Aus dem Reisetagebuch vom 4. Februar 2005
Wir hatten abgemacht, dass wir früh für einen Aufbruch bereit sein sollten und auf dem Weg in einem amerikanischen Frühstücksrestaurant stoppen würden. Halb Acht war ich wach und um acht hatte ich einen Becher Kaffee getrunken und war startklar. Wann starteten wir? Es war bereits nach 10 Uhr, als endlich das Auto rollte.
Um die Zeit zu überbrücken setzte ich mich ans Internet, um aktuelle Wetterberichte zu erhalten. Ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass es hier auf der Insel vor dem Festland sehr diesig war. Das Thermometer zeigte mit weniger als 15° Celsius einen kühlen Morgen an. Die Wettervorhersagen konkurrierender Anbieter behaupteten alle, dass sich dieser Hochnebel/Tiefwolke an der Küste schnell auflösen würde. Regenwahrscheinlichkeit 0 Prozent und Sonnenschein. Entsprechend zog ich mich für unseren Tagesausflug an.
Der Frühstücksplatz war so, wie ich ihn bereits Hunderte Male in Spielfilmen und Fernsehserien gesehen hatte. Hohe Lehnen trennten Sitzmöglichkeiten für jeweils maximal sechs Personen. Kaffee bis zum abwinken und natürlich bestellte ich Pfannkuchen mit Blaubeeren. Ein Frühstück für 8 US-Dollar also etwa 6 Euro. Was kostet ein Frühstück in Deutschland? Da ich mir dies nie erlaube, habe ich jetzt keinen Vergleichspreis.
Wir fuhren auf der Clark Road (State Route 72) zum Myakka River State Park. Mit Interesse lernte ich, dass alle State Parks durch das US-Äquivalent zum Arbeitsdienst der NS-Zeit errichtet wurden. In der Zeit der wirtschaftlichen Depression wurden verschiedene Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen geschaffen. Eine davon war das Civilian Conservation Corps. Gruppen von Arbeitern, die in der Wildnis Naturparks schufen, in dem diese durch einen Außenzaun gekennzeichnet wurden und im Park die notwendigen Straßen, Brücken, Hütten und Häuser für Bedienstete und Besucher gebaut wurden. Am Fluss Myakka wurde ein Damm errichtet und damit ein großer See (etwa 1 mal 2 km) geschaffen. Der Park ist ein flaches Feuchtland, so etwas wie die nördliche Verlängerung der Everglades. Flüsse und Seen bekommen ihr Wasser ausschließlich vom Regen und entsprechend gibt es eine große Variabilität im jährlichen Fluss- und Seespiegel. Meine Gastgeberin hatte angekündigt, dass ich am Lake Myakka nicht nur meinen ersten Alligator, sondern gleich große Gruppen von dieser Tierart sehen würde.
Die Naturparks sind für mich als Deutscher so unvergleichlich groß. Nachdem wir das Tor passiert hatten, war für einige Meilen das einzige Zeichen von Zivilisation, die Straße auf der wir fuhren. Auf unseren Stopps war es still, die Stille der Natur. Hier und da ein Vogel, ein brummender Unterton von einer Zikadenart und manchmal ein Knacken im Gehölz. Wir stoppten auch an einer Brücke, da hier das Wasser tiefer und damit verschiedene Tiere zu sehen sein sollten. Leider war nirgends ein Alligator zu sehen. Der Hochnebel hatte sich selbst 20 Kilometer landeinwärts noch nicht verzogen, ein kräftiger Wind reduzierte die gefühlte Temperatur (Chill-Faktor) erheblich.
Wir fuhren zum See, wo uns ab 13 Uhr auf einer Bootsfahrt die Tierwelt erläutert werden sollte. Der Kapitän sagte allen potentiellen Gästen, dass wir bitte zurück zu unseren Autos gehen mögen, um dort so viel warme Kleidung wie möglich anzuziehen. Am Land waren es 65° F und auf dem See im offenen Boot würden es gefühlte 20° F weniger sein. (umgerechnet entspricht dies etwa 18° bzw. 8° Celsius). Ich hatte nichts weiteres zum Anziehen und würde mich auf der Fahrt mit warmen Gedanken aufheizen. Es wurde auch gleich gesagt, dass wir vermutlich nicht einen einzigen Alligator sehen würden, obwohl Hunderte im See leben. Den Tieren ist es einfach zu kalt, um aufzutauchen (ein Atemzug reicht den Tieren für 2-3 Stunden unter Wasser). Er sollte Recht behalten, zweimal sah ich die Nase von einem Alligator etwa 200 Meter entfernt. Das war es dann aber auch schon.
Dennoch war es eine sehr schöne Bootsfahrt. Es war dies eines der Fahrzeuge, die von einem großen Ventilator am Heck angetrieben werden. Ein Boot ohne echten Kiel, dass mit diesem Antrieb auch durch Flachwasser fahren kann. Der Wind war stark und trieb das Boot mehrmals ab. Bereits am Anleger gab es verschiedene Geier und Kraniche und auf der Fahrt war dann einer der hier seltenen Weißkopfadler zunächst sitzend im Profil und dann im Flug zu beobachten. Der Kapitän war sehr unterhaltsam und erzählte sehr viel über die Biologie des Gators (wie er den Namen verkürzte) und sein Verhalten gegenüber Menschen. Es gibt hier nicht einen dokumentierten Fall von einem Angriff eines Alligators auf einen Menschen und es wird auch keine Person vermisst. Sie sind nicht harmlos und selbstverständlich sollte niemand im Fluss oder im See baden, aber weder Angler, die in ihren Gummihosen im Flachwasser stehen oder Spaziergänger am Ufer haben Horrorerlebnisse zu berichten.
Der See ist ein Idealplatz für die Tiere. Frischwasser, verschiedene Fischarten und hat eine Größe, die selbst in sehr trockenen Jahren genügend Wasser bietet.
Nach etwa einer Stunde auf dem See gingen alle Mitreisenden gemeinsam in den Gift-Shop, nicht zum Shoppen, sondern um sich dort aufzuwärmen. Wir fuhren weiter, es gibt im Park einen Steg, der weit ins Wasser hinausgeht und einen guten Blick auf eine verlandende Bucht bietet. Meine Gastgeberin erzählte, dass sie hier bereits Gürteltiere gesehen hat. Aber die Temperaturen wollten einfach nicht steigen. Es war bereits 3 Uhr nachmittags und Temperaturen sowie die Tageszeit hielten scheinbar viele Landtiere von einer Bewegung ab.
Der Park hat einen Canopy Walkway, auf dem man die Welt aus etwa neun Meter Höhe beobachten kann. Da wir uns in einen Feuchtwald befanden, waren viele Epiphyten zu sehen. Am Ende des Canopy Walkway befindet sich ein Holzturm, der mit seiner höchsten Plattform in etwa 24 Meter Höhe einige Meter über allen benachbarten Bäumen herausragt. Das einzige Zeichen von Zivilisation war ein Hochspannungsleitung, die den Park quert. Ansonsten waren Hunderte von Varianten von Grün zu sehen. Ein Fall für FUJI.
Als wir den Turm verließen, löste sich der Hochnebel sehr plötzlich auf und ein strahlend blauer Himmel war über uns. Die Sonnenflecken im Wald boten keine Wärme.
Wir blieben noch einige Zeit im Besuchszentrum und dann ging es direkt zurück nach Sarasota. Myakka ist ein Naturpark, dessen Grenze weniger als 5 km von der wachsenden Siedlungsgrenze der verschiedenen Küstensiedlungen entfernt ist. Bereits kurz hinter der Grenze des State Park waren große geräumte Flächen für kommende Country- und Golf-Anlagen zu sehen. Floridas Küstensiedlungen wachsen weiter sehr schnell und es ist ein Wachstum “der Reichen und der noch Reicheren” (Zitat von George W. the BUSH über seine politischen Freunde)
Wir fuhren nicht zurück zum Haus. Es wurde das Haus einer befreundeten Frau angesteuert, die wir zum Friday Fry Fish abholten. Die benachbarte St Bonicace Episcopal Church bot bis Ostern regelmäßig an den Freitagen ein Abendessen mit Fisch. Hier fühlte ich mich zunächst vollständig deplatziert. Das Durchschnittsalter der Gäste war wie im Restaurant Roaring Twenties mit seiner Wurlitzer Orgel (siehe vorherigen Beitrag) deutlich über 60 Jahre und ich sitze in einem protestantischen Gemeindesaal an einem großen, runden Tisch und ließ mich für wenig Geld beköstigen.
Die befreundete Frau war dann eine interessante Gesprächspartnerin, die vor mehreren Jahrzehnten aus dem Westen von England ausgewandert war. Sie verwies mehrmals auf ihre europäischen Wurzeln und das bestimmte Verhaltensformen der US-Amerikaner nur schwer zu akzeptieren sind. Sie sagte es natürlich viel höflicher.
Es kam ein weiterer Senior an den Tisch, er war bereits 85 Jahre alt. Der Name deutete deutsche Wurzeln an. Er war 1938 aus Österreich in die USA ausgewandert und kämpfte für die Amerikaner gegen die Nazis in Frankreich. Hier gab es einen markanten Satz zum Zweiten Weltkrieg: “Ich mag nicht über den Krieg reden, das war ein schreckliches Erlebnis”. Wir beide unterhielten uns fast eine halbe Stunde auf Deutsch. Bin mir sicher, dass wir beide es genossen, in dieser Sprache zu reden.
Mittwoch, 31. Januar 2007
Montag, 29. Januar 2007
Flashback Alhambra Oldenburg
Ein Gespräch am sehr späten Abend im Café K:
Was ist denn das für eine kuriose Platte?
Kööm.
Kööm? Du kennst Kööm?
Von unseren kleinen, feinen Table-Quiz-Team waren wieder einmal nur zwei erschienen und als dann um Viertel nach Acht ein Pärchen ohne Tischreservierung erschien, haben wir sie gerne an unseren Tisch und damit in unser Team eingeladen. Es waren wirklich interessante kleine Gespräche zwischen den Fragerunden und zum Schluß ging es um die vielen Dinge, die ungenutzt in der Wohnung stehen, wie zum BeispielKööm.
Kööm? Du kennst Kööm?
- Bücher, die einmal und mit Sicherheit nie wieder gelesen werden,
- Schallplatten, die seit langem ungehört an die eigene Jugend erinnern.
Dann begann der einleitende Dialog.
Kööm war eine Band aus Varel, die Ska und Reggae spielten. Ich erlebte zwischen 1980 und 1982 mindestens dreimal die Band. Es ist die Zeit von New Wave und Neuer Deutscher Welle und entsprechend waren die Texte auf Deutsch. Es gab also bereits vor Seeed und den anderen zur Zeit angesagten Formationen deutschen Reggae.
Das erste Konzert von Kööm im alternativen Kulturzentrum Alhambra in Oldenburg-Osternburg war für mich und meine Freunde ein Blind Date. Es war nur der Ankündigungstext von der Programmvorschau für den aktuellen Monat bekannt. Wir waren damals etwa jedes zweite Wochenende im Alhambra, um dort zu heute ungewöhnlicher Musik zu tanzen und zu feiern. Kööm war ein Ereignis!
Leider gab es keine Tonträger dieser Band, weder Kassette noch Schallplatte. Einmal hörte ich auf Radio Bremen ein Stück, dass, wenn ich mich recht erinnere, vom Sender bei einem Konzert aufgezeichnet wurden war.
Als sie nach etwa einem Jahr wieder im Alhambra auftraten, waren wir bereits frühzeitig vor Ort, damit wir auf jeden Fall einen guten Platz zum Sehen, Hören und Tanzen hatten. Und dann erlebte ich etwas, was ich seitdem nie wieder erlebt habe. Als die Musiker auf die Bühne traten, begannen wir und einige andere bereits im Reggaerhythmus zu tanzen, ohne das bisher ein Ton von der Bühne zu hören war.
1982 verließ ich die Gegend und damit blieb von dieser ungewöhnlichen Band nur der hier zu sehende Anstecker und die Erinnerung an die Konzerte. Einmal trampte ich alleine nach Varel, um Kööm dort auf einen Festival zu hören.
Nun habe ich erfahren, dass Kööm 1983 ihr einziges Album aufgenommen und der Table-Quiz Mitspieler besitzt diese schwarze Scheibe. Jetzt bin ich aber gespannt. Hoffentlich kann ich demnächst dieses akustische Erlebnis mit garantiertem Flashback hören.
Hier geht zur Homepage eines Musikers von Kööm
- - - - -
Kööm ist Plattdeutsch und bezeichnet einen speziellen Korn. Hier im Norden wird im ländlichen Raum Bier und Kööm serviert.
Sonntag, 28. Januar 2007
America the Beautiful
Aus dem Reisetagebuch vom 3. Februar 2005
Nach einem späten Frühstück fuhren wir in die Innenstadt von Sarasota zu einem der Kinos. Meine Gastgeberin sah sich mit ihrer Tochter "Phantom of the Opera" und ich mir Scorseses "Aviator" an. Leonardo di Caprio zeigt, dass er einer der großer Schauspieler ist und der Regisseur Martin Scorsese hat einige sehr interessante Stilelemente verwendet. Zum Beispiel die Farben in diesem Film: Da der porträtierte Howard Hughes selbst Filmemacher war und stets die modernste Technik verwendete, versucht Scorsese den Stand der jeweiligen Technik wiederzugeben. In der Szene, in der Howard Hughes mit Katharine Hepburn auf den Familiensitz des Hepburn-Clan fährt, ist in wunderbarem Technicolor gedreht. Diese Kunstfarben der Studiofilme der 30-50er Jahre. Ich meine mich noch an den Tod von Howard Hughes zu erinnern und wie damals bekannt wurde, wie abgeschieden er lebte und in seinen letzten Lebensjahren seiner Umwelt vollständig „verrückt“ erschien. Die Entwicklung dieser „Verrücktheit“ wird im Film sehr intensiv gezeigt. Künstlerisches Kino auf hohem Niveau. Ein Zuschauender leidet mit, leidet mit dem Verrücktwerdenden, der Angst hat verrückt zu werden und leidet mit seinen Freunden, die das erleben müssen.
Howard Hughes hatte OCD (obsessive-compulsive disorder), eine Angstpsychose, die Folge der Sozialisation sein kann. Dies wird so auch im Film dargestellt.
Es war dies für mich eine ungewöhnliche Uhrzeit, um ins Kino zu gehen. Ich wurde glücklicherweise vorher gewarnt, dass ich auf jeden Fall ein Sweatshirt mitnehmen sollte, da die Kinos sehr stark gekühlt werden.
Abends gab es US Culture (ein Oxymoron?) und ich fühlte mich wie ein Ethnograph - bitte den Unterschied beachten, nicht wie ein Ethnologe - und wieder ging es um laufende Bilder. Kino entwickelte sich bereits früh zu einem großen Geschäft mit möglichst vielen zahlenden Gästen in immer größer werdenden Räumen. Hier in Hannover gibt es mehrmals im Jahr Veranstaltungen mit Schwarz-Weiß-Stummfilmen im kommunalen Kino im Künstlerhaus, die mit Piano manchmal sogar mit 2-3 Musikern vorgeführt werden.
In den USA gab es frühzeitig Großkinos für 1.000 und mehr Besucher und da wäre ein Piano akustisch verloren gegangen. Die Firma Wurlitzer hat damals ein Instrument entwickelt, dass selbst sehr große Säle beschallen kann. Der Name deutet es bereits an, es sind Auswanderer (aus Sachsen), die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erfolgreich im Musikinstrumentegeschäft tätig sind. Die Wurlitzer-Orgel erinnerte mich zunächst an die transportable Orgeln, die als LKW-Anhänger früher auf Jahrmärkten oder vor großen Bahnhöfen standen. Ich habe solche Großorgeln mit Schlagzeug und anderen Perkussionsinstrumenten vor den Bahnhöfen von Bremen und Oldenburg und auf dem Jahrmarkt von Deventer gesehen. Doch die Wurlitzer-Orgel in dem so genannten Restaurant Roaring Twenties (Werbespruch: WHERE EATING IS A SOUND EXPERIENCE!) in Ellenton war viel größer. Mehrere tausend Pfeifen und andere Blasinstrumente füllten die gesamte Bühnenseite eines Saales für etwa 500 Personen und an der hohen Decke hingen diverse weitere Gruppen von Blass- und Perkussionsinstrumenten, die durch Rohre mit dem zentralen System der Blasebälge verbunden waren. Alles wurde von einer Person gesteuert, die eine Vielzahl von Klavier-Tastaturen vor sich hatte und mit verschiedenen Pedalen weitere Effekte erzeugen konnte. Das Restaurant bietet American Pizza (sprich: Pietza) und andere einfache Gerichte und ein Alleinunterhalter spielt jeweils 45 Minuten Wunschkonzert gefolgt von einer 15minütigen Pause.
Die Musik stufe ich persönlich als Grausamkeit ein. Volksmusik! Wer den Film Mars Attack kennt, weiß das dies eine tödliche Folter sein kann. Das Publikum im Restaurant (?) war deutlich über 50 Jahre alt und die Nummernschilder vor dem Restaurant zeigten viele Autos mit Nummernschildern außerhalb von Florida und es waren sogar verschiedene Wagen mit Zulassungen in Kanada zu sehen. Die Wurlitzer-Orgel ist für ältere Menschen eine Attraktion und es werden Lieder gespielt, wo das Publikum mitsingen kann. Es gab sogar „American – The Beautiful“ und die Mehrzahl stand auf, Hand aufs Herz und sang lauthals mit.
Hier sah ich sehr viele der extrem übergewichtigen Eingeborenen diesen Landes. Was mögen das für Body-Mass-Index-Werte sein. Es ist nicht faszinierend, diesen Menschen zuzusehen, sondern nur erschreckend. Das akustische Grausen dauerte für mich über zwei Stunden. Nach einer Stunde meinte ich wirklich jedes Detail in diesem Saal gesehen zu haben und trotz sehr langsamen Essens, alles verzehrt. Wegen des Krachs (neben den Getöse der Wurlitzer meine ich hiermit die sehr lauten Gespräche von mehreren Hundert Personen) und da mein Gastgeber mehr oder minder die Musik beachtete, hatte ich noch nicht einmal einen Gesprächspartner. Meine Gastgeberin genoss jede Minute und ich formulierte bereits im Stillen eine nette Entschuldigung für einen Abendspaziergang vor dem Restaurant, damit ich vorzeitig den Saal verlassen kann.
Sie merkte natürlich, dass ich nicht vor Freunde strahle. Sie wirkte deshalb ein wenig frustriert und formulierte lang und breit wie begeistert eine Besucherin aus Hannover war, als Sie ihr diese und andere Attraktionen zeigte. Ich genieße viele Augenblicke, aber ich bin nicht ständig am Betonen „I love it“ – „How wonderful“.
Ein weiteres Mal wollte Sie mich überreden, dass wenn wir gemeinsam an die Ostküste fahren, dass wir dann auch Disney World in Orlando besuchen. Sie warf mir Rechthaberei vor, weil ich diesen Park grundsätzlich ablehne, ohne je dort gewesen zu sein. Dieser Vergnügungspark hätte so viele Facetten, dass es dort auch etwas geben würde, dass mich interessiert. Wieder und wieder erklärte ich, dass meine Erlebnisse mit Freizeitparks mir nicht in so guter Erinnerung sind. Aber Disney sei doch etwas Anderes, und schon waren wir wieder in einer Wiederholungsschleife und es wurden weitere Worte, Zeit und kostbarer Sauerstoff verschwendet. Warum können einige Menschen nicht akzeptieren, dass nicht alles, was die Mehrheit gut findet, auch mir gefällt?
Nach einem späten Frühstück fuhren wir in die Innenstadt von Sarasota zu einem der Kinos. Meine Gastgeberin sah sich mit ihrer Tochter "Phantom of the Opera" und ich mir Scorseses "Aviator" an. Leonardo di Caprio zeigt, dass er einer der großer Schauspieler ist und der Regisseur Martin Scorsese hat einige sehr interessante Stilelemente verwendet. Zum Beispiel die Farben in diesem Film: Da der porträtierte Howard Hughes selbst Filmemacher war und stets die modernste Technik verwendete, versucht Scorsese den Stand der jeweiligen Technik wiederzugeben. In der Szene, in der Howard Hughes mit Katharine Hepburn auf den Familiensitz des Hepburn-Clan fährt, ist in wunderbarem Technicolor gedreht. Diese Kunstfarben der Studiofilme der 30-50er Jahre. Ich meine mich noch an den Tod von Howard Hughes zu erinnern und wie damals bekannt wurde, wie abgeschieden er lebte und in seinen letzten Lebensjahren seiner Umwelt vollständig „verrückt“ erschien. Die Entwicklung dieser „Verrücktheit“ wird im Film sehr intensiv gezeigt. Künstlerisches Kino auf hohem Niveau. Ein Zuschauender leidet mit, leidet mit dem Verrücktwerdenden, der Angst hat verrückt zu werden und leidet mit seinen Freunden, die das erleben müssen.
Howard Hughes hatte OCD (obsessive-compulsive disorder), eine Angstpsychose, die Folge der Sozialisation sein kann. Dies wird so auch im Film dargestellt.
Es war dies für mich eine ungewöhnliche Uhrzeit, um ins Kino zu gehen. Ich wurde glücklicherweise vorher gewarnt, dass ich auf jeden Fall ein Sweatshirt mitnehmen sollte, da die Kinos sehr stark gekühlt werden.
Abends gab es US Culture (ein Oxymoron?) und ich fühlte mich wie ein Ethnograph - bitte den Unterschied beachten, nicht wie ein Ethnologe - und wieder ging es um laufende Bilder. Kino entwickelte sich bereits früh zu einem großen Geschäft mit möglichst vielen zahlenden Gästen in immer größer werdenden Räumen. Hier in Hannover gibt es mehrmals im Jahr Veranstaltungen mit Schwarz-Weiß-Stummfilmen im kommunalen Kino im Künstlerhaus, die mit Piano manchmal sogar mit 2-3 Musikern vorgeführt werden.
In den USA gab es frühzeitig Großkinos für 1.000 und mehr Besucher und da wäre ein Piano akustisch verloren gegangen. Die Firma Wurlitzer hat damals ein Instrument entwickelt, dass selbst sehr große Säle beschallen kann. Der Name deutet es bereits an, es sind Auswanderer (aus Sachsen), die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erfolgreich im Musikinstrumentegeschäft tätig sind. Die Wurlitzer-Orgel erinnerte mich zunächst an die transportable Orgeln, die als LKW-Anhänger früher auf Jahrmärkten oder vor großen Bahnhöfen standen. Ich habe solche Großorgeln mit Schlagzeug und anderen Perkussionsinstrumenten vor den Bahnhöfen von Bremen und Oldenburg und auf dem Jahrmarkt von Deventer gesehen. Doch die Wurlitzer-Orgel in dem so genannten Restaurant Roaring Twenties (Werbespruch: WHERE EATING IS A SOUND EXPERIENCE!) in Ellenton war viel größer. Mehrere tausend Pfeifen und andere Blasinstrumente füllten die gesamte Bühnenseite eines Saales für etwa 500 Personen und an der hohen Decke hingen diverse weitere Gruppen von Blass- und Perkussionsinstrumenten, die durch Rohre mit dem zentralen System der Blasebälge verbunden waren. Alles wurde von einer Person gesteuert, die eine Vielzahl von Klavier-Tastaturen vor sich hatte und mit verschiedenen Pedalen weitere Effekte erzeugen konnte. Das Restaurant bietet American Pizza (sprich: Pietza) und andere einfache Gerichte und ein Alleinunterhalter spielt jeweils 45 Minuten Wunschkonzert gefolgt von einer 15minütigen Pause.
Die Musik stufe ich persönlich als Grausamkeit ein. Volksmusik! Wer den Film Mars Attack kennt, weiß das dies eine tödliche Folter sein kann. Das Publikum im Restaurant (?) war deutlich über 50 Jahre alt und die Nummernschilder vor dem Restaurant zeigten viele Autos mit Nummernschildern außerhalb von Florida und es waren sogar verschiedene Wagen mit Zulassungen in Kanada zu sehen. Die Wurlitzer-Orgel ist für ältere Menschen eine Attraktion und es werden Lieder gespielt, wo das Publikum mitsingen kann. Es gab sogar „American – The Beautiful“ und die Mehrzahl stand auf, Hand aufs Herz und sang lauthals mit.
Hier sah ich sehr viele der extrem übergewichtigen Eingeborenen diesen Landes. Was mögen das für Body-Mass-Index-Werte sein. Es ist nicht faszinierend, diesen Menschen zuzusehen, sondern nur erschreckend. Das akustische Grausen dauerte für mich über zwei Stunden. Nach einer Stunde meinte ich wirklich jedes Detail in diesem Saal gesehen zu haben und trotz sehr langsamen Essens, alles verzehrt. Wegen des Krachs (neben den Getöse der Wurlitzer meine ich hiermit die sehr lauten Gespräche von mehreren Hundert Personen) und da mein Gastgeber mehr oder minder die Musik beachtete, hatte ich noch nicht einmal einen Gesprächspartner. Meine Gastgeberin genoss jede Minute und ich formulierte bereits im Stillen eine nette Entschuldigung für einen Abendspaziergang vor dem Restaurant, damit ich vorzeitig den Saal verlassen kann.
Sie merkte natürlich, dass ich nicht vor Freunde strahle. Sie wirkte deshalb ein wenig frustriert und formulierte lang und breit wie begeistert eine Besucherin aus Hannover war, als Sie ihr diese und andere Attraktionen zeigte. Ich genieße viele Augenblicke, aber ich bin nicht ständig am Betonen „I love it“ – „How wonderful“.
Ein weiteres Mal wollte Sie mich überreden, dass wenn wir gemeinsam an die Ostküste fahren, dass wir dann auch Disney World in Orlando besuchen. Sie warf mir Rechthaberei vor, weil ich diesen Park grundsätzlich ablehne, ohne je dort gewesen zu sein. Dieser Vergnügungspark hätte so viele Facetten, dass es dort auch etwas geben würde, dass mich interessiert. Wieder und wieder erklärte ich, dass meine Erlebnisse mit Freizeitparks mir nicht in so guter Erinnerung sind. Aber Disney sei doch etwas Anderes, und schon waren wir wieder in einer Wiederholungsschleife und es wurden weitere Worte, Zeit und kostbarer Sauerstoff verschwendet. Warum können einige Menschen nicht akzeptieren, dass nicht alles, was die Mehrheit gut findet, auch mir gefällt?
Freitag, 26. Januar 2007
Home of the Brave
Aus dem Reisetagebuch vom 2. Februar 2005
Weiterhin matschig bis krank. Abends fuhr ich mit meiner Gastgeberin zu einem Laden, der Koffer repariert. Die Wegbeschreibung war schwierig, da wir nur wussten, dass er in einen Einkaufszentrum an einer bekannten Kreuzung liegt. Doch auf drei Seiten der Kreuzung gab es weitflächige Einkaufszentren, mit jeweils über 50 verschiedenen Geschäften.
Es war ein asiatischer Schuh-Kleidung-Gepäck-etc-Reparaturladen. Die Frau sprach das bisher schlechteste Englisch, was ich hier gehört habe. Es waren sehr viele "My Dear" und sehr private Kosewörter in ihrer Anrede der Kunden. Mein vermeintlich "italienischer" Koffer (Aufschrift FIONA) hat ein anderes System von Rollen, als die Standardsysteme der Koffer, die in den USA genutzt werden. Sie konnte mir nicht weiterhelfen.
Dies ist eines der Dinge, an die ich mich nur schwer gewöhne. Vieles was bei uns in Europa Standard ist, gilt hier nicht. Fahrenheit-Grade (Umrechnung in Celsius: –32 *5 / 9), fluid ounce (28,4ml), pounds (0,45359237 kg), alle Preise im Imbiss, Restuarant und Bar immer ohne Tax und die erwarteten 15-20 Prozent Trinkgeld (Personal erhält angeblich nur 2-3 Dollar/Stunde, das wirkliche Gehalt ist das Trinkgeld).
War dankbar, dass ich herumkutschiert wurde, aber es war natürlich auch Eigeninteresse dabei. Es wurde eine Reihe von Läden, aus denen manchmal nur für ein Produkt gekauft wurde, angesteuert. Sie sagte mir klar, dass Sie nach den Einbruch der Dunkelheit nie ohne Begleitung ihr Auto verlassen würde. War also in der Position eines Einkaufsleibwächter. Wir waren bis 20:45 Uhr einkaufen und im letzten Laden besorgte ich mir kalifornischen Merlot, um mir später bei der jährlichen "State of the Union Address" des US-Präsidenten die Kante zu geben. Leider schmeckt der kalifornische Merlot mir noch weniger als sein italienisches Pendant. Hach, was freue ich mich auf eine Flasche Merlot von der Côte d’Or.
Doch in den Läden lernte ich erstmals Produkte kennen, die billiger sind, als in Deutschland. Textilwaren oftmals Made in China oder einem anderen asiatischen Land sind hier stark vertreten. Wir haben in der EU noch starke Schutzzölle gegen diese unter Dumpinglohnbedingungen hergestellten Produkte. Und Musik-CDs, aktuelle und klassische Popproduktionen waren billiger. Leider war der besuchte Hyper-Marché nicht gut sortiert. In diesen Produktbereichen werde ich noch Geld lassen und das BSP der USA steigern.
Ab 21:00 Uhr zeigten alle grossen Fernsehkanäle das selbe Programm. Live from Capitol Hill in Washington, D.C. The State of the Union Address by President Bush. So ein Zirkus! Wie bei einer Übertragung von der Oscar-Verleihung wurde bereits vor der Rede live übertragen und der Einzug der Ehrengäste kommentiert. Um 21:15 Uhr betrat der Gladiator George Walker Bush die Arena. Frenetischer Beifall. Es dauerte fünf Minuten bis er das Rednerpult erreicht hatte und der Saal zur Ruhe kam. Jede Geste war einstudiert und es war wichtig, welchen Personen er auf seinen Weg zum Podest die Hand schüttelte und wen er sonst direkt mit einem Handzeichen grüßte. Politikersatz.
Es folgten 55 Minuten Phrasen mit politischer Gymnastik, die nur vergleichbar sind mit der religiösen Gymnastik der Katholen. Etwa alle zwei Minuten fiel ein Satz, der so frenetischen Beifall erzeugte, dass zunächst einige und schließlich alle Senatoren und Abgeordnete aufstanden und applaudierten. In vielen Sätze dazwischen war die klare Trennlinie zwischen den Bereich der Demokraten und Republikaner zu erkennen. Und dann gab es die Ehrengäste, die auf der Besuchertribühne rund um die First Lady gruppiert waren. Ein älteres Ehepaar, dass in Faludja/Irak die Tochter, die für die US Marines dort tötete, verloren hat; eine Frau, die am Sonntag zuvor im Irak gewählt hatte (US brings democracy to Iraq), ein Soldat ohne Arme, etc. pp. Hier gab es viele Emotionen, Tränen flossen, als die Gäste persönlich angesprochen wurden und sie mit langen Applaus begrüßt wurden. Was für eine Verlogenheit, es wr wie in einem schlechten Hollywoodfilm. Über ein Drittel der Rede (das Ende) ging es um Außenpolitik. Mit 80 Prozent aller Auslandssoldaten im Irak-Einsatz und der täglichen Milliarde US-Dollar (!) für die Sicherung der Invasionstruppen ging es dabeu natürlich fast ausschließlich um den Irak. Das Wort Europa fiel nur einmal im Zusammenhang mit der Wahlhilfe, die die EU für die Wahl im Irak zur Verfügung stellte. Es ist kein Thema, dass seit dem letzten Jahre die EU in wirtschaftlicher Kraft (Export-Import) und Bevölkerungszahl (Binnenmarkt) durch die Erweiterung um zehn Staaten mit der USA gleichgezogen bzw. sie sogar überholt haben Ich erzähle nichts Neues, wenn ich daran erinnere, dass Außenpolitik in den TV-Nachrichten und in der Lokalausgabe der Sarasota Herald Tribune sich vor allem um die Länder dreht, wo US-Soldaten im Einsatz sind. Ist die Tsunami-Region noch ein Thema in Deutschland? Hier nicht!
Mr. Bush seine Kommentare zur Sozialsicherung haben eine Sprengkraft, wie Schröders Hartz-IV-Pläne, als diese erstmals bekannt wurden. Die Rente soll vollständig über die folgenden Dekaden privatisiert werden. Wer jetzt staatliche Rente erhält oder eingezahlt hat, wird diese auch erhalten, aber alle kommenden Einzahlungen erfolgen in private Aktienfonds und anderen Großinvestitionen.
Die Antwortreden der Führung der Demokraten (jeweils separat für Senat und Repräsentantenhaus) waren leider nicht viel besser als die Inszenierung aus dem großen Saal. Habe hiervon nur noch in Erinnerung, dass der Senator daran erinnerte, dass der 2.2. der Groundhog-Day sei. Er erinnerte an die gute Komödie mit der Zeitschleife und das Bush seine Rede mit seinen vielen Versprechen schon mehrmals gehalten und bisher nichts erfüllt hat.
Wir haben hier im Haus nicht mehr groß über die Rede diskutiert.
Weiterhin matschig bis krank. Abends fuhr ich mit meiner Gastgeberin zu einem Laden, der Koffer repariert. Die Wegbeschreibung war schwierig, da wir nur wussten, dass er in einen Einkaufszentrum an einer bekannten Kreuzung liegt. Doch auf drei Seiten der Kreuzung gab es weitflächige Einkaufszentren, mit jeweils über 50 verschiedenen Geschäften.
Es war ein asiatischer Schuh-Kleidung-Gepäck-etc-Reparaturladen. Die Frau sprach das bisher schlechteste Englisch, was ich hier gehört habe. Es waren sehr viele "My Dear" und sehr private Kosewörter in ihrer Anrede der Kunden. Mein vermeintlich "italienischer" Koffer (Aufschrift FIONA) hat ein anderes System von Rollen, als die Standardsysteme der Koffer, die in den USA genutzt werden. Sie konnte mir nicht weiterhelfen.
Dies ist eines der Dinge, an die ich mich nur schwer gewöhne. Vieles was bei uns in Europa Standard ist, gilt hier nicht. Fahrenheit-Grade (Umrechnung in Celsius: –32 *5 / 9), fluid ounce (28,4ml), pounds (0,45359237 kg), alle Preise im Imbiss, Restuarant und Bar immer ohne Tax und die erwarteten 15-20 Prozent Trinkgeld (Personal erhält angeblich nur 2-3 Dollar/Stunde, das wirkliche Gehalt ist das Trinkgeld).
War dankbar, dass ich herumkutschiert wurde, aber es war natürlich auch Eigeninteresse dabei. Es wurde eine Reihe von Läden, aus denen manchmal nur für ein Produkt gekauft wurde, angesteuert. Sie sagte mir klar, dass Sie nach den Einbruch der Dunkelheit nie ohne Begleitung ihr Auto verlassen würde. War also in der Position eines Einkaufsleibwächter. Wir waren bis 20:45 Uhr einkaufen und im letzten Laden besorgte ich mir kalifornischen Merlot, um mir später bei der jährlichen "State of the Union Address" des US-Präsidenten die Kante zu geben. Leider schmeckt der kalifornische Merlot mir noch weniger als sein italienisches Pendant. Hach, was freue ich mich auf eine Flasche Merlot von der Côte d’Or.
Doch in den Läden lernte ich erstmals Produkte kennen, die billiger sind, als in Deutschland. Textilwaren oftmals Made in China oder einem anderen asiatischen Land sind hier stark vertreten. Wir haben in der EU noch starke Schutzzölle gegen diese unter Dumpinglohnbedingungen hergestellten Produkte. Und Musik-CDs, aktuelle und klassische Popproduktionen waren billiger. Leider war der besuchte Hyper-Marché nicht gut sortiert. In diesen Produktbereichen werde ich noch Geld lassen und das BSP der USA steigern.
Ab 21:00 Uhr zeigten alle grossen Fernsehkanäle das selbe Programm. Live from Capitol Hill in Washington, D.C. The State of the Union Address by President Bush. So ein Zirkus! Wie bei einer Übertragung von der Oscar-Verleihung wurde bereits vor der Rede live übertragen und der Einzug der Ehrengäste kommentiert. Um 21:15 Uhr betrat der Gladiator George Walker Bush die Arena. Frenetischer Beifall. Es dauerte fünf Minuten bis er das Rednerpult erreicht hatte und der Saal zur Ruhe kam. Jede Geste war einstudiert und es war wichtig, welchen Personen er auf seinen Weg zum Podest die Hand schüttelte und wen er sonst direkt mit einem Handzeichen grüßte. Politikersatz.
Es folgten 55 Minuten Phrasen mit politischer Gymnastik, die nur vergleichbar sind mit der religiösen Gymnastik der Katholen. Etwa alle zwei Minuten fiel ein Satz, der so frenetischen Beifall erzeugte, dass zunächst einige und schließlich alle Senatoren und Abgeordnete aufstanden und applaudierten. In vielen Sätze dazwischen war die klare Trennlinie zwischen den Bereich der Demokraten und Republikaner zu erkennen. Und dann gab es die Ehrengäste, die auf der Besuchertribühne rund um die First Lady gruppiert waren. Ein älteres Ehepaar, dass in Faludja/Irak die Tochter, die für die US Marines dort tötete, verloren hat; eine Frau, die am Sonntag zuvor im Irak gewählt hatte (US brings democracy to Iraq), ein Soldat ohne Arme, etc. pp. Hier gab es viele Emotionen, Tränen flossen, als die Gäste persönlich angesprochen wurden und sie mit langen Applaus begrüßt wurden. Was für eine Verlogenheit, es wr wie in einem schlechten Hollywoodfilm. Über ein Drittel der Rede (das Ende) ging es um Außenpolitik. Mit 80 Prozent aller Auslandssoldaten im Irak-Einsatz und der täglichen Milliarde US-Dollar (!) für die Sicherung der Invasionstruppen ging es dabeu natürlich fast ausschließlich um den Irak. Das Wort Europa fiel nur einmal im Zusammenhang mit der Wahlhilfe, die die EU für die Wahl im Irak zur Verfügung stellte. Es ist kein Thema, dass seit dem letzten Jahre die EU in wirtschaftlicher Kraft (Export-Import) und Bevölkerungszahl (Binnenmarkt) durch die Erweiterung um zehn Staaten mit der USA gleichgezogen bzw. sie sogar überholt haben Ich erzähle nichts Neues, wenn ich daran erinnere, dass Außenpolitik in den TV-Nachrichten und in der Lokalausgabe der Sarasota Herald Tribune sich vor allem um die Länder dreht, wo US-Soldaten im Einsatz sind. Ist die Tsunami-Region noch ein Thema in Deutschland? Hier nicht!
Mr. Bush seine Kommentare zur Sozialsicherung haben eine Sprengkraft, wie Schröders Hartz-IV-Pläne, als diese erstmals bekannt wurden. Die Rente soll vollständig über die folgenden Dekaden privatisiert werden. Wer jetzt staatliche Rente erhält oder eingezahlt hat, wird diese auch erhalten, aber alle kommenden Einzahlungen erfolgen in private Aktienfonds und anderen Großinvestitionen.
Die Antwortreden der Führung der Demokraten (jeweils separat für Senat und Repräsentantenhaus) waren leider nicht viel besser als die Inszenierung aus dem großen Saal. Habe hiervon nur noch in Erinnerung, dass der Senator daran erinnerte, dass der 2.2. der Groundhog-Day sei. Er erinnerte an die gute Komödie mit der Zeitschleife und das Bush seine Rede mit seinen vielen Versprechen schon mehrmals gehalten und bisher nichts erfüllt hat.
Wir haben hier im Haus nicht mehr groß über die Rede diskutiert.
Donnerstag, 25. Januar 2007
Sarasota Florida Tag 8
Aus dem Reisetagebuch vom 1. Februar 2005
Das Fieber ist leicht gestiegen, 100,8 F (Formel –32 *5 / 9), also schlappe 38,2 C. Reicht um sich sch… zu fühlen. Ein weiterer Tag im Bett? Nachmittags ließ ich mich zum Drugstore fahren und kaufte mir dort eine heftige Droge. Es ist vor allem die Langeweile, die mich plagt, wenn mein wichtigstes Teil nicht richtig funktioniert.
Eine weitere Beobachtung aus Florida.
Coupons. Das Land ist komplett dem Geld ausgeben gewidmet (vitam impendere … und jetzt müsste lateinisch für Geld kommen, um unseren UNI-Spruch zu variieren). Für jede Dienstleistung oder jedes Produkt gibt es aber gleichzeitig die Möglichkeit Rabatt zu erhalten. Zum System gehören offensichtlich Mitgliedschaften und Coupons. Meine Gastgeber sind Mitglied einer Supermarktkette (DER Supermarkt!). Ein Jahresbeitrag wird eingezahlt und dann kann dort mit Rabatt eingekauft werden. Doch eigentlich wollte ich etwas über Coupons schreiben …
Meine Gastgeberin zeigte mir ein Buch mit Hunderten von Coupons nur für Sarasota, dass für 30 Dollar gekauft werden kann. Mit diesen Coupons gibt es Rabatte von 1 (Kino) bis 6 (Restaurant) Dollar. Das kam mir zunächst sehr fremd vor, bis mir einfiel, dass wir auch schon viele Coupons vorne in den Gelben Seiten oder auf der Rückseite der Cinemaxx-Tickets haben. Ich habe diese Rabatte bisher bloss noch nie angenommen.
Ich lächel nach innen, wenn ich höre, dass die Entscheidung, welches Restaurant ausgewählt wird, davon abhängt, ob denn auch ein Coupon für das Restaurant vorhanden ist. Selbst McDonalds, PizzaHut und die anderen Serien-Futterausgabestellen sind mit Coupons vertreten.
Freizeitaktivitäten werden auch von Rabatten beeinflusst. „Wenn wir S--- einladen, dann kommen wir beide kostenlos in den Botanischen Garten. S--- ist Mitglied und als Rollstuhlfahrerin darf sie zwei Begleitpersonen mitnehmen.
Am Morgen wird die Zeitung gelesen und dabei natürlich auch Ausschau nach Coupons gehalten. Doch diese Zeitung … Die Werbekrise, die die Presselandschaft in Deutschland erschütterte, scheint hier nicht angekommen zu sein. Auf jeder Seite außer der Titelseite ist mindestens 50 Prozent der bedruckten Fläche Werbung. Ich fand auch regelmäßig Seiten, auf denen nur ein zwölftel Raum für Artikel vorhanden ist. Hinzu kommen täglich einen halben cm Werbeblätter, die der Sarsaota Harald Tribune beigelegt sind. Der Informationsgehalt dieser Lokalzeitung ist für mich zu dünne und ich hole mir weitere Infos aus dem Netz. Die Sarasota Harald Tribune dürfte sich in Deutschland nicht als Zeitung bezeichnen. Es wäre ein Werbeblatt mit redaktionellen Beiträgen.
Coupons sind eine Form von gelenktem Konsum, aber für den Verbraucher scheinbar attraktiv. In der Sportsbar bezahlte ich für eine leckere Pizza und ein Café $18,50 und meine beiden Gastgeber zusammen nur $14,00.
Ein Woche in Florida ist vergangen, der Jetlag ist überwunden, aber leider sind mir zwei Tage durch Krankheit verloren gegangen. Hoffentlich ist das Morgen wieder besser.
Das Fieber ist leicht gestiegen, 100,8 F (Formel –32 *5 / 9), also schlappe 38,2 C. Reicht um sich sch… zu fühlen. Ein weiterer Tag im Bett? Nachmittags ließ ich mich zum Drugstore fahren und kaufte mir dort eine heftige Droge. Es ist vor allem die Langeweile, die mich plagt, wenn mein wichtigstes Teil nicht richtig funktioniert.
Eine weitere Beobachtung aus Florida.
Coupons. Das Land ist komplett dem Geld ausgeben gewidmet (vitam impendere … und jetzt müsste lateinisch für Geld kommen, um unseren UNI-Spruch zu variieren). Für jede Dienstleistung oder jedes Produkt gibt es aber gleichzeitig die Möglichkeit Rabatt zu erhalten. Zum System gehören offensichtlich Mitgliedschaften und Coupons. Meine Gastgeber sind Mitglied einer Supermarktkette (DER Supermarkt!). Ein Jahresbeitrag wird eingezahlt und dann kann dort mit Rabatt eingekauft werden. Doch eigentlich wollte ich etwas über Coupons schreiben …
Meine Gastgeberin zeigte mir ein Buch mit Hunderten von Coupons nur für Sarasota, dass für 30 Dollar gekauft werden kann. Mit diesen Coupons gibt es Rabatte von 1 (Kino) bis 6 (Restaurant) Dollar. Das kam mir zunächst sehr fremd vor, bis mir einfiel, dass wir auch schon viele Coupons vorne in den Gelben Seiten oder auf der Rückseite der Cinemaxx-Tickets haben. Ich habe diese Rabatte bisher bloss noch nie angenommen.
Ich lächel nach innen, wenn ich höre, dass die Entscheidung, welches Restaurant ausgewählt wird, davon abhängt, ob denn auch ein Coupon für das Restaurant vorhanden ist. Selbst McDonalds, PizzaHut und die anderen Serien-Futterausgabestellen sind mit Coupons vertreten.
Freizeitaktivitäten werden auch von Rabatten beeinflusst. „Wenn wir S--- einladen, dann kommen wir beide kostenlos in den Botanischen Garten. S--- ist Mitglied und als Rollstuhlfahrerin darf sie zwei Begleitpersonen mitnehmen.
Am Morgen wird die Zeitung gelesen und dabei natürlich auch Ausschau nach Coupons gehalten. Doch diese Zeitung … Die Werbekrise, die die Presselandschaft in Deutschland erschütterte, scheint hier nicht angekommen zu sein. Auf jeder Seite außer der Titelseite ist mindestens 50 Prozent der bedruckten Fläche Werbung. Ich fand auch regelmäßig Seiten, auf denen nur ein zwölftel Raum für Artikel vorhanden ist. Hinzu kommen täglich einen halben cm Werbeblätter, die der Sarsaota Harald Tribune beigelegt sind. Der Informationsgehalt dieser Lokalzeitung ist für mich zu dünne und ich hole mir weitere Infos aus dem Netz. Die Sarasota Harald Tribune dürfte sich in Deutschland nicht als Zeitung bezeichnen. Es wäre ein Werbeblatt mit redaktionellen Beiträgen.
Coupons sind eine Form von gelenktem Konsum, aber für den Verbraucher scheinbar attraktiv. In der Sportsbar bezahlte ich für eine leckere Pizza und ein Café $18,50 und meine beiden Gastgeber zusammen nur $14,00.
Ein Woche in Florida ist vergangen, der Jetlag ist überwunden, aber leider sind mir zwei Tage durch Krankheit verloren gegangen. Hoffentlich ist das Morgen wieder besser.
Montag, 22. Januar 2007
Sarasota Florida Tag 6 und 7
Aus dem Reisetagebuch vom 30. Januar 2005 (Sarasota, FL)
Mein erster Jogging-Versuch wurde verbal abgebrochen. Nach einem "Guten Morgen" wollte ich gerade vor die Tür treten und mir eine schöne Route aussuchen, als mir nur kurz gesagt wurde "Red Tide" sei heute Morgen sehr deutlich zu spüren. Also Schuhe wieder aus.
Ansonsten galt wieder Bücher, Bücher, Bücher. Heute habe ich den letzten Karton geöffnet und damit eine gewisse Übersicht über den gesamten erhaltenen Bestand. Die eigenen Publikationen des Professors enden bereits in den 30-er Jahren. Der Professor war danach scheinbar nur noch akademischer Lehrer. Eine weitere Bibliothek soll sich im Haus an der Princeton Junction in New Jersey befinden. Vielleicht ist dies ein Ziel für eine zweite Reise in die USA, ich wäre dann auch in Sichtweite von New York.
Heute mal wieder den Pool genutzt. Der zehnjährige Enkel, der etwa einen Kilometer entfernt wohnt, kam vorbei. Fragte ihn mal zu seinen Lieblingsfilmen, nachdem er mit einem Wasserspritzgewehr in der Form eines Maschinengewehrs „Irak“ gespielt hatte. Er sprach nur von Filmen der Kategorie PG (parental guidance), aber auf direkte Nachfrage erfuhr ich, dass er natürlich auch schon Terminator 1 (ab 16 Jahre) gesehen hat. Es gibt also keine elterliche Aufsicht!
Hier in Sarasota findet zur Zeit eine Treibjagd auf einen lokalen Lehrer statt. Vor einer Woche hat eine Person aus Kalifornien die Anklage erhoben, dass dieser Mann in den 60-er Jahren ihn auf dem Priesterseminar unsittlich berührt hat. Der „Angeklagte“ wurde mit Foto und vollem Namen in der Zeitung gezeigt und es wurde aufgerufen, dass jeder ähnliche Bericht doch an die Zeitung gesandt werden sollte. Nach mehreren Tagen mit langen Artikeln über diesen Mann, seine Mutter, seine Frau, etc. hat sich noch kein Mensch aus dieser Gegend gemeldet und dabei ist er hier seit 30 Jahren Lehrer. Perfekter Rufmord! Die Medien können so widerlich sein, dass man bei der morgendlichen Lektüre gar nicht so viel frühstücken kann, wie man kotzen möchte.
Damit mich keiner missversteht, ich halte Pädophile für sehr gefährlich, die unbedingt eine psychiatrische Behandlung benötigen.
Nun habe ich auch einmal eine Sportsbar von innen gesehen. Für einen Sonntagabend war es dort sehr angenehm und dort gab es eine exzellente Pizza und Kaffee bis zum Abwinken. Ich zählte fünf Bildschirme, aber nur der über der Theke zeigte u.a. hektische Nachrichten aus den Irak. Die Schnittfolge bei Sport und Politik ist grauenhaft. MTV-Geschwindigkeit und dazu ein ständiges Nachrichtenlaufband wie es die blöden Privatsender in Deutschland auch abgekupfert haben.
In Georgia, dem unmittelbaren nördlichen Nachbarn ist mal wieder ein Schneesturm und dies scheint Auswirkungen auf das Wetter hier in Florida zu haben. Es gibt jeden Abend für Stunden einen dichten Nebel, der von der Bucht ins Land zieht. Selbst bei der Sportsbar, die immerhin mehrere Kilometer landeinwärts liegt, war es noch sehr dunstig.
31. Januar 2005
Als ich gestern den Swimming Pool verließ, war ich schlotternd am Frieren. Es benötigte eine sehr warme Dusche, um wieder ein angenehmes Gefühl zu erzeugen.
Mein erster Jogging-Versuch wurde verbal abgebrochen. Nach einem "Guten Morgen" wollte ich gerade vor die Tür treten und mir eine schöne Route aussuchen, als mir nur kurz gesagt wurde "Red Tide" sei heute Morgen sehr deutlich zu spüren. Also Schuhe wieder aus.
Ansonsten galt wieder Bücher, Bücher, Bücher. Heute habe ich den letzten Karton geöffnet und damit eine gewisse Übersicht über den gesamten erhaltenen Bestand. Die eigenen Publikationen des Professors enden bereits in den 30-er Jahren. Der Professor war danach scheinbar nur noch akademischer Lehrer. Eine weitere Bibliothek soll sich im Haus an der Princeton Junction in New Jersey befinden. Vielleicht ist dies ein Ziel für eine zweite Reise in die USA, ich wäre dann auch in Sichtweite von New York.
Heute mal wieder den Pool genutzt. Der zehnjährige Enkel, der etwa einen Kilometer entfernt wohnt, kam vorbei. Fragte ihn mal zu seinen Lieblingsfilmen, nachdem er mit einem Wasserspritzgewehr in der Form eines Maschinengewehrs „Irak“ gespielt hatte. Er sprach nur von Filmen der Kategorie PG (parental guidance), aber auf direkte Nachfrage erfuhr ich, dass er natürlich auch schon Terminator 1 (ab 16 Jahre) gesehen hat. Es gibt also keine elterliche Aufsicht!
Hier in Sarasota findet zur Zeit eine Treibjagd auf einen lokalen Lehrer statt. Vor einer Woche hat eine Person aus Kalifornien die Anklage erhoben, dass dieser Mann in den 60-er Jahren ihn auf dem Priesterseminar unsittlich berührt hat. Der „Angeklagte“ wurde mit Foto und vollem Namen in der Zeitung gezeigt und es wurde aufgerufen, dass jeder ähnliche Bericht doch an die Zeitung gesandt werden sollte. Nach mehreren Tagen mit langen Artikeln über diesen Mann, seine Mutter, seine Frau, etc. hat sich noch kein Mensch aus dieser Gegend gemeldet und dabei ist er hier seit 30 Jahren Lehrer. Perfekter Rufmord! Die Medien können so widerlich sein, dass man bei der morgendlichen Lektüre gar nicht so viel frühstücken kann, wie man kotzen möchte.
Damit mich keiner missversteht, ich halte Pädophile für sehr gefährlich, die unbedingt eine psychiatrische Behandlung benötigen.
Nun habe ich auch einmal eine Sportsbar von innen gesehen. Für einen Sonntagabend war es dort sehr angenehm und dort gab es eine exzellente Pizza und Kaffee bis zum Abwinken. Ich zählte fünf Bildschirme, aber nur der über der Theke zeigte u.a. hektische Nachrichten aus den Irak. Die Schnittfolge bei Sport und Politik ist grauenhaft. MTV-Geschwindigkeit und dazu ein ständiges Nachrichtenlaufband wie es die blöden Privatsender in Deutschland auch abgekupfert haben.
In Georgia, dem unmittelbaren nördlichen Nachbarn ist mal wieder ein Schneesturm und dies scheint Auswirkungen auf das Wetter hier in Florida zu haben. Es gibt jeden Abend für Stunden einen dichten Nebel, der von der Bucht ins Land zieht. Selbst bei der Sportsbar, die immerhin mehrere Kilometer landeinwärts liegt, war es noch sehr dunstig.
31. Januar 2005
Als ich gestern den Swimming Pool verließ, war ich schlotternd am Frieren. Es benötigte eine sehr warme Dusche, um wieder ein angenehmes Gefühl zu erzeugen.
Nun am 31. erwachte ich mit Fieber, Schnupfen und Husten. Also kein "Red Tide", sondern eine heftige Erkältung, die gestern zum Ausbruch kam. Natürlich passiert einen so etwas im Urlaub. Mit matschigem Kopf konnte ich weder Lesen, noch TV-Glotzen oder mich vor dem Computer setzen. Ein stinklangweiliger Tag im Bett mit Dösen und dem Lauschen der Geräusche außerhalb meines Zimmers.(Blick aus meinem Zimmer)
Samstag, 20. Januar 2007
Sarasota Florida Tag 4 und 5
Aus dem Reisetagebuch vom 28. Januar 2005
Bereits gestern hatte ich mit der von mir zugesagten Aufräumarbeit in der ehemaligen Bibliothek begonnen. Der Vater der Gastegeberin war Professor für Linguistik am Swarthmore College und Gastdozent an weiteren Universitäten und Colleges, verstand dreizehn Sprachen aus fünf verschiedenen Sprachfamilien und hat in seinen 100 (!) Lebensjahren natürlich eine große Bibliothek gesammelt, die sich über die zwei Häuser in New Jersey und Florida verteilte. Nach seinem Tod wurden bereits viele Werke an Bibliotheken verschenkt. Hier in Florida warteten nun mehr als 20 Bananenkisten und drei große Regale mit Büchern, Offprints, Dissertationen, Zeitschriften, Landkarten, Briefen, etc. auf mich. Kartons wurde geöffnet, Titel notiert und am Computer eingegeben. Ich habe schon ein System der Ordnung im Kopf.
Endlich habe ich ein Bad im Swimming Pool genommen. Dieser gehört meiner Vermieterin. Sie bestimmt die Spielregeln, die nicht sehr nachvollziehbar sind, aber es ist ein Pool.
Subtropische Probleme. Das ganze Jahr fällt Laub, oftmals Hartlaub und entsprechend muss täglich Laub beseitigt werden. Die hohe Luftfeuchtigkeit verhindert, dass Wäsche wirklich trocken wird. Aus dieser Erfahrung gibt es die stete Angst, das sich irgendwo Schimmel absetzen könnte. Der Mann kämpft einen ständigen Kampf mit einigen Pflanzen, die mit ihren Wurzeln gemauerte und geteerte Strukturen gefährden und dann gibt es Schlingpflanzen, denen man beim Längenwachstum zuschauen kann. Schließlich weht manchmal eine steife Brise kontinuierlich diesen sehr feinen, weißen Sand bis hier.
Klingt alles sehr unwichtig, aber ich kann mir vorstellen wie es ist, wenn man hier lebt.
29. Januar 2005
Ich wachte auf und hatte arge Halsprobleme. Eine Reizung des Rachens. Als ich zum Frühstück „Guten Morgen“ sagen wollte, kam nur ein hohes Krächzen aus meinem Hals. Es ist vermutlich „Red Tide“. Eine rote Algenart wuchert in Teilen des Golfs von Mexico und tötet selbst die Fische. An der Wasseroberfläche rottet es und entlässt ein Gas. Dieses Gas kann mehrere Hundert Meter landeinwärts noch gespürt werden und führt zu heftigen Reizungen. Glücklicherweise treten die Algen nur an einigen veränderlichen Stellen auf und nicht jeden Tag weht ein heftiger Wind von der See (weitere Informationen bietet das Mote Marine Lab).
Wieder Bücher, Bücher. Es meine Gegenleistung für die dreiwöchige freie Unterkunft, das ich die Sammlung des verstorbenen Vaters sortiere. Am Ende sollten Bestände für die Familie, Bücher für Bibliotheken, Bücher zum Verkauf und Altpapier vorliegen. Es fanden sich auch viele Dokumente von diesem Linguistik-Professor, der in den 1920-er Jahre auswanderte.
Wir sprachen heute über Pläne für die nächsten Tage. Ein mögliches Ziel zusammen mit den Gastgebern wird das Kennedy Space Center an der Atlantikküste von Florida sein. Andere Ziele müssen noch geklärt werden, aber ich will natürlich auch ein sortierte Bibliothek hinterlassen.
Der Paketbote (The Postman) kam vorbei und wir standen zu dritt vor dem Haus und hatten für zehn Minuten einen Chat über Reisen. Meine Gastgeberin begann eine ihrer Tiraden gegen die verhasste Bundesregierung des Lügnerns und Wahlbetrügers Dubbelyou. Der Postbote kannte diese Litanei bereits. Kann mir nicht vorstellen, dass bei uns ein Paketbote sich diese Zeit nehmen kann.
Am Abend setzte ich mich aufs Fahrrad und fuhr erstmals (!) an den Siesta Public Beach. Es war eine Stunde vor Sonnenuntergang und ich machte einen langen Spaziergang. Habe zwei Delphine gesehen, die etwa 50 Meter vor der Küste langsam von Süd nach Nord zogen. Immer wieder tauchten die Schnauzen und die Flossen auf.
Der Sand ist etwas besonderes. Ganz fein und schneeweiß. Es sind gemahlene Muschelschalen und die Reflektionen von diesem Untergrund geben Fotos eine ungewöhnliche Farbe. Alle meine Abendbilder haben einen leichten Blaustich!
Bereits gestern hatte ich mit der von mir zugesagten Aufräumarbeit in der ehemaligen Bibliothek begonnen. Der Vater der Gastegeberin war Professor für Linguistik am Swarthmore College und Gastdozent an weiteren Universitäten und Colleges, verstand dreizehn Sprachen aus fünf verschiedenen Sprachfamilien und hat in seinen 100 (!) Lebensjahren natürlich eine große Bibliothek gesammelt, die sich über die zwei Häuser in New Jersey und Florida verteilte. Nach seinem Tod wurden bereits viele Werke an Bibliotheken verschenkt. Hier in Florida warteten nun mehr als 20 Bananenkisten und drei große Regale mit Büchern, Offprints, Dissertationen, Zeitschriften, Landkarten, Briefen, etc. auf mich. Kartons wurde geöffnet, Titel notiert und am Computer eingegeben. Ich habe schon ein System der Ordnung im Kopf.
Endlich habe ich ein Bad im Swimming Pool genommen. Dieser gehört meiner Vermieterin. Sie bestimmt die Spielregeln, die nicht sehr nachvollziehbar sind, aber es ist ein Pool.
Subtropische Probleme. Das ganze Jahr fällt Laub, oftmals Hartlaub und entsprechend muss täglich Laub beseitigt werden. Die hohe Luftfeuchtigkeit verhindert, dass Wäsche wirklich trocken wird. Aus dieser Erfahrung gibt es die stete Angst, das sich irgendwo Schimmel absetzen könnte. Der Mann kämpft einen ständigen Kampf mit einigen Pflanzen, die mit ihren Wurzeln gemauerte und geteerte Strukturen gefährden und dann gibt es Schlingpflanzen, denen man beim Längenwachstum zuschauen kann. Schließlich weht manchmal eine steife Brise kontinuierlich diesen sehr feinen, weißen Sand bis hier.
Klingt alles sehr unwichtig, aber ich kann mir vorstellen wie es ist, wenn man hier lebt.
29. Januar 2005
Ich wachte auf und hatte arge Halsprobleme. Eine Reizung des Rachens. Als ich zum Frühstück „Guten Morgen“ sagen wollte, kam nur ein hohes Krächzen aus meinem Hals. Es ist vermutlich „Red Tide“. Eine rote Algenart wuchert in Teilen des Golfs von Mexico und tötet selbst die Fische. An der Wasseroberfläche rottet es und entlässt ein Gas. Dieses Gas kann mehrere Hundert Meter landeinwärts noch gespürt werden und führt zu heftigen Reizungen. Glücklicherweise treten die Algen nur an einigen veränderlichen Stellen auf und nicht jeden Tag weht ein heftiger Wind von der See (weitere Informationen bietet das Mote Marine Lab).
Wieder Bücher, Bücher. Es meine Gegenleistung für die dreiwöchige freie Unterkunft, das ich die Sammlung des verstorbenen Vaters sortiere. Am Ende sollten Bestände für die Familie, Bücher für Bibliotheken, Bücher zum Verkauf und Altpapier vorliegen. Es fanden sich auch viele Dokumente von diesem Linguistik-Professor, der in den 1920-er Jahre auswanderte.
Wir sprachen heute über Pläne für die nächsten Tage. Ein mögliches Ziel zusammen mit den Gastgebern wird das Kennedy Space Center an der Atlantikküste von Florida sein. Andere Ziele müssen noch geklärt werden, aber ich will natürlich auch ein sortierte Bibliothek hinterlassen.
Der Paketbote (The Postman) kam vorbei und wir standen zu dritt vor dem Haus und hatten für zehn Minuten einen Chat über Reisen. Meine Gastgeberin begann eine ihrer Tiraden gegen die verhasste Bundesregierung des Lügnerns und Wahlbetrügers Dubbelyou. Der Postbote kannte diese Litanei bereits. Kann mir nicht vorstellen, dass bei uns ein Paketbote sich diese Zeit nehmen kann.
Am Abend setzte ich mich aufs Fahrrad und fuhr erstmals (!) an den Siesta Public Beach. Es war eine Stunde vor Sonnenuntergang und ich machte einen langen Spaziergang. Habe zwei Delphine gesehen, die etwa 50 Meter vor der Küste langsam von Süd nach Nord zogen. Immer wieder tauchten die Schnauzen und die Flossen auf.
Der Sand ist etwas besonderes. Ganz fein und schneeweiß. Es sind gemahlene Muschelschalen und die Reflektionen von diesem Untergrund geben Fotos eine ungewöhnliche Farbe. Alle meine Abendbilder haben einen leichten Blaustich!
Freitag, 19. Januar 2007
Arno Schmidt fehlt im Kanon
Eine gute Freundin ist am gleichen Tag geboren wie der Schriftsteller Arno Schmidt. So gedenke ich jedes Jahr auf ihrer Geburtstagsfeier gleichzeitig einem der größten Wortkünstler der deutschen Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg.
Ein Schriftsteller wird vor allem durch seine frühe Biographie geprägt. Mit Erstaunen, das manchmal auch in Erschrecken mündet, höre ich immer wieder, dass selbst Menschen, die Deutsch bis zum Abitur hatten, keine Texte von Arno Schmidt noch seine Person kennen. Er gehört unverständlicherweise immer noch nicht zum Kanon der Literatur für die Oberstufe. Dieser Text wurde speziell für Stefan in Helsinki geschrieben!
Ich bin seit Jahrzehnten ein Fan von Arno Schmidt und mehr als zwei Regalmeter zeugen davon. Mit großem Interesse wurde seine Biographie gelesen, um die wertenden Elemente seiner Erzählungen und Romane besser zu verstehen.
Am 18. Januar 1914 wurde in Hamburg-Hamm in die Familie des Polizisten Friedrich Otto Schmidt (1883-1928) und seiner Frau Clara Gertrud geborene Ehrentraut (1894-1973) ein zweites Kind geboren, dass den Namen Arno Otto Schmidt erhielt. Nach der Volksschule ging er zur Realschule und nach dem frühen Tod des Vaters, zog die Mutter zurück in ihre schlesische Heimat nach Lauban und Arno Schmidt besucht nun die Oberrealschule in Görlitz, die er 1933 mit einem guten Abiturzeugnis beendete. Literarische Neigungen führten bereits zu ersten Fingerübungen.
Ohne Lehrstelle oder anderer Arbeit wurde weiter an einer Höheren Handelsschule gelernt, bis von 1934-37 eine Lehre zum Kaufmann bei der Textilfirma Greiffwerke absolviert wurde. Hier lernte er auch sehr schnell seien Kollegin Alice Murawski kennen und schätzen. Er hatte ein seelenverwandtes Wesen gefunden, die sich auch an den Bücherwelten vorheriger Jahrhunderte erfreute. Am 21. August 1937 heirateten sie. Aus Briefen und wenigen erhaltenen Schriftstücken ist bekannt, dass sein Wunsch ein freier Schriftsteller zu werden, hier bereits reifte, aber sich nicht realisieren ließ.
Die Militarisierung und der Zweite Weltkrieg zwangen ihn auch in die Rolle eines Soldaten. Seine Aufgaben waren in Schreibstuben und erhielt eine Spezialausbildung zum Englischdolmetscher. In der Form einer inneren Emigration begann er ernsthaft erste Stücke zu schreiben, die keinerlei Bezug zur Realität zeigten. 1941-44 war er in Øveraasjøen am Romsdalsfjord in Norwegen stationiert. 1945 half er in einem letzten Urlaub seiner Frau bei der Flucht aus Schlesien. Sein Fronteinsatz führte ihn nach Niedersachsen und bei Vechta begab er sich am 16. April 1945 in britische Gefangenschaft. Bereits ab August war er als Dolmetscher für die britische Besatzungsarmee in Niedersachsen tätig.
Im Dezember 1946 endete seine Tätigkeit und er erklärte sich zum freien Schriftsteller. Zu dieser Zeit hatte er mit der Erzählung Leviathan seine Auseinandersetzung mit dem Krieg begonnen. Diese Prosa wurde 1949 von Rowohlt veröffentlicht und erhielt im Folgejahr mit vier weiteren Nachwuchsautoren den Literaturpreis der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur einschließlich eines Preisgeldes von 10.000 Mark. Schmidts Anteil von 2.000 Mark entsprach einer Summe, die er sonst in zwei Jahren ausgegeben hat. Es war also ein Überlebenspreis und die Laudatio von Alfred Döblin machte ihn in Deutschlands literarischer Welt bekannt.
Leviathan oder die Beste der Welten zeigt bereits ein Stilelement, dass in den Folgejahren weiter entwickelt wurde. Die Geschichte wird zum Teil in von ihn so genannten Fotos erzählt (Siehe auch einen früheren Eintrag). Einzelne Erinnerungsbilder beschreiben die Flucht einer zusammengewürfelten Gruppe in mehreren Waggons über wenige Tage. Der Leviathan steht für jede Form von autoritärer Herrschaft, die sich über die Jahre ändern mag:
Ich halte es für müßig über Literatur zu schreiben. Es erscheint so schwierig, wie Musik in Töne zu fassen. Individuell kann und soll eine intensive Beschäftigung erfolgen, damit die Schönheit einer vielfältigen Sprache erfahren und dann gelebt wird. Siehe auch den Eintrag in der WIKIPEDIA mit weiteren Verknüpfungen
Ein Schriftsteller wird vor allem durch seine frühe Biographie geprägt. Mit Erstaunen, das manchmal auch in Erschrecken mündet, höre ich immer wieder, dass selbst Menschen, die Deutsch bis zum Abitur hatten, keine Texte von Arno Schmidt noch seine Person kennen. Er gehört unverständlicherweise immer noch nicht zum Kanon der Literatur für die Oberstufe. Dieser Text wurde speziell für Stefan in Helsinki geschrieben!
Ich bin seit Jahrzehnten ein Fan von Arno Schmidt und mehr als zwei Regalmeter zeugen davon. Mit großem Interesse wurde seine Biographie gelesen, um die wertenden Elemente seiner Erzählungen und Romane besser zu verstehen.
Am 18. Januar 1914 wurde in Hamburg-Hamm in die Familie des Polizisten Friedrich Otto Schmidt (1883-1928) und seiner Frau Clara Gertrud geborene Ehrentraut (1894-1973) ein zweites Kind geboren, dass den Namen Arno Otto Schmidt erhielt. Nach der Volksschule ging er zur Realschule und nach dem frühen Tod des Vaters, zog die Mutter zurück in ihre schlesische Heimat nach Lauban und Arno Schmidt besucht nun die Oberrealschule in Görlitz, die er 1933 mit einem guten Abiturzeugnis beendete. Literarische Neigungen führten bereits zu ersten Fingerübungen.
Ohne Lehrstelle oder anderer Arbeit wurde weiter an einer Höheren Handelsschule gelernt, bis von 1934-37 eine Lehre zum Kaufmann bei der Textilfirma Greiffwerke absolviert wurde. Hier lernte er auch sehr schnell seien Kollegin Alice Murawski kennen und schätzen. Er hatte ein seelenverwandtes Wesen gefunden, die sich auch an den Bücherwelten vorheriger Jahrhunderte erfreute. Am 21. August 1937 heirateten sie. Aus Briefen und wenigen erhaltenen Schriftstücken ist bekannt, dass sein Wunsch ein freier Schriftsteller zu werden, hier bereits reifte, aber sich nicht realisieren ließ.
Die Militarisierung und der Zweite Weltkrieg zwangen ihn auch in die Rolle eines Soldaten. Seine Aufgaben waren in Schreibstuben und erhielt eine Spezialausbildung zum Englischdolmetscher. In der Form einer inneren Emigration begann er ernsthaft erste Stücke zu schreiben, die keinerlei Bezug zur Realität zeigten. 1941-44 war er in Øveraasjøen am Romsdalsfjord in Norwegen stationiert. 1945 half er in einem letzten Urlaub seiner Frau bei der Flucht aus Schlesien. Sein Fronteinsatz führte ihn nach Niedersachsen und bei Vechta begab er sich am 16. April 1945 in britische Gefangenschaft. Bereits ab August war er als Dolmetscher für die britische Besatzungsarmee in Niedersachsen tätig.
Im Dezember 1946 endete seine Tätigkeit und er erklärte sich zum freien Schriftsteller. Zu dieser Zeit hatte er mit der Erzählung Leviathan seine Auseinandersetzung mit dem Krieg begonnen. Diese Prosa wurde 1949 von Rowohlt veröffentlicht und erhielt im Folgejahr mit vier weiteren Nachwuchsautoren den Literaturpreis der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur einschließlich eines Preisgeldes von 10.000 Mark. Schmidts Anteil von 2.000 Mark entsprach einer Summe, die er sonst in zwei Jahren ausgegeben hat. Es war also ein Überlebenspreis und die Laudatio von Alfred Döblin machte ihn in Deutschlands literarischer Welt bekannt.
Leviathan oder die Beste der Welten zeigt bereits ein Stilelement, dass in den Folgejahren weiter entwickelt wurde. Die Geschichte wird zum Teil in von ihn so genannten Fotos erzählt (Siehe auch einen früheren Eintrag). Einzelne Erinnerungsbilder beschreiben die Flucht einer zusammengewürfelten Gruppe in mehreren Waggons über wenige Tage. Der Leviathan steht für jede Form von autoritärer Herrschaft, die sich über die Jahre ändern mag:
"Dennoch bleibt der Leviathan, der seine Bosheit bald konzentriert, bald in größter Mannigfaltigkeit und Verteilung genießen will. -"
(Leviathan, nach dem Erzählerischen Werk in 8 Bänden, Band 2, S. 22)
Donnerstag, 18. Januar 2007
Sarasota Florida Tag 3
Reisetagebuch vom 27. Januar 2005
Nun habe ich einmal das Fahrrad ausprobiert. Die Wohnstraßen auf dieser Insel haben das gleiche gute System wie in der Niederlande. Lange Schleifen, die nicht miteinander verbunden sind. Keine Person kann also Schleichwege fahren. Einige wenige Straßen bilden das Rückgrat des Systems.
Große Häuser mit großen Autos davor. Meine Gastgeber hatten bereits mehrmals erzählt, wie es hier "früher" war, also vor mehreren Jahrzehnten (Sie ist Jahrgang 1926): Es war dies schon immer eine Residential Area für Bewohner, die regelmäßige Einkünfte haben, aber es waren alles Häuser (oftmals Holz) mit oftmals nur einer Etage. Seit vielen Jahren versuchen „THE RICH“ sich einzukaufen und Makler unterstützen sie dabei. Wenn es externen Maklern gelingt, eines der Häuser zu kaufen, werden die alten Gebäude abgerissen und eine neue Struktur mit 2-3 Stockwerken errichtet. An der Beach Road stehen sogar bessere Appartmenthäuser mit bis zu 10 Etagen.
Die Änderung der Sozialstruktur hat mehrere Konsequenzen für die Insel Siesta Key. Zum einen verteidigen THE RICH ihre neue Spielwiese gegen die Alteigentümer und sorgten z.B. bereits dafür das der historische Fischmarkt (DAS älteste Gewerbe auf der Insel) wegen Geruchsbelästigung geschlossen wurde. Zum anderen führen die neuen Wohnstrukturen zu einer erheblichen Steigerung der Einwohnerzahl und damit zu einem regelmäßigen Stau auf der Hauptstraße, welche die Nord- zur Südbrücke zum Festland verbindet. In letzter Konsequenz muss demnächst die Straße ausgebaut werden und diverse ältere Häuser an der Straße verschwinden.
Ach ja und dann kommen noch die Snowbirds und Urlauber hinzu. Erstere bleiben für 2-3 Monate zum Überwintern und die anderen für 1-2 Wochen Urlaub. Snowbirds gibt es zwischenzeitlich auch in Europa. Viele vor allem ältere Menschen überwintern auf den Balearen oder Kanaren. Zur Geschichte des Begriffs siehe den folgenden Artikel in der englischen WIKIPEDIA.
Nun habe ich mit dem Rad eine kleine Vorstellung von der Nachbarschaft gewonnen, in den folgenden Tagen werde ich immer weitere Ringe ziehen. Habe von dieser kurzen Tour bereits einen leichten Sonnenbrand im Gesicht bekommen.
Am Nachmittag gab es das erste Mal eine touristische Attraktion. Es ging ins Mote Marine Laboratory. Wir mussten hierfür von der Insel Siesta Key aufs Festland fahren und über die Innenstadt von Sarasota zur Brücke der Insel Lido Key fahren. Auf deren nördlichen Ausläufer, der City Island, befindet sich in mehreren Gebäuden diese Forschungs- und Bildungseinrichtung. Edutainment oftmals von der angenehmen Art. Becken in die man seine Hand stecken durfte um Seesterne und Krebse haptisch zu erfahren.
Besonders interessant fand ich ein Becken mit Rochen. Auch hier durfte ich hineingreifen und einige der Rochen schwammen mit Berührung an der Hand vorbei. Es fühlte sich wie kühler Samt an. Natürlich gab es hier auch eine kleine Show. Ein Informationsfilm über Haie aus der Sicht eines Haies. Leinwand an drei Seiten und Geräusche von überall. Die Erklärungen für Sicht, Geruch, etc. wurden stets sehr simpel vermittelt. Wie fühlt der Hai? Ein LKW fuhr durch den Raum (über die drei Leinwände) mit entsprechenden durch den Raum gehenden Geräuschen und es war der Fahrtwind zu spüren.
Einen Imbiss gab es direkt am Wasser. Fisch-Sandwich. Die Preise bedürfen noch einer weiteren Gewöhnung. 9 Dollar sind einfach viel Geld für einen Imbiss. Hier gab es auch ein schönes Schild „Please, please, don’t feed the birds“. Das Schild hatte eine Berechtigung. Ein Vogel kam in die Nähe des benachbarten Tisches und hat die Zeichen der dort Speisenden so verstanden, dass er sich etwas nehmen darf. Es gab viel Hallo und tsch, tsch.
Ist schon beeindruckend, wenn man auf eine Terrasse über dem Wasser sitzt und in nur wenigen Metern Entfernung ein Pelikan vorbeizieht. Das Bier zum Imbiss war eine Beleidigung, auch wenn es frisch aus dem Fass kam und als lokale Spezialität angepriesen wurde. Apropos Bier, die Flaschen habe diverse Informationen, aber keinen Hinweis auf den Alkoholgehalt. Mein Gastgeber gab mir die folge Erklärung. Die Regierung will verhindern, dass es einen Wettbewerb um den Alkoholgehalt gibt. Einige Kunden würden jeweils das stärkste Bier kaufen. Mein Sixpack, das ich am Vortag gekauft hatte, stammte von „America’s Oldest Brewery“, die natürlich von Deutschen gegründet wurde. Wie würde ein Brauer mit dem Familiennamen Jüngling seinen Namen variieren, damit er auch in den USA mit einem ähnlichen Namen angesprochen wird? Sie entschieden sich für: Yuengling . Im Laden hielt ich dies zunächst für ein chinesisches Bier. Die Biere, die ich bisher kennen gelernt habe, sind sehr leicht mit bis Alc. 3,6% Vol.
Wir gingen noch im Ken Thompson Park direkt ans Wasser mit Blick auf die Innenstadt von Sarasota, bevor wir zum Mote Marine Laboratory zurückkehrten. Jedes, aber auch jedes Aquarium im Haus hatte eines oder mehrere Schilder, die auf die Spender verwiesen. Das Besuchspersonal bestand ausschließlich aus Senioren, die als Freiwillige Erklärungen abgeben konnten oder auf bestimmte Details verweisen.
(Alle Fotos von mir)
Nun habe ich einmal das Fahrrad ausprobiert. Die Wohnstraßen auf dieser Insel haben das gleiche gute System wie in der Niederlande. Lange Schleifen, die nicht miteinander verbunden sind. Keine Person kann also Schleichwege fahren. Einige wenige Straßen bilden das Rückgrat des Systems.
Große Häuser mit großen Autos davor. Meine Gastgeber hatten bereits mehrmals erzählt, wie es hier "früher" war, also vor mehreren Jahrzehnten (Sie ist Jahrgang 1926): Es war dies schon immer eine Residential Area für Bewohner, die regelmäßige Einkünfte haben, aber es waren alles Häuser (oftmals Holz) mit oftmals nur einer Etage. Seit vielen Jahren versuchen „THE RICH“ sich einzukaufen und Makler unterstützen sie dabei. Wenn es externen Maklern gelingt, eines der Häuser zu kaufen, werden die alten Gebäude abgerissen und eine neue Struktur mit 2-3 Stockwerken errichtet. An der Beach Road stehen sogar bessere Appartmenthäuser mit bis zu 10 Etagen.
Die Änderung der Sozialstruktur hat mehrere Konsequenzen für die Insel Siesta Key. Zum einen verteidigen THE RICH ihre neue Spielwiese gegen die Alteigentümer und sorgten z.B. bereits dafür das der historische Fischmarkt (DAS älteste Gewerbe auf der Insel) wegen Geruchsbelästigung geschlossen wurde. Zum anderen führen die neuen Wohnstrukturen zu einer erheblichen Steigerung der Einwohnerzahl und damit zu einem regelmäßigen Stau auf der Hauptstraße, welche die Nord- zur Südbrücke zum Festland verbindet. In letzter Konsequenz muss demnächst die Straße ausgebaut werden und diverse ältere Häuser an der Straße verschwinden.
Ach ja und dann kommen noch die Snowbirds und Urlauber hinzu. Erstere bleiben für 2-3 Monate zum Überwintern und die anderen für 1-2 Wochen Urlaub. Snowbirds gibt es zwischenzeitlich auch in Europa. Viele vor allem ältere Menschen überwintern auf den Balearen oder Kanaren. Zur Geschichte des Begriffs siehe den folgenden Artikel in der englischen WIKIPEDIA.
Nun habe ich mit dem Rad eine kleine Vorstellung von der Nachbarschaft gewonnen, in den folgenden Tagen werde ich immer weitere Ringe ziehen. Habe von dieser kurzen Tour bereits einen leichten Sonnenbrand im Gesicht bekommen.
Am Nachmittag gab es das erste Mal eine touristische Attraktion. Es ging ins Mote Marine Laboratory. Wir mussten hierfür von der Insel Siesta Key aufs Festland fahren und über die Innenstadt von Sarasota zur Brücke der Insel Lido Key fahren. Auf deren nördlichen Ausläufer, der City Island, befindet sich in mehreren Gebäuden diese Forschungs- und Bildungseinrichtung. Edutainment oftmals von der angenehmen Art. Becken in die man seine Hand stecken durfte um Seesterne und Krebse haptisch zu erfahren.
Besonders interessant fand ich ein Becken mit Rochen. Auch hier durfte ich hineingreifen und einige der Rochen schwammen mit Berührung an der Hand vorbei. Es fühlte sich wie kühler Samt an. Natürlich gab es hier auch eine kleine Show. Ein Informationsfilm über Haie aus der Sicht eines Haies. Leinwand an drei Seiten und Geräusche von überall. Die Erklärungen für Sicht, Geruch, etc. wurden stets sehr simpel vermittelt. Wie fühlt der Hai? Ein LKW fuhr durch den Raum (über die drei Leinwände) mit entsprechenden durch den Raum gehenden Geräuschen und es war der Fahrtwind zu spüren.
Einen Imbiss gab es direkt am Wasser. Fisch-Sandwich. Die Preise bedürfen noch einer weiteren Gewöhnung. 9 Dollar sind einfach viel Geld für einen Imbiss. Hier gab es auch ein schönes Schild „Please, please, don’t feed the birds“. Das Schild hatte eine Berechtigung. Ein Vogel kam in die Nähe des benachbarten Tisches und hat die Zeichen der dort Speisenden so verstanden, dass er sich etwas nehmen darf. Es gab viel Hallo und tsch, tsch.
Ist schon beeindruckend, wenn man auf eine Terrasse über dem Wasser sitzt und in nur wenigen Metern Entfernung ein Pelikan vorbeizieht. Das Bier zum Imbiss war eine Beleidigung, auch wenn es frisch aus dem Fass kam und als lokale Spezialität angepriesen wurde. Apropos Bier, die Flaschen habe diverse Informationen, aber keinen Hinweis auf den Alkoholgehalt. Mein Gastgeber gab mir die folge Erklärung. Die Regierung will verhindern, dass es einen Wettbewerb um den Alkoholgehalt gibt. Einige Kunden würden jeweils das stärkste Bier kaufen. Mein Sixpack, das ich am Vortag gekauft hatte, stammte von „America’s Oldest Brewery“, die natürlich von Deutschen gegründet wurde. Wie würde ein Brauer mit dem Familiennamen Jüngling seinen Namen variieren, damit er auch in den USA mit einem ähnlichen Namen angesprochen wird? Sie entschieden sich für: Yuengling . Im Laden hielt ich dies zunächst für ein chinesisches Bier. Die Biere, die ich bisher kennen gelernt habe, sind sehr leicht mit bis Alc. 3,6% Vol.
Wir gingen noch im Ken Thompson Park direkt ans Wasser mit Blick auf die Innenstadt von Sarasota, bevor wir zum Mote Marine Laboratory zurückkehrten. Jedes, aber auch jedes Aquarium im Haus hatte eines oder mehrere Schilder, die auf die Spender verwiesen. Das Besuchspersonal bestand ausschließlich aus Senioren, die als Freiwillige Erklärungen abgeben konnten oder auf bestimmte Details verweisen.
(Alle Fotos von mir)
Dienstag, 16. Januar 2007
Sarasota Reise 3
Mein Reisetagebuch vom 26. Januar 2005
Der erste Schlaf dauerte nur knapp 5 Stunden bis die Aktivitäten in einem fremden Haus mich wieder weckten. Ich wachte auf und fühlte mich grauenhaft. Von dem überdrehten Schlafverzicht war ich noch nicht runter und so erwachte ich erschöpft. Das Frühstück bestand eigentlich nur aus einem Kaffee. Die beiden Senioren leben am Morgen nur von Kaffee.
Mir wurde nun das Haus und der Swimming Pool gezeigt. Hier sah ich erstmals das Riesenmoskitonetz. Der Pool und ein Meter darum sind von einem Käfig, der etwa drei Meter Höhe erreicht, umgeben. Die feines Struktur verhindert das Eindringen von Insekten, Eidechsen und Vögel. Der Pool hat noch nicht die richtige Temperatur. Bisher hat das Wasser an der Oberfläche erst 20 Grad.
Mit dem Mann ging es einmal rund ums Haus und schließlich auch auf das zugewachsene Nachbargrundstück. Der Vater meiner Gastgeberin hatte frühzeitig vier Plots erworben und das Nachbarhaus gehört den Erben auch und bringt ihnen Mieteinnahmen. Dort wirkt zur Zeit eine in den USA gerühmte Künstlerin (Maxine). Als Kunstbanause hatte ich natürlich noch nie von ihr gehört. Wir gingen rüber in ihre Werkstatt und sahen ihr über die Schulter, als sie drei Kunstschülern Unterricht erteilte.
Zurück auf dem eigentlichen Grundstück zeigte mir R. eine Vielzahl von subtropischen und tropischen Pflanzen, die auf dem großen Grundstück wachsen. Sie haben natürlich Orangen und Grapefruit, aber auch einen prächtigen Mangobaum.
Im Haus erbat ich mir Brot, doch dies musste erst einmal in der Mikrowelle aufgetaut werden. Meine Gastgeberin packt alles immer in den Gefrierschrank, da es nach ihren Angaben sonst in diesem Klima Schaden nehmen würde. Finde ich zwar übertrieben, aber was soll es.
Das Haus hat sehr viel Elektronik und natürlich läuft alles im Stand By. Doch ich bin nicht hier um zu predigen.
Zu dritt fuhren wir zur Tochter von E. und R.. E. hatte für mich arrangiert, dass ich von deren Haushalt ein Fahrrad ausleihen kann. Die Tochter führte uns in die Wohnung (?), was ein schwacher Name für das riesige Haus ist. Ihr Mann (übrigens mit einem B.A. in Geography and Urban Planning) ist Stadtplaner und Makler. Das Haus ist gefüllt mit Spielereien eines Architekten, d.h. es gibt verschiede Ebenen und entsprechend ist an einigen Stellen die Decke bis zu acht Meter über dir. Im Wohnbereich war die Deckenhöhe stets deutlich über vier Meter. Eine riesige Küche ist nur durch eine Theke vom Wohnbereich getrennt. Der Pool mit Jacuzzi liegt so, dass er einen unverstellten Blick auf den Kanal, der eine direkte Verbindung zum Golf von Mexiko hat, bietet. Es lag kein Boot am Anleger, aber es hätte mich auch nicht weiter gewundert. Alle drei Kinder sind mehr oder minder erfolgreich und verdienen reichlich Geld (doch dies schreibt ein Mensch, der noch nie!!! wirklich viel Geld verdient hat).
Ein 24er Fahrrad wurde verladen, breite Reifen viele Rostspuren und die Erklärung, dass dies ein Fahrzeug für den Strand ist.
Weiter ging es zu einen Supermarkt, der eine heftige Reizüberflutung bot. Ich war lange am Suchen, da einige Produkte sich an verschiedenen Stellen befinden. So genanntes Bio-Food und importierte Deli stehen separat von den anderen Waren. Die Preise sind sehr hoch. 3 Käsestücke, ein Labberbrot (das nennt sich Mehrkorn!), ein Sixpack Bier, Marmelade und Milch und dafür musste ich über dreissig Dollar zahlen. Selbst im Bioladen in Hannover hätte ich die Waren billiger bekommen. Mein Bargeld (immerhin über 600 Dollar) wird scheinbar nicht reichen und ich muss anfangen mit meiner Kreditkarte zu bezahlen. Für Kleinkram und Essen sind in zwei Tagen bereits mehr als 70 Dollar geflossen. Im Supermarkt hatte ich eine ähnliche Irritation wie bereits im Flughafen. Überall Bedienstete. Die Personen, die im Backbereich arbeiteten, dabei mehrere Personen die mit Sicherheit älter als 65 Jahre waren, würden in Deutschland einen ganzen Supermarkt bearbeiten. Überall lächelnde Arbeitskräfte. Die Packerinnen hinter jeder Kasse sind ja bekannt. Ach, der Supermarkt liegt übrigens auf dem Festland, auf der langgestreckten Insel gibt es keine Einrichtung mit einem umfassenden Angebot. Mein Lästerei zu überbreiten Amis lässt sich hier nicht wiederfinden. Seit Charlotte habe ich keine explodierten Menschen mehr gesehen. Vielleicht stimmt die Bemerkung, dass diese Extreme vermehrt nur in einzelnen Regionen und bestimmten sozialen Schichten anzutreffen sind. Auf der Rückfahrt nach Siesta Key hatten erste Gebäude einen Wiedererkennungswert, eine Mental Map baut sich langsam auf.
Cheddar, den ich bisher ausschließlich mit England verbunden habe, ist auch hier der Standard. Besserer Käse kommt nur von den Amish People, die in Sarasota eine grosse Siedlung haben.
Nach einen leichten, späten Mittag setzte ich mich erstmals an den Rechner und begann meinen ersten digitalen Rundbrief an Familie und Freunde. Ich war langsam und bekam Kopfschmerzen. Vielleicht war dies ein Teil vom Jetlag.
Zum Dinner ging es zurück zur Tochter, wo Lasagne und japanisches Bier auf uns bzw. im letzten Fall auf mich warteten. Auch der Ehemann hat eine deutsche Elternhälfte, spricht aber kein nennenswertes Deutsch. Mit ihn habe ich viel über Stadtplanung und deren Irrungen und Wirrungen geredet. Er nannte mehrere Beispiele wie Lobbyisten sinnvolle Pläne sabotierten, so dass trotz positiver Gutachten bestimmte Elemente sich nicht weiter entwickeln. Er war mal ein Öko, kann heute aber böse Geschichten hierzu erzählen, da es viele so-called Ökos gibt, die bei genauerer Untersuchung in Wirklichkeit Lobbyisten von Abfallbeseitigungsfirmen oder Energieerzeuger sind.
Gegen 22:00 Uhr waren wir wieder in der Av. de Mare und ich verzog mich auch zügig ins Bett. Mein Körper fühlte sich zwar nicht wie 4 Uhr morgens an, aber wie deutlich nach Mitternacht. Mal sehen, wann sich mein Körper um 10:00 wieder wie vor Mitternacht anfühlt.
Der erste Schlaf dauerte nur knapp 5 Stunden bis die Aktivitäten in einem fremden Haus mich wieder weckten. Ich wachte auf und fühlte mich grauenhaft. Von dem überdrehten Schlafverzicht war ich noch nicht runter und so erwachte ich erschöpft. Das Frühstück bestand eigentlich nur aus einem Kaffee. Die beiden Senioren leben am Morgen nur von Kaffee.
Mir wurde nun das Haus und der Swimming Pool gezeigt. Hier sah ich erstmals das Riesenmoskitonetz. Der Pool und ein Meter darum sind von einem Käfig, der etwa drei Meter Höhe erreicht, umgeben. Die feines Struktur verhindert das Eindringen von Insekten, Eidechsen und Vögel. Der Pool hat noch nicht die richtige Temperatur. Bisher hat das Wasser an der Oberfläche erst 20 Grad.
Mit dem Mann ging es einmal rund ums Haus und schließlich auch auf das zugewachsene Nachbargrundstück. Der Vater meiner Gastgeberin hatte frühzeitig vier Plots erworben und das Nachbarhaus gehört den Erben auch und bringt ihnen Mieteinnahmen. Dort wirkt zur Zeit eine in den USA gerühmte Künstlerin (Maxine). Als Kunstbanause hatte ich natürlich noch nie von ihr gehört. Wir gingen rüber in ihre Werkstatt und sahen ihr über die Schulter, als sie drei Kunstschülern Unterricht erteilte.
Zurück auf dem eigentlichen Grundstück zeigte mir R. eine Vielzahl von subtropischen und tropischen Pflanzen, die auf dem großen Grundstück wachsen. Sie haben natürlich Orangen und Grapefruit, aber auch einen prächtigen Mangobaum.
Im Haus erbat ich mir Brot, doch dies musste erst einmal in der Mikrowelle aufgetaut werden. Meine Gastgeberin packt alles immer in den Gefrierschrank, da es nach ihren Angaben sonst in diesem Klima Schaden nehmen würde. Finde ich zwar übertrieben, aber was soll es.
Das Haus hat sehr viel Elektronik und natürlich läuft alles im Stand By. Doch ich bin nicht hier um zu predigen.
Zu dritt fuhren wir zur Tochter von E. und R.. E. hatte für mich arrangiert, dass ich von deren Haushalt ein Fahrrad ausleihen kann. Die Tochter führte uns in die Wohnung (?), was ein schwacher Name für das riesige Haus ist. Ihr Mann (übrigens mit einem B.A. in Geography and Urban Planning) ist Stadtplaner und Makler. Das Haus ist gefüllt mit Spielereien eines Architekten, d.h. es gibt verschiede Ebenen und entsprechend ist an einigen Stellen die Decke bis zu acht Meter über dir. Im Wohnbereich war die Deckenhöhe stets deutlich über vier Meter. Eine riesige Küche ist nur durch eine Theke vom Wohnbereich getrennt. Der Pool mit Jacuzzi liegt so, dass er einen unverstellten Blick auf den Kanal, der eine direkte Verbindung zum Golf von Mexiko hat, bietet. Es lag kein Boot am Anleger, aber es hätte mich auch nicht weiter gewundert. Alle drei Kinder sind mehr oder minder erfolgreich und verdienen reichlich Geld (doch dies schreibt ein Mensch, der noch nie!!! wirklich viel Geld verdient hat).
Ein 24er Fahrrad wurde verladen, breite Reifen viele Rostspuren und die Erklärung, dass dies ein Fahrzeug für den Strand ist.
Weiter ging es zu einen Supermarkt, der eine heftige Reizüberflutung bot. Ich war lange am Suchen, da einige Produkte sich an verschiedenen Stellen befinden. So genanntes Bio-Food und importierte Deli stehen separat von den anderen Waren. Die Preise sind sehr hoch. 3 Käsestücke, ein Labberbrot (das nennt sich Mehrkorn!), ein Sixpack Bier, Marmelade und Milch und dafür musste ich über dreissig Dollar zahlen. Selbst im Bioladen in Hannover hätte ich die Waren billiger bekommen. Mein Bargeld (immerhin über 600 Dollar) wird scheinbar nicht reichen und ich muss anfangen mit meiner Kreditkarte zu bezahlen. Für Kleinkram und Essen sind in zwei Tagen bereits mehr als 70 Dollar geflossen. Im Supermarkt hatte ich eine ähnliche Irritation wie bereits im Flughafen. Überall Bedienstete. Die Personen, die im Backbereich arbeiteten, dabei mehrere Personen die mit Sicherheit älter als 65 Jahre waren, würden in Deutschland einen ganzen Supermarkt bearbeiten. Überall lächelnde Arbeitskräfte. Die Packerinnen hinter jeder Kasse sind ja bekannt. Ach, der Supermarkt liegt übrigens auf dem Festland, auf der langgestreckten Insel gibt es keine Einrichtung mit einem umfassenden Angebot. Mein Lästerei zu überbreiten Amis lässt sich hier nicht wiederfinden. Seit Charlotte habe ich keine explodierten Menschen mehr gesehen. Vielleicht stimmt die Bemerkung, dass diese Extreme vermehrt nur in einzelnen Regionen und bestimmten sozialen Schichten anzutreffen sind. Auf der Rückfahrt nach Siesta Key hatten erste Gebäude einen Wiedererkennungswert, eine Mental Map baut sich langsam auf.
Cheddar, den ich bisher ausschließlich mit England verbunden habe, ist auch hier der Standard. Besserer Käse kommt nur von den Amish People, die in Sarasota eine grosse Siedlung haben.
Nach einen leichten, späten Mittag setzte ich mich erstmals an den Rechner und begann meinen ersten digitalen Rundbrief an Familie und Freunde. Ich war langsam und bekam Kopfschmerzen. Vielleicht war dies ein Teil vom Jetlag.
Zum Dinner ging es zurück zur Tochter, wo Lasagne und japanisches Bier auf uns bzw. im letzten Fall auf mich warteten. Auch der Ehemann hat eine deutsche Elternhälfte, spricht aber kein nennenswertes Deutsch. Mit ihn habe ich viel über Stadtplanung und deren Irrungen und Wirrungen geredet. Er nannte mehrere Beispiele wie Lobbyisten sinnvolle Pläne sabotierten, so dass trotz positiver Gutachten bestimmte Elemente sich nicht weiter entwickeln. Er war mal ein Öko, kann heute aber böse Geschichten hierzu erzählen, da es viele so-called Ökos gibt, die bei genauerer Untersuchung in Wirklichkeit Lobbyisten von Abfallbeseitigungsfirmen oder Energieerzeuger sind.
Gegen 22:00 Uhr waren wir wieder in der Av. de Mare und ich verzog mich auch zügig ins Bett. Mein Körper fühlte sich zwar nicht wie 4 Uhr morgens an, aber wie deutlich nach Mitternacht. Mal sehen, wann sich mein Körper um 10:00 wieder wie vor Mitternacht anfühlt.
Montag, 15. Januar 2007
Die Bedeutung von Ulaya
Ulaya war bei meiner Biographie die erste Wahl. Der Name verknüpft meine jahrelangen Studien zur afrikanischen Geschichte mit meinen späteren Arbeitsschwerpunkt Europa.
Ich habe nur den mehrwöchigen Crash-Kurs Kiswahili für Ausländer an der Universität Dar es Salaam belegt, doch täglich zwei Stunden Unterricht und dann der einjährige Aufenthalt haben rudimentäre Kenntnisse der Sprache zurückgelassen.
. . . und Brauel?
Da dies auch ein virtuelles, öffentlicher Tagebuch ist, benannte ich den Blog nach dem Dorf bei Zeven, wo ich meine Jugend erlebte und über dessen Besuch im Frühjahr 2009 ein eigener Beitrag vorliegt.
Ich habe nur den mehrwöchigen Crash-Kurs Kiswahili für Ausländer an der Universität Dar es Salaam belegt, doch täglich zwei Stunden Unterricht und dann der einjährige Aufenthalt haben rudimentäre Kenntnisse der Sprache zurückgelassen.
. . . und Brauel?
Da dies auch ein virtuelles, öffentlicher Tagebuch ist, benannte ich den Blog nach dem Dorf bei Zeven, wo ich meine Jugend erlebte und über dessen Besuch im Frühjahr 2009 ein eigener Beitrag vorliegt.
Sonntag, 14. Januar 2007
Sarasota Reise 2
Teil 2, immer noch der 25. Januar 2005
I’m in. Soviel Stress und dann war es doch nur warten, zwei Formulare, Fingerabdrücke von beiden Zeigefingern, ein Passbild ohne Brille und einige Standardfragen und schon klickte der Stempel in meinem Reisepass.
Ungewöhnlich war für mich, dass ich hier bereits meinen Koffer abholen musste und zwei Räume weiter der Koffer und mein Handgepäck ein weiteres Mal geprüft wurden. Mein Koffer hatte auf der Reise leider ein schweren Schaden abbekommen. Eines der Räder war abhanden gekommen und damit konnte das schwere Gepäck nur noch mit Rollwagen geschoben oder direkt getragen werden. Die Fluggesellschaft übernimmt ausdrücklich keine Haftung für Schäden an Rädern und Handgriffen von Koffern. Vielleicht muss ich mir hier nun einen neuen Koffer suchen.
Mein Koffer wurde wieder aufgegeben und plötzlich war ich außerhalb des gesperrten Bereichs. Nur eine Glastür trennte mich von den USA. Trotz der vielen Stunden Wartezeit auf meinem Flieger nach Sarasota sah ich aber keinen Grund, draußen einen Spaziergang zu machen. Also checkte ich wieder in den Abflugbereich ein. Mein Handgepäck wurde wieder an zwei Stellen elektronisch geprüft und ein weiteres Mal musste ich meine Schuhe ausziehen.
Hier geht es offensichtlich um Symbole. Einmal hat ein durchgeknallter Brite in seinen Schuhen eine Sprengstoffmischung transportiert und nun werden alle Reisenden an diesen Moment erinnert. Was wäre passiert, wenn der Sprengstoff gezündet hätte? Ist dies eines der Beispiele, wie US-Bürger in einen konstanten Level of Fear and Alert gehalten werden, wie Michael Moore als Grundthese in Bowling for Columbine argumentiert?
Hier habe ich die ersten breiten Amis gesehen. Sie + Er mit zusammen geschätzten 300 kg Lebendgewicht. Eben fuhr auf dem Laufband ein weiteres Paar vorbei. Die Frau war so breit, dass meine rundliche Nachbarin sich im Schatten versteckten könnte. Nur in Pretoria, Südafrika und auf einem Kulturfest in Cape Coast, Ghana habe ich solche aufgeschwemmten Körper bisher leibhaftig gesehen. Als ich diese Notizen schrieb, saß ich im Starbucks – wonach war diese Kaffeekette noch einmal benannt? * Lösung siehe unten! – und genoss den Coffee of the Day. Die Kaffeebecher sind deutlich größer als daheim.
Am Flughafen gab es eine Vielzahl von Propellermaschinen in unterschiedlichen Größen und dies war nicht ein musealer Teil des Flughafens. Von außen war auf den Maschinen das aktuelle Design der US Airways zu sehen. Die Maschinen wurden für Anschlussflüge genutzt, z.B. nach Harrisburg, falls sich noch jemand an die beinahe AKW-Katastrophe von Three-Mile-Island erinnert.
In den Zwischenzonen am Ende der Laufbänder gab es jeweils Sitzgelegenheiten mit einem verglasten Blick auf eine Sektion der Rollfelder. In einem Bereich waren dies weiße Schaukelstühle! Wunderbar, die Sonne schien intensiv und ich schaukelte mit geschlossenen Augen und guter Musik von CD einen Teil der Wartezeit weg. Dann wurde es anstrengend. In der 22. wachen Stunde begann ein grenzwertiges Gefühl. Die Müdigkeit war so umfassend, dass ich Probleme hatte, auch nur einen Artikel in der Zeitung zu lesen. Die Idee mit dem Kaffee war mal wieder blödsinnig, mein System läuft für einige Zeit auf Hochtouren und dann kommt die Müdigkeit sehr plötzlich und intensiv. Mir bot der Flughafen jetzt nur noch Reizüberflutung und leichte Kopfschmerzen. Eine kleine Bar hatte z.B. 10 laute Fernseher, die fünf verschiedene Programme zeigten, dazu lief ein Laufband mit den Aktuellen Sportnachrichten unterbrochen von aktuellen Zahlen von den wichtigen US-Aktienmärkten. Als wäre dies nicht bereits viel zu viel, tönte im gesamten Bereich auch noch aktuelle Musik (und dies war nicht die gleiche Musik, wie auf den Musikvideo-Kanal, der auf zwei der Glotzen gezeigt wurde).
Sechs Stunden nach meiner Ankunft in Charlotte wurde endlich mein Flieger angezeigt, doch das Flugzeug zeigte sich bisher nicht. Ich wanderte immer wieder in diesem großen Bereich mit seinen etwa 30 Abflugschaltern herum. Auf dem Laufband kam eine kleine, lautstarke Gruppe von Soldaten auf mich zu. Die Haare millimeterkurz und nur Rest eines überbreiten Irokesen in der Mitte. Sie waren vielleicht zwanzig Jahre alt und hatten sich bereits das erste Lametta verdient.
Die Freundlichkeit hier ist schon etwas besonders. Ob die Bedienung bei Starbucks oder Personal an den Schaltern. Eigentlich waren nur die Immigration-Officer kühl und sachlich wie deutsche Sicherheitskräfte.
Etwa eine halbe Stunde vor unserer Abflugzeit kam unser Düsenflieger am Gate an und seine Passagiere stiegen aus. Schade, keine Propellermaschine nach Sarasota. Es war klar, schon wieder würde mein Flieger zu spät starten. So ein Mist und ich hatte keine Gelegenheit meien Gastgeberin anzurufen. Die Notizen mit ihren Telefonnummern und Adresse lagen sicher auf meinen Schreibtisch und digital auf einer CD in meinem Handgepäck. Ich fragte nach einem Computerarbeitsplatz oder Internetzugang, aber dieser Service ist noch nicht auf dem Flughafen angekommen. Vielleicht ist zu wenig damit zu verdienen? In den Wartebereichen saßen jeweils mehrere Personen, die in ihren Laptops schauten, aber ich scheute mich, jemanden anzusprechen. Übrigens konnte ich zweimal sehen, warum der Laptop an war. Ein Mann hatte Kopfhörer auf und sah sich eine aktuelle DVD an, eine andere Person vertrieb sich die Zeit mit einem Ballerspiel. Der Flieger war da, das Flugzeug war bereit, aber wir konnten noch nicht starten. Das Flugpersonal musste erst einmal eine gesetzliche Pause einlegen. Wieder ein Fensterplatz, diesmal ganz hinten. Ein kleiner Flieger mit 2 + 2 Sitzen in jeder Reihe. Eine modische Frau nahm neben mir Platz und es erschien mir so, dass diese Maschine fast vollständig belegt war. An Schlafen war nicht zu denken, die Düsentriebwerke waren sehr laut zu hören (ein unregelmäßiges Geräusch) und die Sitze waren unbequem, aber endlich konnte ich mal wieder ein wenig dösen in meiner 25. wachen Stunde. Natürlich gab es wieder die wenig erfreulichen Pretzel von Snyder of Hanover. Erdnüsse werden zwischenzeitlich nicht mehr gegeben (Allergie-Gefahr), was mag wohl der ehemalige Erdnussfarmer Jimmy Carter hierzu sagen?
Die Lichter unter mir zeigten viele großflächige Siedlungen, die oftmals durch Lichterketten verbunden waren. Als ich nach kurzem Dösen mal wieder nach draußen schaute, war ein Lichtermeer zu sehen, das zunehmend das gesamte Blickfeld einnahm. Halt, die Lichter waren zum Horizont (Westen) scharf begrenzt. Aha, wir überflogen die erleuchtete Region Tampa und das Schwarze war dann wohl der Golf von Mexico. Da kam dann auch bereits die Ansage, dass wir im Anflug auf Sarasota seien. Meine Müdigkeit verflog zwar nicht, aber ich bekam wieder mehr mit und dies in meiner 27. Stunde.
Sarasota. Kaum im Gebaeude, sah ich bereits meine Gastgeberin hinter einer Sperre winken. Die Gepäckausgabe ist in einem Bereich, der bereits von Flughafenbesuchern betreten werden darf. Eine Umarmung und Begrüßung und dann ging es im gläsernen Fahrstuhl mit Blick auf einen künstlichen Wasserfall ins Erdgeschoss zum Gepäckband. Meine Gastgeberin sprudelte über vor Worten und zeigte mir dies und das im Gebäude und auf Werbetafeln.
Am Gepäckband sagte ich ihr, dass sie bestimmt meinen Koffer identifizieren kann, als Tipp sagte ich noch, er ist nicht schwarz. Als mein Kasten ins Blickfeld kam, wurde er auch sofort richtig identifiziert. Wir warteten noch kurz am Stand von US Airways, um das fehlende Rad zu melden. Freundlich erklärte der Agent noch einmal, dass es keine Haftung für solche Schäden gibt. Er nannte aber auch gleich einen Laden, wo solche Schäden behoben werden. Also raus und ihren Mann mit dem Wagen suchen. Vorher passierten wir noch eine Barbie-Frau (Rosa Kleid, High Heels und magersüchtig), die von einem Mann begrüßt wurde. Sie standen neben einen der populären S-U-V, sehr hoch, sehr breit mit großer Ladefläche. Da dürften wohl 15 bis 20 Liter Treibstoff je 100km verbraucht werden; but who cares? Der nächste Wagen war dann bereits der gesuchte Kombi.
Nette Begrüßung durch den Mann. Sie hatten im Internet geprüft, wann meine Maschine tatsächlich landen würde und hatten entsprechend nicht sehr lange am Flughafen gewartet. Koffer rein und ab ging es. Alle Straßen menschenleer und sehr hell erleuchtet. Es war 1:00 Uhr morgens, Floridazeit. Große Autos (weitere S-U-V), große angeleuchtete Häuser, so ging es durch Sarasota. Über die Südbrücke ging es auf die Insel Siesta Key. Ich war nicht mehr sehr aufnahmefähig, dennoch wurde mir noch kurz „The Village“ mit seinen Restaurants und Läden gezeigt (viele noch mit Betrieb) und selbst das Haus der Tochter, die übrigens für Jahre in der Göbelstr. gewohnt hat, wurde gezeigt.
Endlich das Haus der beiden. Ein „kleines Haus“ nach eigenen Angaben, vielleicht sind dies auch US-Maßstäbe. Mir wurde das Gästezimmer gezeigt. Ein Durchgangszimmer von 12qm und ein separates Bad mit Dusche. Meine kleine Welt zwischen Wohnzimmer und dem Computerraum für die nächsten drei Wochen. Es wurde noch viel geredet (doch ich weiß nicht mehr worüber, es waren meine 28. und 29. Stunde). Ich bat um ein Bier und erhielt eine Dose mit einem Pint Irish Beer. Eigentlich lehne ich Bier aus Dosen grundsätzlich ab. Doch es gab keine Alternative. Dann endlich ins Bett, ich muss in Sekunden eingeschlafen sein.
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Starbucks? Eine der guten Fragen für ein Table-Quiz im Café K. Die 1971 in Seattle gegründete Firma benannte sich nach dem Obermaat der Pequod aus dem Roman Moby Dick von Hermann Melville. Da der Rohkaffee über den Hafen von Seattle importiert wurde, war dieser Bezug zu einem in den USA bekannten Seemann verständlich. Aus dem gleichen Grund hieß eine der Hauptrollen auf dem Raumschiff Kampfstern Galactica Lt. Starbucks.
Samstag, 13. Januar 2007
Sacherinnerungen an Ganderkesee
Als ich heute Morgen ein Päckchen mit dem Buch Even Cowgirls get the Blues (Bescheuerter deutscher Titel: Sissy – Schicksalsjahre einer Tramperin) von Tom Robbins aus dem Briefkasten fischte, freute mich dies ungemein und führte zu Erinnerungen an meine Zeit in Ganderkesee und Bockholzberg. Das Buch hatte ich 1985 an eine Mitabiturientin verliehen, die es vor kurzem in einer Bücherkiste wiederfand. So sind nun in den letzten Monaten zwei Bücher (das andere war das Dschungelbuch von Kipling in der exzellenten Neuübersetzung von Gisbert Haefs), die viele Jahre auf Wanderschaft waren, wieder in meine Bibliothek zurückgekehrt.
Meine Abiturzeit habe ich in vier Unterkünften erlebt, davon meine erste eigene Wohnung und die erste Wohngemeinschaft. Wenn ich mich so in meinem Wohn- und Arbeitsraum umschaue, dann sind es nicht nur Bücher und Schallplatten, die mich an diese Zeit erinnern. Da ist zum Beispiel dieser Teetisch, den ich als häßliches Objekt am Straßenrand gefunden habe. Die diversen Farbschichten wurden abgeschliffen, die Beine erheblich gekürzt und das Ergebnis mit sehr viel Klarlack versiegelt. Ähnlich fand sich damals ein Korbstuhl, der nun unter meiner Leselampe steht und eine große Seemannstruhe, deren tierische Bewohner mit Kälte (es gab eisige Winter) vertrieben und nach dem Abschleifen mit Klarlack erstickt wurden. Obwohl wenn ich genauer hinschaue, scheinen einige Holzwürmer doch überlebt zu haben.
Und in den Regalen stehen nicht nur ein Teil der etwa 100 ersten eigenen Bücher, sondern auch eine gläserne Bonbonniere, in der ich Kekse aufbewahre. Eine Freundin der damaligen Zeit hatte diesen Behälter blanko bei IKEA gekauft, mit einer naiven Sommeridylle bemalt und mir geschenkt. Hinter mir liegen auf meinem Medienregal Bongos als Verweis auf mein fehlendes musikalisches Talent. Im Hintergrund läuft Ton Steine Scherben auf meinem DUAL-Plattenspieler, der genauso wie der AKAI-Receiver und der Technics-Recorder bereits 1979 und 1980 gekauft wurde; das ist Qualität. 25 Jahre in Benutzung und die einzigen Mängel sind, dass der Treibriemen ein wenig ausgeleiert (beim Digitalisieren meiner Schallplatten muss ich zum Ausgleich die Rohaufnahme auf 99% komprimieren) und der Tonkopf keine Aufnahmen mehr zuletzt.
Doch wer benutzt heute noch Musikkassetten. Auch meine Aufnahmen vom Radio, etc. haben zwischenzeitlich ein Echo auf ihren Magnetspuren. Doch dafür habe ich die seltenen Live-Aufnahmen von Heinz Rudolf Kunze in der Hamburger Markthalle (Ja damals machte der angenehme Musik mit interessanten Zwischentexten), Mental Hygiene Service aus Ganderkesee in der DLW, Trio im Onkel Pö und der UNI Mensa Bremen, Keith Jarrett in der Hamburger Oper und verschiedene Aufnahmen vom Rockpalast. Alles wird nur noch selten gehört, da die Qualität weit von den heutigen Hörgewohnheiten entfernt ist.
Aber man muss sich einmal vorstellen. NDR und Radio Bremen haben damals 30, 45 und zu besonderen Anlässen auch einmal mehr als 60 Minuten einfach ein Konzert gesendet. Heute meint bei diesen Sendern ja stets irgendein ein untalentierter Redakteur zwischen den Stücken seinen uninteressanten Kommentar abgeben zu müssen. Ein weiterer Grund Radio Flora zu hören, wo einfach mal LIVE von einen unser lokalen Festivals gesendet wird.
Meine Abiturzeit habe ich in vier Unterkünften erlebt, davon meine erste eigene Wohnung und die erste Wohngemeinschaft. Wenn ich mich so in meinem Wohn- und Arbeitsraum umschaue, dann sind es nicht nur Bücher und Schallplatten, die mich an diese Zeit erinnern. Da ist zum Beispiel dieser Teetisch, den ich als häßliches Objekt am Straßenrand gefunden habe. Die diversen Farbschichten wurden abgeschliffen, die Beine erheblich gekürzt und das Ergebnis mit sehr viel Klarlack versiegelt. Ähnlich fand sich damals ein Korbstuhl, der nun unter meiner Leselampe steht und eine große Seemannstruhe, deren tierische Bewohner mit Kälte (es gab eisige Winter) vertrieben und nach dem Abschleifen mit Klarlack erstickt wurden. Obwohl wenn ich genauer hinschaue, scheinen einige Holzwürmer doch überlebt zu haben.
Und in den Regalen stehen nicht nur ein Teil der etwa 100 ersten eigenen Bücher, sondern auch eine gläserne Bonbonniere, in der ich Kekse aufbewahre. Eine Freundin der damaligen Zeit hatte diesen Behälter blanko bei IKEA gekauft, mit einer naiven Sommeridylle bemalt und mir geschenkt. Hinter mir liegen auf meinem Medienregal Bongos als Verweis auf mein fehlendes musikalisches Talent. Im Hintergrund läuft Ton Steine Scherben auf meinem DUAL-Plattenspieler, der genauso wie der AKAI-Receiver und der Technics-Recorder bereits 1979 und 1980 gekauft wurde; das ist Qualität. 25 Jahre in Benutzung und die einzigen Mängel sind, dass der Treibriemen ein wenig ausgeleiert (beim Digitalisieren meiner Schallplatten muss ich zum Ausgleich die Rohaufnahme auf 99% komprimieren) und der Tonkopf keine Aufnahmen mehr zuletzt.
Doch wer benutzt heute noch Musikkassetten. Auch meine Aufnahmen vom Radio, etc. haben zwischenzeitlich ein Echo auf ihren Magnetspuren. Doch dafür habe ich die seltenen Live-Aufnahmen von Heinz Rudolf Kunze in der Hamburger Markthalle (Ja damals machte der angenehme Musik mit interessanten Zwischentexten), Mental Hygiene Service aus Ganderkesee in der DLW, Trio im Onkel Pö und der UNI Mensa Bremen, Keith Jarrett in der Hamburger Oper und verschiedene Aufnahmen vom Rockpalast. Alles wird nur noch selten gehört, da die Qualität weit von den heutigen Hörgewohnheiten entfernt ist.
Aber man muss sich einmal vorstellen. NDR und Radio Bremen haben damals 30, 45 und zu besonderen Anlässen auch einmal mehr als 60 Minuten einfach ein Konzert gesendet. Heute meint bei diesen Sendern ja stets irgendein ein untalentierter Redakteur zwischen den Stücken seinen uninteressanten Kommentar abgeben zu müssen. Ein weiterer Grund Radio Flora zu hören, wo einfach mal LIVE von einen unser lokalen Festivals gesendet wird.
Freitag, 12. Januar 2007
Rio Reiser Abend in Hannover
Es lebe der König! Ein Abend für Rio Reiser.
Hollow Skai hat eine nicht autorisierte Biographie von Rio Reiser geschrieben und las gestern im Pavillon Hannover einige Kapitel aus dem Buch (Das alles und noch viel mehr, Heyne) vor. Das alleine wäre bereits ein guter Grund gewesen, zu dieser Veranstaltung zu gehen, doch zwischen den Texten gab es Musik von Rio Reiser von Mitgliedern der Ton Steine Scherben Family. 57 Teelichter, die an den 57. Geburtstag von Rio am 9. Januar erinnerten, gaben die Stimmung für den Abend vor.
Seit mehreren Jahren gibt es die Ton Steine Scherben Family als ein Zusammenschluss aller ehemaligen Musikerinnen und Musiker, die jemals zu Ton Steine Scherben gehörten oder mit ihnen bei Konzerten oder Platten zusammenarbeiteten. Gestern stand mit Kai Sichtermann (Piano und E-Bass) einer der Musiker auf der Bühne, der alle Etappen der Band miterlebt hat. Hinzu kamen Marius Del Mestre (Gitarren und Gesang) und Angie Olbrich (Percussion und Gesang). Es wurden Lieder aus der Feder von Rio Reiser, die er mit Ton Steine Scherben oder später Solo eingespielt hat, interpretiert.
Es wird oft vergessen, dass viele Lieder, die mit seiner Solokarriere verknüpft sind (Alles Lüge, König von Deutschland) oftmals noch zur Zeit von Ton Steine Scherben entstanden sind und auch Songs, die nach dem Ende der Scherben komponiert wurden sich in Kooperation mit Lanrue entwickelten.
Erfreulich viele Fans hatten den Weg in den Pavillon gefunden und der kleine Saal war gefüllt. Ein Blick um mich herum, zeigte ein Durchschnittsalter von um die 40 Jahre, viele waren älter und saßen sehr bürgerlich aus (Sakko und Anzug waren keine Pflicht, aber oft zu sehen), aber es waren auch einige unter 30-Jährige zu sehen. Ich nenne seine Lieder liebevoll die neuen deutschen Volkslieder (Webseite mit Texten). Wenn auf einer Party einer der Klassiker aufgelegt wird, habe ich schon oft erlebt, dass viele aus vollem Herzen relativ sicher seine Lieder mitsingen und ich meine den ganzen Text und nicht nur den Refrain.
Hollow Skai hat einen amüsanten Stil und Zwischentexte wie zur Werbung führten mindestens zum Lächeln und einige Male war auch ein Lachen zu hören.
Bewegend wurde der Abend als Klassiker wie Der Traum ist aus, Keine Macht für Niemand oder das große Liebeslied Halt Dich an Deiner Liebe fest gespielt wurden.
Ich habe selbst Anfang der 80-er Jahre mehrere Konzerte mit den Scherben erlebt und in einem Konzert im Pavillon war er sehr offensichtlich betrunken.
Dies tat keinen Abbruch an seiner Kreativität und der Qualität seiner Texte, wie ja auch von J.W. Goethe, Edgar Poe und Arno Schmidt bekannt ist, dass sie heftig dem Alkohol u.a. zusprachen. Rio Reiser starb wie Poe und Schmidt an seiner Polytoxikomanie. Ein unbeschreiblicher Verlust!
Ob Junimond, Für immer und dich, Jenseits von Eden oder die politischen Lieder überall schimmert DIE LIEBE hindurch, die Sehnsucht und Suche nach Liebe, das Glück sie zu geben und zu empfangen und die unendliche Trauer über ihren Verlust.
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Die Ton Steine Scherben Family ist am 8. Februar im Capitol in Hannover aufgetreten. Hierzu wurde ein eigener Beitrag verfasst mit zwei weiteren älteren Fotos. Siehe hierzu: Ton Steine Scherben Family in Hannover
Hollow Skai hat eine nicht autorisierte Biographie von Rio Reiser geschrieben und las gestern im Pavillon Hannover einige Kapitel aus dem Buch (Das alles und noch viel mehr, Heyne) vor. Das alleine wäre bereits ein guter Grund gewesen, zu dieser Veranstaltung zu gehen, doch zwischen den Texten gab es Musik von Rio Reiser von Mitgliedern der Ton Steine Scherben Family. 57 Teelichter, die an den 57. Geburtstag von Rio am 9. Januar erinnerten, gaben die Stimmung für den Abend vor.
Rio während eines Auftritts von Ton Steine Scherben im Pavillon Hannover 1983; Foto: JDM |
Es wird oft vergessen, dass viele Lieder, die mit seiner Solokarriere verknüpft sind (Alles Lüge, König von Deutschland) oftmals noch zur Zeit von Ton Steine Scherben entstanden sind und auch Songs, die nach dem Ende der Scherben komponiert wurden sich in Kooperation mit Lanrue entwickelten.
Lanrue während eines Auftritts von Ton Steine Scherben im Pavillon Hannover 1983; Foto: JDM |
Erfreulich viele Fans hatten den Weg in den Pavillon gefunden und der kleine Saal war gefüllt. Ein Blick um mich herum, zeigte ein Durchschnittsalter von um die 40 Jahre, viele waren älter und saßen sehr bürgerlich aus (Sakko und Anzug waren keine Pflicht, aber oft zu sehen), aber es waren auch einige unter 30-Jährige zu sehen. Ich nenne seine Lieder liebevoll die neuen deutschen Volkslieder (Webseite mit Texten). Wenn auf einer Party einer der Klassiker aufgelegt wird, habe ich schon oft erlebt, dass viele aus vollem Herzen relativ sicher seine Lieder mitsingen und ich meine den ganzen Text und nicht nur den Refrain.
Ich hab geträumt, der Winter wär' vorbei,Es war ein unterhaltsamer und sentimentaler Abend. Der Musikjournalist verwies zu Beginn auf die widerwärtige Kampagne vom Mediamarkt, die zur Melodie König von Deutschland seit dem November mit einem animierten Schwein, dem Harald Schmidt seine Stimme leiht, Angebote anpreisen. Rio Reiser war bis zu seinem plötzlichen Tod vor 10 Jahren bei der Columbia (heute SONY) unter Vertrag, welche die Rechte für alle Solostücke besitzt. Nach Rücksprache mit den Erben (den Brüdern von Rio) werden in Lizenzverträgen für Neuinterpretationen an Interessierte verkauft. Das ist wohl das Schicksal von Klassikern, dass sie für blöde Werbung genutzt wird. Es gibt bereits ignorante jüngere Konsumenten, die wenn sie ein paar Takte von einem Stück von Edvard Grieg oder W.A. Mozart hören, assoziativ den Namen des beworbenen Produktes aussprechen. Alles schon erlebt!
du warst hier und wir war'n frei
und die Morgensonne schien.
Es gab keine Angst und nichts zu verlieren.
Es war Friede bei den Menschen und unter den Tieren.
Das war das Paradies.
Der Traum ist aus! Der Traum ist aus!
Aber ich werde alles geben, daß er Wirklichkeit wird.
Aber Ich werde alles geben, daß er Wirklichkeit wird.
(Der Traum ist aus! Ton Steine Scherben, Keine Macht für Niemand, 1972)
Hollow Skai hat einen amüsanten Stil und Zwischentexte wie zur Werbung führten mindestens zum Lächeln und einige Male war auch ein Lachen zu hören.
Bewegend wurde der Abend als Klassiker wie Der Traum ist aus, Keine Macht für Niemand oder das große Liebeslied Halt Dich an Deiner Liebe fest gespielt wurden.
Wenn niemand bei Dir istDie Lesung zeigte ein eindringliches Bild des verletzbaren, sogar schüchternen Rio Reiser. Er hat zusammen mit seinem Partner Lanrue vermutlich mit die wichtigsten Lieder der 70-er und 80-er Jahre geschrieben. Die Scherben und besonders auch Rio haben viele Drogen probiert und die Alltagsdroge Alkohol war dabei eine Konstante. Rio Reiser war ein Alkoholiker, der dies sich wohl selbst nie eingestanden hat.
Und Du denkst, dass keiner Dich sucht
Und Du hast die Reise ins Jenseits
Vielleicht schon gebucht
Und all die Lügen
Geben Dir den Rest
Halt Dich an Deiner Liebe fest
(Halt Dich an Deiner Liebe fest, Ton Steine Scherben, Wenn die Nacht am tiefsten ..., 1975)
Ich habe selbst Anfang der 80-er Jahre mehrere Konzerte mit den Scherben erlebt und in einem Konzert im Pavillon war er sehr offensichtlich betrunken.
Dies tat keinen Abbruch an seiner Kreativität und der Qualität seiner Texte, wie ja auch von J.W. Goethe, Edgar Poe und Arno Schmidt bekannt ist, dass sie heftig dem Alkohol u.a. zusprachen. Rio Reiser starb wie Poe und Schmidt an seiner Polytoxikomanie. Ein unbeschreiblicher Verlust!
Ob Junimond, Für immer und dich, Jenseits von Eden oder die politischen Lieder überall schimmert DIE LIEBE hindurch, die Sehnsucht und Suche nach Liebe, das Glück sie zu geben und zu empfangen und die unendliche Trauer über ihren Verlust.
Liebe – was ist das
(...)
Liebe kommt von unten
Liebe hat schwache Worte
(Jenseits von Eden, Ton Steine Scherben, IV, 1981)
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Die Ton Steine Scherben Family ist am 8. Februar im Capitol in Hannover aufgetreten. Hierzu wurde ein eigener Beitrag verfasst mit zwei weiteren älteren Fotos. Siehe hierzu: Ton Steine Scherben Family in Hannover
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