Sonntag, 14. Januar 2007

Sarasota Reise 2


Teil 2, immer noch der 25. Januar 2005

I’m in. Soviel Stress und dann war es doch nur warten, zwei Formulare, Fingerabdrücke von beiden Zeigefingern, ein Passbild ohne Brille und einige Standardfragen und schon klickte der Stempel in meinem Reisepass.
Ungewöhnlich war für mich, dass ich hier bereits meinen Koffer abholen musste und zwei Räume weiter der Koffer und mein Handgepäck ein weiteres Mal geprüft wurden. Mein Koffer hatte auf der Reise leider ein schweren Schaden abbekommen. Eines der Räder war abhanden gekommen und damit konnte das schwere Gepäck nur noch mit Rollwagen geschoben oder direkt getragen werden. Die Fluggesellschaft übernimmt ausdrücklich keine Haftung für Schäden an Rädern und Handgriffen von Koffern. Vielleicht muss ich mir hier nun einen neuen Koffer suchen.

Mein Koffer wurde wieder aufgegeben und plötzlich war ich außerhalb des gesperrten Bereichs. Nur eine Glastür trennte mich von den USA. Trotz der vielen Stunden Wartezeit auf meinem Flieger nach Sarasota sah ich aber keinen Grund, draußen einen Spaziergang zu machen. Also checkte ich wieder in den Abflugbereich ein. Mein Handgepäck wurde wieder an zwei Stellen elektronisch geprüft und ein weiteres Mal musste ich meine Schuhe ausziehen.

Hier geht es offensichtlich um Symbole. Einmal hat ein durchgeknallter Brite in seinen Schuhen eine Sprengstoffmischung transportiert und nun werden alle Reisenden an diesen Moment erinnert. Was wäre passiert, wenn der Sprengstoff gezündet hätte? Ist dies eines der Beispiele, wie US-Bürger in einen konstanten Level of Fear and Alert gehalten werden, wie Michael Moore als Grundthese in Bowling for Columbine argumentiert?

Hier habe ich die ersten breiten Amis gesehen. Sie + Er mit zusammen geschätzten 300 kg Lebendgewicht. Eben fuhr auf dem Laufband ein weiteres Paar vorbei. Die Frau war so breit, dass meine rundliche Nachbarin sich im Schatten versteckten könnte. Nur in Pretoria, Südafrika und auf einem Kulturfest in Cape Coast, Ghana habe ich solche aufgeschwemmten Körper bisher leibhaftig gesehen. Als ich diese Notizen schrieb, saß ich im Starbucks – wonach war diese Kaffeekette noch einmal benannt? * Lösung siehe unten! – und genoss den Coffee of the Day. Die Kaffeebecher sind deutlich größer als daheim.

Am Flughafen gab es eine Vielzahl von Propellermaschinen in unterschiedlichen Größen und dies war nicht ein musealer Teil des Flughafens. Von außen war auf den Maschinen das aktuelle Design der US Airways zu sehen. Die Maschinen wurden für Anschlussflüge genutzt, z.B. nach Harrisburg, falls sich noch jemand an die beinahe AKW-Katastrophe von Three-Mile-Island erinnert.
In den Zwischenzonen am Ende der Laufbänder gab es jeweils Sitzgelegenheiten mit einem verglasten Blick auf eine Sektion der Rollfelder. In einem Bereich waren dies weiße Schaukelstühle! Wunderbar, die Sonne schien intensiv und ich schaukelte mit geschlossenen Augen und guter Musik von CD einen Teil der Wartezeit weg. Dann wurde es anstrengend. In der 22. wachen Stunde begann ein grenzwertiges Gefühl. Die Müdigkeit war so umfassend, dass ich Probleme hatte, auch nur einen Artikel in der Zeitung zu lesen. Die Idee mit dem Kaffee war mal wieder blödsinnig, mein System läuft für einige Zeit auf Hochtouren und dann kommt die Müdigkeit sehr plötzlich und intensiv. Mir bot der Flughafen jetzt nur noch Reizüberflutung und leichte Kopfschmerzen. Eine kleine Bar hatte z.B. 10 laute Fernseher, die fünf verschiedene Programme zeigten, dazu lief ein Laufband mit den Aktuellen Sportnachrichten unterbrochen von aktuellen Zahlen von den wichtigen US-Aktienmärkten. Als wäre dies nicht bereits viel zu viel, tönte im gesamten Bereich auch noch aktuelle Musik (und dies war nicht die gleiche Musik, wie auf den Musikvideo-Kanal, der auf zwei der Glotzen gezeigt wurde).

Sechs Stunden nach meiner Ankunft in Charlotte wurde endlich mein Flieger angezeigt, doch das Flugzeug zeigte sich bisher nicht. Ich wanderte immer wieder in diesem großen Bereich mit seinen etwa 30 Abflugschaltern herum.
Auf dem Laufband kam eine kleine, lautstarke Gruppe von Soldaten auf mich zu. Die Haare millimeterkurz und nur Rest eines überbreiten Irokesen in der Mitte. Sie waren vielleicht zwanzig Jahre alt und hatten sich bereits das erste Lametta verdient.

Die Freundlichkeit hier ist schon etwas besonders. Ob die Bedienung bei Starbucks oder Personal an den Schaltern. Eigentlich waren nur die Immigration-Officer kühl und sachlich wie deutsche Sicherheitskräfte.


Etwa eine halbe Stunde vor unserer Abflugzeit kam unser Düsenflieger am Gate an und seine Passagiere stiegen aus. Schade, keine Propellermaschine nach Sarasota. Es war klar, schon wieder würde mein Flieger zu spät starten. So ein Mist und ich hatte keine Gelegenheit meien Gastgeberin anzurufen. Die Notizen mit ihren Telefonnummern und Adresse lagen sicher auf meinen Schreibtisch und digital auf einer CD in meinem Handgepäck. Ich fragte nach einem Computerarbeitsplatz oder Internetzugang, aber dieser Service ist noch nicht auf dem Flughafen angekommen. Vielleicht ist zu wenig damit zu verdienen? In den Wartebereichen saßen jeweils mehrere Personen, die in ihren Laptops schauten, aber ich scheute mich, jemanden anzusprechen. Übrigens konnte ich zweimal sehen, warum der Laptop an war. Ein Mann hatte Kopfhörer auf und sah sich eine aktuelle DVD an, eine andere Person vertrieb sich die Zeit mit einem Ballerspiel. Der Flieger war da, das Flugzeug war bereit, aber wir konnten noch nicht starten. Das Flugpersonal musste erst einmal eine gesetzliche Pause einlegen. Wieder ein Fensterplatz, diesmal ganz hinten. Ein kleiner Flieger mit 2 + 2 Sitzen in jeder Reihe. Eine modische Frau nahm neben mir Platz und es erschien mir so, dass diese Maschine fast vollständig belegt war. An Schlafen war nicht zu denken, die Düsentriebwerke waren sehr laut zu hören (ein unregelmäßiges Geräusch) und die Sitze waren unbequem, aber endlich konnte ich mal wieder ein wenig dösen in meiner 25. wachen Stunde. Natürlich gab es wieder die wenig erfreulichen Pretzel von Snyder of Hanover. Erdnüsse werden zwischenzeitlich nicht mehr gegeben (Allergie-Gefahr), was mag wohl der ehemalige Erdnussfarmer Jimmy Carter hierzu sagen?
Die Lichter unter mir zeigten viele großflächige Siedlungen, die oftmals durch Lichterketten verbunden waren. Als ich nach kurzem Dösen mal wieder nach draußen schaute, war ein Lichtermeer zu sehen, das zunehmend das gesamte Blickfeld einnahm. Halt, die Lichter waren zum Horizont (Westen) scharf begrenzt. Aha, wir überflogen die erleuchtete Region Tampa und das Schwarze war dann wohl der Golf von Mexico. Da kam dann auch bereits die Ansage, dass wir im Anflug auf Sarasota seien. Meine Müdigkeit verflog zwar nicht, aber ich bekam wieder mehr mit und dies in meiner 27. Stunde.
Sarasota. Kaum im Gebaeude, sah ich bereits meine Gastgeberin hinter einer Sperre winken. Die Gepäckausgabe ist in einem Bereich, der bereits von Flughafenbesuchern betreten werden darf. Eine Umarmung und Begrüßung und dann ging es im gläsernen Fahrstuhl mit Blick auf einen künstlichen Wasserfall ins Erdgeschoss zum Gepäckband. Meine Gastgeberin sprudelte über vor Worten und zeigte mir dies und das im Gebäude und auf Werbetafeln.
Am Gepäckband sagte ich ihr, dass sie bestimmt meinen Koffer identifizieren kann, als Tipp sagte ich noch, er ist nicht schwarz. Als mein Kasten ins Blickfeld kam, wurde er auch sofort richtig identifiziert. Wir warteten noch kurz am Stand von US Airways, um das fehlende Rad zu melden. Freundlich erklärte der Agent noch einmal, dass es keine Haftung für solche Schäden gibt. Er nannte aber auch gleich einen Laden, wo solche Schäden behoben werden. Also raus und ihren Mann mit dem Wagen suchen. Vorher passierten wir noch eine Barbie-Frau (Rosa Kleid, High Heels und magersüchtig), die von einem Mann begrüßt wurde. Sie standen neben einen der populären S-U-V, sehr hoch, sehr breit mit großer Ladefläche. Da dürften wohl 15 bis 20 Liter Treibstoff je 100km verbraucht werden; but who cares? Der nächste Wagen war dann bereits der gesuchte Kombi.
Nette Begrüßung durch den Mann. Sie hatten im Internet geprüft, wann meine Maschine tatsächlich landen würde und hatten entsprechend nicht sehr lange am Flughafen gewartet. Koffer rein und ab ging es. Alle Straßen menschenleer und sehr hell erleuchtet. Es war 1:00 Uhr morgens, Floridazeit. Große Autos (weitere S-U-V), große angeleuchtete Häuser, so ging es durch Sarasota. Über die Südbrücke ging es auf die Insel Siesta Key. Ich war nicht mehr sehr aufnahmefähig, dennoch wurde mir noch kurz „The Village“ mit seinen Restaurants und Läden gezeigt (viele noch mit Betrieb) und selbst das Haus der Tochter, die übrigens für Jahre in der Göbelstr. gewohnt hat, wurde gezeigt.
Endlich das Haus der beiden. Ein „kleines Haus“ nach eigenen Angaben, vielleicht sind dies auch US-Maßstäbe. Mir wurde das Gästezimmer gezeigt. Ein Durchgangszimmer von 12qm und ein separates Bad mit Dusche. Meine kleine Welt zwischen Wohnzimmer und dem Computerraum für die nächsten drei Wochen.
Es wurde noch viel geredet (doch ich weiß nicht mehr worüber, es waren meine 28. und 29. Stunde). Ich bat um ein Bier und erhielt eine Dose mit einem Pint Irish Beer. Eigentlich lehne ich Bier aus Dosen grundsätzlich ab. Doch es gab keine Alternative. Dann endlich ins Bett, ich muss in Sekunden eingeschlafen sein.
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Starbucks? Eine der guten Fragen für ein Table-Quiz im Café K. Die 1971 in Seattle gegründete Firma benannte sich nach dem Obermaat der Pequod aus dem Roman Moby Dick von Hermann Melville. Da der Rohkaffee über den Hafen von Seattle importiert wurde, war dieser Bezug zu einem in den USA bekannten Seemann verständlich. Aus dem gleichen Grund hieß eine der Hauptrollen auf dem Raumschiff Kampfstern Galactica Lt. Starbucks.

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