Wümme führten zu lauten und vielstimmigen Gelächter.
Und dann war da Volker Buck, der Klassiker mit Gitarre und Gesang als Zwischentöne bot. Stücke von Hannes Wader (Heute hier, Morgen dort), Rio Reiser und US-Klassiker wurden interessant interpretiert und führten stets zu Applaus.
Der Abend hatte nur ein Manko, es fehlte Publikum! Im TAK drängen sich die Leut’ und sind viele Veranstaltungen ausverkauft. Die HAZ hatte den Satireabend als Tagestipp angekündigt und es gab keine thematisch ähnliche Konkurrenzveranstaltung, dennoch verliefen sich nur etwa 30 Interessierte in den kleinen Saal des Pavillons. Dem Pavillon ist eine Teilschuld zur geringen Zahl anzulasten, da die Ankündigung dieser Fremdveranstaltung nicht mit den üblichen Aufwand (kleine Werbeträger, etc.) beworben wurde und die wenige Werbung sehr spät erschien.
Oder sind es immer noch die Vorbehalte, die von vielen Menschen gegenüber dem Pavillon gepflegt werden? Ich habe selbst Bekannte, die obwohl sie seit zwanzig Jahren in Hannover leben, noch nie einen Fuß ins Pavillon gesetzt haben und ihre ausgesprochenen und stillen Vorurteile nicht abbauen wollen.
Es ist wirklich zu wünschen, dass die dritte Etappe der Satiriker am 18. November in der Kulturetage in Oldenburg mehr Publikum zieht. Ein Kurzbericht zur Veranstaltung im Pavillon findet sich auch in der taz nord.
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