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(Wissmannstraße in Bad Lauterberg; Foto: JDM) |
Auf meinen Erkundungsspaziergang durch Bad Lauterberg ging ich entlang der Wissmann-Straße, passierte das Wissmannhaus und wurde schließlich im Kurpark auf das Wissmann-Denkmal hingewiesen, dass sogar auf dem einzigen Foto des für die Stadt werbenden Faltblatts der Touristeninformation im Vordergrund zu sehen ist.
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(Hinweis am Wissmann-Haus in Bad Lauterberg; Foto: JDM) |
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(Wissmann-Denkmal im Kurpark von Bad Lauterberg; Foto: JDM) |
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(Silhouette Wissmann-Denkmal; Foto: JDM) |
Hermann Wissmann, für seine Dienste für das Deutsche Kaiserreich in Ostafrika in den erblichen Adelsstand („von“) erhoben, lebte von 1853 bis 1905. Frühzeitig verließ er das Gymnasium und begann eine Militärausbildung, die ihn mit 21 Jahren bereits bis zum Rang eines Leutnants führte. Eine Bekanntschaft mit Dr. Paul Pogge motivierte ihn, sich auch mit Afrika zu beschäftigen und er erhielt für seine Teilnahme an der geplanten Pogge-Expedition durch Zentralafrika (1881) eine Beurlaubung von seinen militärischen Pflichten. In Zentralafrika teilte sich die Expedition und Wissmann erreichte mit seiner Gruppe 1882 die Ostküste und damit die erste Durchquerung des tropischen Afrikas von West nach Ost durch eine europäische Gruppe. Auf einer zweiten -nunmehr Wissmann-Expedition- für den belgischen König wurde ab 1884 in Zentralafrika der Fluss Kasai erforscht und nach einer Erholungspause auf einer südlicheren Route noch einmal Zentralafrika von West nach Ost durchquert (1887). Dieses „Fach“-Wissen und seine militärische Stellung führten dazu, dass er 1888 den kaiserlichen Auftrag erhielt, als Reichskommissar die Handelsinteressen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (DOAG) durchzusetzen und zu schützen. Die DOAG hatte eine kaiserlichen Schutzbrief für ihre mit Gewalt gewonnenen Handelsposten an der Küste und leitete daraus koloniale Interessen für das Land ab. Offiziell wurde dies als eine militärische Expedition gegen arabische Sklavenhändler bezeichnet, doch tatsächlich ging es um die Verdrängung konkurrierender Händler und deren Machtanspruch, die bisher den Ostafrikahandel über Zanzibar in die Welt dominierten. Die Wissmann-Truppe aus 21 deutschen Offizieren und einer afrikanischen Söldner-Armee (600 Nubier aus dem Sudan, 400 Shangaan aus Mozambique, 50 Somali, u.a.), hatte eine so große militärische Überlegenheit, dass es nur zu wenigen Kämpfen kam. Es war ein asymmetrischer Konflikt, der die Vernichtung der Gegner zum Ziel hatte. Das Ergebnis stabilisierte die DOAG und ist der eigentliche Beginn des deutschen Kolonialismus in Ostafrika. Eine erste Kolonialverwaltung, die deutsche Soldaten und die nun etablierten Söldnern (Kiswahili: Askari) zu ihren Schutz hatte, wurde ausgehend von den Küstensiedlungen mit ihren nunmehr deutschen Handelsposten aufgebaut. Wissmann trat nach dieser Strafexpedition mit hunderten von Toten im Deutschen Reich in vielen Städten auf und machte in Vorträgen und Sammlungen Werbung für die deutschen Kolonien. 1893 war er wieder in der nun als Deutsch-Ostafrika bezeichneten Kolonie. Wissmann wurde zum 1. Mai 1895 zum Gouverneur berufen, musste aber Ende 1896 den Dienst beenden, da er in Ostafrika schwer erkrankte. Im Deutschen Reich wurde wegen seiner Erfahrungen als „Afrikaner“ bezeichnet und wurde als u.a. Diplomat auf einer internationalen Afrikakonferenz entsandt. Hermann Wissmann ist einer der wenigen leitenden deutschen Kolonialisten, dem keine persönliche Schuld, an Brutalitäten und Morden in Ostafrika nachgesagt wird, obwohl er bei seinem Militäreinsatz 1888 ein Politik des Terrors durchsetzte.
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(Inschrift am Wissmann-Denkmal in Bad Lauterberg; Foto: JDM) |
Was hat nun Hermann Wissmann mit Lauterberg zu tun? Er ist hier weder geboren, zur Schule gegangen, noch hat ihn seine Militärzeit in den Südharz geführt. Seine Mutter zog nach dem Tod seines Vaters in diesen aufstrebenden Ort mit seinem Kurbetrieb. Wenn Hermann von Wissmann nach Lauterberg reiste, kam ein Prominenter in die Stadt, der während seines Aufenthalts weitere Prominente in die Stadt lockte. In Lauterberg wurde Wissmann die Ehrenmitgliedschaft im bürgerlichen Harzverein angeboten und nach dessen Annahme gab es hier Vorträge über Afrika und deutsche Kolonien.
Das Heimatmuseum Bad Lauterberg hat sogar ein Wissmann-Zimmer. Dieses ist leider eher als peinlich zu bezeichnen, denn in einem Museum -auch einem Heimatmuseum- sollte im 21. Jahrhundert eine Person in einen Kontext gestellt werden. Es gibt keinen wirklich ernst zu nehmen Satz über den Kolonialismus und viel Unsinn über seine Tätigkeit gegen die Sklaverei. Die koloniale Propaganda hat die Schulbücher, aber leider noch nicht die Köpfe von Hobbyhistorikern verlassen.
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(Kolonialapologetische Inschrift am Wissmann-Denkmal in Bad Lauterberg; Foto: JDM) |
Die Besuche Wissmanns in Lauterberg waren aus einer modernen Perspektive eine Förderung des Bekanntheitsgrads und in der Folge des Fremdenverkehrs nach Lauterberg. Es gab keine koloniale Herrlichkeit, aber die
Touristeninformation hat wohl gewählt, dass sie einen früheren Förderer des Fremdenverkehrs in der Werbung verwenden.
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(Nahaufnahme vom Wissmann-Denkmal in Bad Lauterberg; Foto: JDM) |
Bedenklich ist nur, dass die letzten Kolonialrevisionisten, dass Wissmann-Denkmal und eine 1971 auf dem Bergfriedhof eingerichtete Wissmann-Gedenkstätte, als Ziel für Kranzniederlegungen und durch kein Wissen zu erschütternde Ignoranz über den deutschen Kolonialismus nutzen.
Literaturhinweise:
- Jonathon Glassman (1994) Feast and Riot - Revelry, Rebellion, and Popular Consciousness on the Swahili Coast, 1856-88; London
- John Iliffe (1979) A Modern History of Tanganyika; Cambridge
- John Iliffe (2000) Geschichte Afrikas; München
- Juhani Koponen (1994) Development for Exploitation - German colonial policies in Mainland Tanzania, 1884-1914; Helsinki
- Wolfgang Reinhard (1996) Kleine Geschichte des Kolonialismus; Stuttgart
- Joachim Zeller (1996) "Deutschlands größter Afrikaner" - Zur Geschichte der Denkmäler für Hermann von Wissmann. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Band 44, Nr. 12, S. 1089-1111.